Antworten auf häufig gestellte Fragen
Weitere Fragen und Anregungen können gerne unter leistungssportreform(at)dosb.de eingereicht werden.
Warum brauchen wir eine Leistungssportreform?
Die internationale Konkurrenz hat sich verschärft und nimmt weiter zu. Diesen rasanten internationalen Entwicklungen mit zunehmender Professionalisierung müssen wir durch die Optimierung unseres Systems gerecht werden. Außerdem war die Förderung des Leistungssports in Deutschland bisher zu wenig von einer einheitlichen Linie und Führung geprägt, sowohl in den verschiedenen Sportarten als auch in den verschiedenen Regionen. Wir wollen ein System schaffen, das von der Spitze bis zur Basis stringent in eine Richtung geht. Damit schaffen wir mehr Effizienz und verändern das Nebeneinander in ein Miteinander.
Was ist das grundsätzlich Neue an der Reform?
Kurz zusammengefasst: Stärkere Qualifizierung der Leistungssportförderung durch klarere Zielstellungen und besser abgestimmte Kooperationen aller Beteiligten. Mehr Effizienz durch eine stringentere Planung, damit eine bessere Umsetzung durch eine klarere Steuerung und damit auch ein besseres Qualitätsmanagement durch die Spitzenverbände und den DOSB. Bei allen Maßnahmen stehen die in diesem gesamtheitlichen System optimal geförderten Athleten/innen im Fokus.
Warum wird der Leistungssport überhaupt staatlich gefördert?
Der Leistungssport hat eine wichtige Funktion in der Gesellschaft. Spitzensportler/innen sind Vorbilder für viele Menschen, sich selbst zu bewegen. Sie sind Botschafter unseres Landes. Die Spitzensportler/innen leben die Werte des Sports vor, die für die Gesellschaft bedeutend sind: Fairness, Respekt, Miteinander, Leistung. Ein Bekenntnis zur Leistung ist für unsere Gesellschaft in allen Bereichen wichtig. Gerade ein Land wie Deutschland wird in seiner internationalen Wahrnehmung über seine Eliten – unter anderem aus dem Sport – stark geprägt.
Sind Medaillen wirklich das wichtigste Ziel und wenn ja, warum?
Es liegt in der Natur des Leistungssports, dass man sich erfolgreich messen will. Der größte Erfolg misst sich nun einmal in fair gewonnenen Medaillen. Doch Erfolg heißt für uns auch Finalplätze, persönliche Bestleistungen und hoffnungsvolle Ergebnisse im Nachwuchsbereich. Wir wollen den Athletinnen und Athleten durch die Optimierung der Rahmenbedingungen ermöglichen, ihr Leistungspotenzial voll auszuschöpfen. Außerdem haben wir weitere wichtige Zielstellungen im Leistungssport wie seine Werte Fairplay, Respekt und Miteinander, die Vorbildfunktion der Spitzensportler/innen für die Sportentwicklung insgesamt und nicht zuletzt die gute Repräsentation unseres Landes. Darüber hinaus gibt es unter dem Dach von SPORTDEUTSCHLAND unzählige Initiativen, die jenseits von Medaillen und den leistungssportlichen Zielen den gesamten Wert des Sports ausmachen. Doch in dem jetzt diskutierten Projekt fokussieren wir uns klar auf die nationale und internationale Leistungsspitze.
Was heißt das genau: Der Athlet steht im Fokus?
Unsere Aufgabe ist es, das leistungssportliche und berufliche Umfeld für die Athletinnen und Athleten so zu gestalten, dass sie ihr Potenzial voll ausschöpfen können und international konkurrenzfähig sind. Deshalb wurde aus der Perspektive des Athleten alles analysiert: Betreuung (Trainer, sportmedizinische, psychologische Betreuung, Ernährungsberatung, Karriereberatung), Infrastruktur (Trainings- und Wettkampfstätten), Trainingsmöglichkeiten, Duale Karriere (Vereinbarkeit von Schule/Studium/Beruf und Spitzensport). Wir wollen die Strukturen an den Athleten ausrichten wo immer möglich und nicht umgekehrt.
Werden alle Sportarten bzw. Disziplinen gleich behandelt?
