Drei zurück aus Peking

Der Beirat der Aktiven ist ebenfalls aus Peking zurückgekehrt. Drei von sechs Athletenvertretern, Claudia Bokel (Fechten), Marion Rodewald (Hockey) und Christian Breuer (Eisschelllauf) waren in unterschiedlicher Mission mit Euch in Peking und haben die Olympischen Spiele aus drei Blickwinkeln verfolgt. Von Silke Kassner

Düsseldorf am 25. August 2008 – ich stehe am Flughafen Düsseldorf und lasse mir während ich die Mitglieder des Beirats der Aktiven aus Peking zurück erwarte, die letzten vier Wochen noch einmal durch den Kopf gehen.

Die Olympischen Spiele sind nun vorbei; die Spiele, über die im Vorfeld so viel geredet wurde und bei denen wir in sportlicher Hinsicht viele Überraschungen erlebt haben.

Wie war das noch gleich? Vor vier Wochen hatte ich Claudia Bokel am Flugsteig in Frankfurt am Main abgegeben. Sie war mit gemischten Gefühlen als Kandidatin für die IOC-Athletenwahl nach Peking gestartet; heute, in Düsseldorf empfange ich sie und kann ihr zu ihrer erfolgreichen Kandidatur für die IOC-Athletenkommission gratulieren.

Claudia war ja in doppelter Mission nach Peking gereist – Ihr erinnert Euch? Ich habe davon im letzten Newsletter berichtet. Neben ihrer Kandidatur und dem Wahlkampf war sie als Ansprechpartnerin für die Athleten im deutschen Mannschaftsbüro präsent.

Mit der Eröffnung des Olympischen Dorfes in Peking war zugleich der Hammer für den Wahlkampf zur IOC-Athletenkommission gefallen. Nicht weniger als 29 Kandidaten aus aller Herrenländer und sämtlichen Disziplinen hatten sich zur Wahl gestellt.

Claudia erzählt mir später, dass sie recht schnell erkannt hatte, dass dieser Wahlkampf sehr viel offensiver und forcierter geführt würde als die beiden Wahlkämpfe der vergangenen Olympischen Spiele in Athen, wo Florian Schwartoff und in Turin, wo Georg Hackel zur Wahl standen, die sie miterleben konnte.

Sie positionierte sich also täglich ebenso wie ein Koreanische Taekwondoler, vor den Türen der Mensa im Dorf und sprach die Athletinnen und Athleten an, stellte sich vor und erklärte ihre Motivation und ihre Ziele für die Arbeit im IOC. An ihrer Seite während des gesamten Wahlkampfes der heute für Dänemark startende Läufer Wilson Kipketer. Die beiden bildeten während der Wahlkampfphase quasi ein Wahlkampfteam.

Ja, schon komisch – als ich sie zum Flieger nach Peking gebracht hatte, schätzte sie ihre Chancen selber gewählt zu werden äußerst gering ein.

Die Wahl in die IOC-Athletenkommission ist auch eigentlich immer eine Personenwahl. Realistisch betrachtet: Welcher Athlet hat bei Olympischen Spielen neben seinen Wettkampfvorbereitungen tatsächlich den Kopf frei für eine Wahl in die Athletenkommission des IOC? Oftmals scheinen diese Wahlen berechenbar, denn Athleten mit bekannten, etablierten Namen aus traditionell großen und medienwirksamen Sportarten scheinen gute Chancen für eine erfolgreiche Kandidatur zu haben.

Die Aussichten von Claudia als Fechterin aus einer eher kleinen und weniger bekannten Sportart schienen daher eher gering.

Ich setzte jedoch auf ihre Qualitäten als erfolgreiche Fechterin, ihre Erfahrung auf dem sportpolitischen Parkett als Vorsitzende der europäischen Athletenkommission und ihre sprachliche Vielseitigkeit, die während ihres Wahlkampfes vor den Türen der olympischen Mensa zum Tragen kamen.

Ich sollte Recht behalten. Die Themen "Duale Karriere" und "Doping-Prävention" scheinen die Athleten über Deutschland und Europa hinaus zu bewegen und anzusprechen.

Es sind tatsächlich auch die Themen, mit denen wir als Athleten eigentlich täglich konfrontiert werden und die wir in unserem Alltag neben dem Sport integrieren müssen. Genau diese Themen sind die Eckpfeiler der Arbeit des Beirats der Aktiven im DOSB.

