FSB 2017: Von Sportplätzen zu Spiel- und Bewegungsräumen

„Mehr als 26.000 Besucher überzeugten sich von der Innovationskraft der 634 ausstellenden Unternehmen aus 45 Ländern“, meldete die FSB in Köln in ihrem Schlussbericht.

Interaktive Sport- und Spielflächen für den Outdoorbereich, die mit Hilfe des Internets gesteuert werden können, waren einer der Trends auf der FSB 2017. Foto: DOSB
Interaktive Sport- und Spielflächen für den Outdoorbereich, die mit Hilfe des Internets gesteuert werden können, waren einer der Trends auf der FSB 2017. Foto: DOSB

Bis zum vergangenen Freitag stellte die Internationale Fachmesse für Freiraum, Sport- und Bäderanlagen (FSB) in fünf großen Hallen Neuheiten und Trends für die Zukunft der Sport- und Freizeitanlagen vor.

Auch der organisierte Sport war vor Ort. Der DOSB und die Landessportbünde aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Württemberg  machten einmal mehr auf die marode Sportinfrastruktur in den Ländern und Kommunen aufmerksam. Sie fordern Investitionen auf allen Ebenen, besonders der Bund solle ein Förderprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro auflegen.

Sanierung oder Neubau?

Am Ausstellungsstand war auch der Deutsche Fußball-Bund vertreten, der sein „Kompendium Sportplatz-Bau und -Erhaltung“ vorstellte und das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus rückte. Das Kompendium bietet auf 350 Seiten Hintergrundinformationen und praktische Tipps zu Belag-Typen von Sportplätzen wie z.B. Naturrasen, Tenne, Kunststoffrasen oder Sand. Für die mehr als 25.000 Fußballvereine sind das wichtige Themen. Immerhin gibt es 50.000 Fußballplätze in Deutschland, auf denen jährlich 1,6 Millionen Spiele ausgetragen werden. Das ist eine Dimension, die auch bei kommerziellen Unternehmen Begehrlichkeiten weckt, zumal nach Schätzungen der Bergischen Universität Wuppertal in den kommenden Jahren auf Fußballvereine und Kommunen allein in Nordrhein-Westfalen mehrere 100 Millionen Euro Folgekosten aus dem Kunstrasenausbau seit dem Jahr 2000 zurollen werden. Denn der Lebenszyklus von Kunstrasenplätzen ist laut Experten auf maximal 15 Jahre begrenzt.

Wer durch die Halle 10 schlenderte, bekam einen Eindruck von der hohen  Anzahl der Sportböden-Anbieter – nicht zuletzt sind Sportböden zentrale „Sportgeräte“ . Hier präsentierten Firmen aller Größenordnungen ihre Produkte. Auffallend viele Anbieter aus Asien, insbesondere China, zeigten ihre Innovationen bei Kunststoffen und -fasern, Granulaten, Be- und Entwässerungssystemen, Oberflächenpflege sowie Recycling-Methoden. Letztere überzeugen nicht immer vollständig, da nicht selten auch Granulate aus Altreifen gewonnen werden. Die verwendeten Materialen seien heute zwar in der Regel nicht mehr mit Schadstoffen belastet, aber „aus ökologischen Gesichtspunkten, weist der Naturrasen noch die eindeutig bessere Bilanz gegenüber dem Kunstrasenplatz aus“, sagt Andreas Klages, Ressortleiter Breitensport, Sporträume im DOSB und verweist auf entsprechende wissenschaftliche Studien zu den Ökobilanzen. Aber die Hersteller von Kunstrasen holen auf. Insbesondere die führenden Firmen in diesem weltweiten Marktarbeiten mit einem Gesamtkonzept, separieren die Bestandteile und Wertstoffe des künstlichen Bodenbelags, säubern und sortieren sie und führen sie wieder dem Produktionskreislauf zu.