Nein. Es ist ein Unterschied, ob eine Mannschaft, bestehend aus 20 Athleten um einen Spitzenplatz kämpft, oder ob ein Athlet in einer Sportart mehrere Chancen hat. Das heißt: Die bloße Zahl der Medaillen ist nicht das Entscheidende, sondern das Potenzial von Sportlern oder Teams, in der Weltspitze mitmischen zu können. Es wird auch die internationale Konkurrenzsituation berücksichtigt. Natürlich müssen wir uns die Sportarten auch gezielt ansehen, in denen das Doping-Problem offensichtlich am größten ist und für diese spezielle Problematik die richtigen Antworten finden. Dies vor allem durch gezielte Initiativen auf der internationalen Ebene des Sports und der Politik.
Sollen Sportarten, die international doping-verseucht sind, überhaupt noch gefördert werden?
Wenn in einer Sportart international nachweislich nur gedopte Athleten erfolgreich sein können, stellt sich natürlich die Frage, wie das Potenzial der Athleten zu werten ist, die einem unabhängigen und konsequenten Anti-Doping-Kampf unterworfen sind. Ein Komplettausschluss einer solchen Sportart von der Förderung wollen wir nicht, sofern der Verband sich neben der sportlichen Entwicklung auch für einen glaubwürdigen Anti-Doping-Kampf engagiert. Hier gilt es individuell zu klären, wie wir gemeinsam die Einhaltung der international gültigen Regelwerke sicherstellen können.
Gelten dann in solchen Sportarten andere Ziele als das Medaillenpotenzial für die deutschen Athleten?
Eine Förderung von sauberen und leistungsstarken Athleten sowie die Förderung der Nachwuchsentwicklung im Hinblick auf eine dopingfreie Zukunft sind auch im neuen System gewährleistet. Die disziplinspezifische Betrachtung im künftigen System muss dann eben auch für solche Sondersituationen klare Antworten für die betroffenen Verbände und Athleten bieten.
Was kann der DOSB tun, damit die internationale Chancengleichheit wieder hergestellt wird?
Wir fordern von der WADA, vom IOC und von den internationalen Verbänden, den Anti-Doping-Kampf konsequent und weltweit einheitlich zu führen. Die deutschen Vertreter, die internationalen Gremien angehören, müssen dabei an jeder möglichen Stelle ihren Einfluss geltend machen, um diesem Ziel näher zu kommen. Aus den Fehlern der Vergangenheit müssen nun insbesondere international klare Konsequenzen gezogen werden, weil ein „weiter so“ nicht akzeptabel ist.
Geht es bei der Reform nur um Effizienz?
Es geht natürlich zu allererst darum, die Mittel für den Spitzensport so effizient wie möglich einzusetzen. Zum einen sollen die Rahmenbedingungen besser genutzt, aber auch weiterentwickelt werden. Dabei wird das Umfeld der Athleten/innen voll umfänglich mit einbezogen, z.B. die Absicherung der Zukunft, aber auch die Verbesserung der Trainersituation oder der Ausbau der wissenschaftlichen Unterstützung. Doch es zeichnet sich auch klar ab, dass bei allen möglichen Verbesserungen der Effizienz der Mittelbedarf weiter steigen wird.
Fließen die Werte des Sports in die Förderung ein?
Grundvoraussetzung für eine Förderung des Leistungssports ist das Bekenntnis aller Beteiligten von Athleten/innen über Trainer/innen bis zu Offiziellen zu den in der Olympischen Charta festgehaltenen Werten. Darüber hinaus haben wir auch in unseren DOSB-Regelwerken klare Wertmaßstäbe definiert, die einzuhalten sind. Nicht zuletzt wollen und werden wir das über klare Vereinbarungen mit allen Betroffenen sicherstellen.
Was ist das Potenzialanalysesystem (PotAS) und wie funktioniert es?
Bisher wurden hauptsächlich die Ergebnisse der Vergangenheit gewertet, um die Verbandsförderung für die nächsten Jahre festzulegen. Künftig soll die Förderung disziplinscharf nach den Erfolgen, aber auch den Potenzialen der Zukunft und den strukturellen Aspekten des Verbandes bemessen werden. Bei der Ermittlung dieser Potenziale kommt PotAS ins Spiel, eine wissenschaftliche Methode, um Bewertungen der Disziplinen in den Bereichen Erfolg, Potenzial und Strukturen vorzunehmen. Das Ergebnis von PotAS ist eine Cluster-Einteilung der Sportarten und einzelnen Disziplinen. Diese Clusterung bildet dann die Grundlage für die intensiven Strukturgespräche mit den einzelnen Spitzenverbänden – erst nach diesen Gesprächen legt die so genannte Förderkommission die Förderung fest. Die einzelnen Bewertungsergebnisse dienen außerdem dem differenzierten Qualitätsmanagement durch den Geschäftsbereich Leistungssport des DOSB. Damit unterstützen wir die Verbände in ihrer sportlichen und strukturellen Entwicklung. Wichtig ist, dass PotAS die Attribute für die Disziplinen des jeweiligen Spitzenverbandes bewertet und damit keine Aussagen zu den Potenzialen und Perspektiven einzelner Athleten treffen wird und kann.