Vor den Türen der Mensa im Olympischen Dorf lief Marion Rodewald Claudia in die Arme. Marion, stellvertretende Vorsitzende im Beirat der Aktiven, befand sich zu dieser Zeit im olympischen Hockeyturnier.

Marion und die DHB-Damen waren wieder auf Medaillenkurs, im Halbfinale gegen China war dann zunächst der Goldtraum geplatzt, im kleinen Finale gegen Argentinien dann leider auch die Ambitionen um die Bronzemedaille. Die Enttäuschung war groß – sicherlich beim deutschen Publikum, das nach der Goldmedaille von Athen 2004 die Hockey-Damen gerne wieder mit einer Medaille gekürt gesehen hätten.

Marion berichtete mir später, dass die Ausgangsposition vor den Olympischen Spielen von Peking genau durch den Gewinn der Goldmedaille 2004 eine andere war. In Athen wusste man zunächst nicht, wohin die Reise während des Olympischen Turniers gehen sollte; dort war alles möglich. In Peking hing die Latte dann entsprechend höher; die Spielerinnen waren schließlich sehr gut vorbereitet, hoch motiviert und hatten als amtierende Europameisterinnen auch einen guten Grund ambitioniert ins Turnier zu starten.

Es gab viele Tränen im Team der Hockey-Damen, was auch verständlich ist.  Denn sie sind diejenigen, die sich am meisten über ihre Leistung ärgern dürfen. Aber wer ist schon vierter in einem olympischen Turnier? Sind die letzten vier nicht der enge Favoritenkreis, der um die Medaillen spielt?

Ich saß im Auto auf dem Weg zum Training, als ich ein Interview mit Marion im WDR-Radio nach Ende des Hockey-Turniers höre. Sie berichtete ein wenig über die Hintergründe des Turniers, die Leistung der Mannschaft und ihre Eindrücke von den Olympischen Spielen.

Der Reporter befragte Marion zu ihrem Rücktritt aus der Nationalmannschaft, über den anscheinend schon in diversen Medien zu lesen sei. Marion dementiert die Aussage nur mit den Worten: „Nein, an einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft denke ich jetzt noch nicht, nicht nach dieser Niederlage!“

Ich bekomme ein breites Grinsen in meinem Gesicht; mir war doch in diesem Jahr ähnliches widerfahren – wobei an einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft noch nicht zu denken ist. Schön zu hören, Marion!

Beim Spiel der deutschen Hockey-Damen um den Einzug ins Finale gegen die Chinesinnen war Christian Breuer, Vorsitzender des Beirats der Aktiven, Gast im Publikum. Ist ja Ehrensache, dass ein Beiratsmitglied das andere beim größten Sportereignis unterstützt.

Christian Breuer kann ich beim Willkommen am Flughafen Düsseldorf in den ersten Momenten kaum verstehen – da fehlt wohl die Stimme – vom Anfeuern und Jubeln beim Gewichtheben mit Matthias Steiner, den 1000m Finalläufen der Kanuten in Shinuij und selbstverständlich dem Hockey-Finale der Herren, bei dem wahrscheinlich jeder die Stimme verloren hätte.

Christian hatte ich kurz vor seinem Abflug nach Peking am Frankfurter Flughafen noch ungefähr 500 Flyer mit Informationen über die Arbeit und die Sportler im Beirat der Aktiven in die Hand gedrückt.

Christian wollte die Gunst der Stunde in Peking nutzen und möglichst viele von Euch Athleten kurz über den Beirat zu informieren, soweit das während der Olympische Spiele überhaupt möglich war.

Ich hoffe trotzdem, dass er viele von Euch erreicht hat, und dass Ihr jetzt ein bisschen mehr über den Beirat der Aktiven im DOSB erfahren konntet.

Falls nicht, dann klickt doch einfach mal durch unsere Rubrik auf www.dosb.de.

Habt Ihr Fragen oder Anregungen zu leistungssportrelevanten Themen, dann meldet Euch doch einfach bei uns.

Der Beirat der Aktiven wünscht Euch eine gute Erholung nach den Olympischen Spielen in Peking. Wir drücken Euch die Daumen für die nächsten Wettkämpfe und freuen uns darauf mit Euch bei den kommenden Sportereignissen mitzufiebern.