Wie sehen die Kriterien von PotAS im Einzelnen aus?
Die PotAS-Kommission hat die so genannten Attribute (Bewertungsfaktoren), die nötig sind, um eine für den Leistungssport umfassende, disziplinscharfe und faire Bewertung der Disziplinen der Verbände zu erreichen, final festgelegt. Zu den strukturellen Attributen zählen zum Beispiel Aspekte der Dualen Karriere, der Nachwuchsförderung und der Trainersituation.
Was ist mit Steuerung gemeint?
Der DOSB übernimmt konsequent das zentrale Management des Leistungssports in Deutschland. Er steuert und begleitet die Umsetzung des Leistungssportkonzepts professionell, transparent und effizient. Im Vordergrund steht die sportfachliche und strukturelle Beratung der Spitzenverbände und Partnerorganisationen. Die Qualitätssicherung erfolgt beim DOSB durch ein konsequenteres Qualitätsmanagement. Der DOSB leitet die Strukturgespräche und berät die Spitzenverbände und Landessportbünde sowie alle beteiligten weiteren Institutionen wie z.B. die Olympiastützpunkte und die Bundesstützpunkte, die DOSB-nahen Institutionen IAT und FES oder die Einrichtungen wie die Trainer-Akademie oder die Führungs-Akademie in der Umsetzung der Projekte und Vereinbarungen. Gemeinsam mit den Zuwendungsgebern entscheidet der DOSB über die Förderung in der Förderkommission. Durch eine synchronisierte Herangehensweise sollen alle Förder- und Investitionsentscheidungen auf allen Ebenen des Netzwerks des deutschen Leistungssports der Gesamtzielstellung dienen.
Wird der Einfluss des DOSB reduziert und entwickeln wir uns von einem autonomen zu einem Staatssport?
Nein, denn das wäre genau das Gegenteil dessen, was im gemeinsamen Leistungssportkonzept angestrebt und vereinbart wurde. Vor allem durch die Führungsrolle bei den entscheidenden Strukturgesprächen sowie die gleichberechtige Position in der Förderkommission (DOSB, BMI und ggf. Länder) wird die Rolle des DOSB nachhaltig gestärkt.
Braucht der Sport nach der Reform mehr Geld? Wenn ja, wofür?
Die Optimierung und Professionalisierung der Strukturen, die Weiterentwicklung des Leistungssportpersonals, zu der auch die Verbesserung der Situation der Trainer zählt und insgesamt verbesserte Rahmenbedingungen für ambitionierte Sportler/innen mit nachweislichem Potenzial werden in der Folge eindeutig einen größeren Aufwand zur Folge haben. Über die Notwendigkeit, die Rahmenbedingungen für den Leistungssport in Deutschland verbessern zu müssen, besteht inzwischen bei allen Beteiligten Einigkeit.
Warum wird die Zahl der bestehenden Stützpunkte reduziert?
Da wir die Bedingungen für die Athletinnen und Athleten an den zukünftigen Bundesstützpunkten deutlich verbessern wollen, ist eine Konzentration notwendig, denn diese Optimierung der Bedingungen ist für alle bestehenden Bundesstützpunkte finanziell nicht umsetzbar.
Was hat das für Folgen?
Einige der Bundesstützpunkte werden zu Landesstützpunkten, an denen vor allem die Nachwuchssportler zukünftig die funktionierenden Strukturen weiterhin zum Leistungsaufbau nutzen können. Der DOSB führt gemeinsam mit den Spitzenverbänden intensive Gespräche mit allen Partnern des Sports über die Bundes-, Landes- bis zur Lokalpolitik und regionalen Unterstützern, damit es bestmögliche Lösungen für jeden Standort geben kann.
Was wird bei den Olympiastützpunkten verändert? Werden OSP geschlossen? Welche OSP sind betroffen?
Aus überwiegend traditionell gewachsenen Strukturen soll eine sportfachlich und organisatorisch logischere OSP-Struktur in Deutschland geschaffen werden. Dies vor allem, um auch in diesem Bereich Effizienzpotenziale zu heben, die deutlich erkennbar sind. Es geht also nicht um Schließungen, sondern um eine Neustrukturierung durch die Konzentration vor allem im verwaltungstechnischen Bereich. Ziel ist eine strukturelle Straffung von bisher 19 auf 13 Rechtsträger, so dass jedes Bundesland einen OSP-Rechtsträger hat. Durch eine einheitliche Steuerung und national gemeinsam entwickelte und abgestimmte Standards soll auch hier eine Verbesserung der Serviceleistungen für die Athleten erreicht werden.
Was bedeutet die Professionalisierung von Verbänden konkret – wird die Autonomie der Verbände in Frage gestellt?
Unsere Mitgliedsorganisationen waren, sind und bleiben autonome Verbände mit hundertprozentiger Eigenverantwortung. In der beidseitig verbindlichen Zusammenarbeit zum Thema Spitzensport müssen bei öffentlicher Förderung durch den Steuerzahler jedoch von allen beteiligten Partnern entsprechende Pflichten übernommen werden. Ein klarer Bestandteil für die Zukunft wird sein, dass sich im deutschen Leistungssport sportfachliche Experten intensiv, quasi jeden Tag rund um die Uhr, kompetent mit den Leistungssportthemen und -aufgaben befassen. Der daraus resultierende Aufwand kann in der zu leistenden Qualität nur von geeigneten Hauptberuflichen erbracht werden. Diese wiederum müssen eng mit den jeweiligen Präsidien zusammenarbeiten und in deren Entscheidungen eingebunden sein – im Idealfall mit Sitz und Stimme im Präsidium. Wie die intensive Einbindung der sportfachlichen Belange und der daraus resultierenden Pflichten im Sinne der öffentlichen Förderung aber konkret umgesetzt werden kann, ist durch jeden einzelnen Spitzenverband eigenverantwortlich zu regeln.
Wie und wann wird der geordnete Übergang vom bisherigen in das neue System gestaltet?
Das Reformkonzept wurde im Dezember 2016 von den Mitgliedsorganisationen des DOSB beschlossen. Im Jahr 2017 haben wir gemeinsam mit allen Partnern mit der Umsetzung begonnen. Manche Aspekte werden schnell umgesetzt und andere benötigen aufgrund ihrer Komplexität eine längere Übergangsphase mit einzelnen Umsetzungsschritten. Die Reform soll ihre Wirkung mit Erfolgen bei den Olympischen Sommerspielen 2024 und den Olympischen Winterspielen 2026 vollumfänglich entfalten. Derzeit befinden wir uns in einer Übergangszeit. Da z. B. noch keine PotAS-Ergebnisse vorliegen, wird die Verbandsförderung u.a. in den Verbandsgesprächen mit allen beteiligten Partnern und danach zwischen DOSB und dem BMI besprochen; dabei greifen bereits viele Elemente aus der Reform. Die PotAS-Clusterung ist für die Wintersportverbände Grundlage für die Strukturgespräche 2018 und die darauf folgenden Förderentscheidungen für den Zyklus 2019-2022; für die Sommersportarten nach den Spielen von Tokio ab dem 1.1.2021.
Wie wird sich die Reform auf die Trainer auswirken?
Ein bedeutendes Ziel der Leistungssportreform ist natürlich auch, die Situation der Trainer zu verbessern. Um Klarheit zu haben, wurde vom Bundesministerium des Inneren eine Studie bei der Deutschen Sporthochschule in Auftrag gegeben. Nachdem nun die Ergebnisse dieser Untersuchung vorlagen, wurde eine „AG Mustervertrag“ installiert, die verbesserte Rahmenbedingungen für Trainer konkret ausarbeitet. Dabei geht es u.a. um flexible Vergütung sowie arbeitsrechtskonforme Gestaltung der Verträge, so dass auch Arbeitszeiten und der Arbeitsschutz Berücksichtigung finden. Verbessert werden soll auch die Personalentwicklung von Trainerinnen und Trainern auf allen Ebenen, deshalb werden die Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten optimiert.