Vereine, deren Sportanlage in die Jahre gekommen oder nur noch bedingt nutzbar ist, stehen vor der Entscheidung, ob sich eine Sanierung lohnt oder eher ein Neubau die ökonomisch bessere Wahl ist. Soll es Kunststoff oder natürlicher Belag sein? Benötigen wir Flutlicht, evtl. mit modernen LED-Lichtmodulen,  ein Sicherheitssystem und Zutrittskontrolle zum Sport- bzw. Spielplatz? Wenn dies und anderes mehr beantwortet ist, stehen die Planer vor der Gretchenfrage: Was kostet uns das, können wir das stemmen und aus welchen Töpfen kommt das Geld? Die Zeitschrift Stadionwelt Inside listet in ihrer Sonderausgabe „Sport und Umwelt“ die „wichtigsten“ Förderprogramme für Sportvereine auf. Bei der Entscheidungsfindung kann auch die Online-Plattform www.sportplatzrechner.de helfen. Das Portal gibt eine Orientierung anfallender Kosten und vereinfacht den Start in die Projektphase. Die Betreiber von Sportanlagen  (in NRW beispielsweise sind 40 Prozent der Vereine im Besitz eigener Sportanlagen, 12.000 von ihnen nutzen kommunale Anlagen) setzen auch bei ihren finanziellen Planungen auf kreative Lösungen, sagt Andreas Klages im Deutschlandfunk. Es gebe viele gute Impulse: „Wir haben Sportvereine, die große Liegenschaften planen, bauen und verwalten, wo sich die Schule dann einmietet. Also nicht mehr der Verein, der die Schule nutzt, sondern die Schule, die die Vereinsinfrastruktur nutzt.“ Es gebe aber keinen Königsweg oder ein Patentrezept für die Umsetzung individueller, lokaler Voraussetzungen. „Sportstätten müssen bedarfsgerechter geplant, nachhaltiger konzipiert und ökologischer gebaut werden“, so die Bilanz von Klages, der im Übrigen mehr öffentliche Sportstättenförderung von Bund, Ländern und Kommunen forderte. Grundsätzlich fänden Vereine auch Möglichkeiten, andere Geldquellen anzuzapfen, sagt Achim Haase vom LSB Nordrhein-Westfalen. „Die Gelder kommen nicht so sehr aus der Sportstättenförderung, sondern aus anderen Bereichen, wie Inklusion, Integration von Flüchtlingen, Quartiersentwicklung oder Städtebauprojekte.“

Multifunktionalität von Bewegungsräumen

Ein noch weitgehend unbeachteter Themenbereich ist die digitale Vernetzung von Bewegungsräumen - die Schnittstelle von Sportgerät, Sportanbietern und Nutzern zum Internet. Auf der FSB stellten mehrere Hersteller interaktive Sport- und Spieleparcours vor, die über das Internet mit verschiedenen Modulen gesteuert werden können. Das heißt, ein oder mehrere Administratoren erhalten personifizierte Zugänge, um beispielsweise entscheiden zu können, wann und auf welche Art und Weise (Musik, Ansage in verschiedenen Sprachen oder Spielregeln) das Gerät interagieren soll. Ein niederländisches Unternehmen hat zum Beispiel in Köln eine Torwand errichtet, die Jugendliche zum gemeinsamen Spiel ermuntern soll. Seit zwei Jahren steht sie im Stadtteil Vingst. Sie wurde von der Stadt Köln zunächst nur mit Skepsis und unter Vorbehalt genehmigt. Die Begründung war, sie würde nicht lange funktionsfähig bleiben, weil Vandalismus dort kein Einzelfall sei. Die Torwand ist aus schusssicherem Polykarbonat verarbeitet, steht seit 2015 unversehrt an ihrem Bestimmungsort und wurde bis heute durchschnittlich fast eineinhalb Stunden täglich bespielt.

Die Internationale Vereinigung der Sport und Freizeiteinrichtungen (IAKS) und ideeller Träger der FSB hat unter anderem die zunehmende Bedeutung der Multifunktionalität von Bewegungsräumen für Lifestyle-Aktivitäten als weltweiten Trend für die Zukunft der Sport- und Freizeitanlagen identifiziert. Nicht zuletzt die kommerzielle Fitnessbranche hat ein im Fernsehen erfolgreiches, sportliches Wettbewerbs-Konzept, das weltweit ausgestrahlt wird, als Vorbild aufgegriffen. In der Ninja-TV-Show von RTL bewältigen fitte Kandidat/innen einen ausgetüftelten Hindernisparcours. Wer zuerst den roten Knopf am Ende des Parcours drückt, hat gewonnen. Die Regeln sind so einfach wie das bei der älteren Generation noch in guter Erinnerung gebliebene „Spiel ohne Grenzen“. Eine Reihe von Ausstellern nutzen die FSB, um dieses Konzept in abgewandelter Form insbesondere für Fitnessstudio-Betreiber im Indoor- und Outdoor-Bereich anzubieten: „Freizeitsportler und Adrenalin-Junkies können sich der spannenden Herausforderung selbst stellen und im zeitlichen Wettkampf gegeneinander messen“, heißt es in einem Werbeprospekt.

In Dänemark haben einige Sportgerätehersteller wie die Firma Virklund Sport dieses „Hard Core-Prinzip“ entschärft und ein Baukasten-System entwickelt, das auf den Pausenhöfen vieler Schulen unseres Nachbarlandes bereits für Furore bei Schülerinnen und Schülern sorgt. Die einzelnen, bewusst Ninja-Module genannten Bewegungsboxen, können je nach Zielgruppen oder Aufgabenstellungen kombiniert werden. Sie animieren Kinder aller Altersgruppen zum kreativen Spiel, Klettern, Balancieren und zu vielfältigen Kraftübungen. In Deutschland möchten einige Hersteller wie Cube Sports GmbH aus Köln die Turn- und Sporthallen revolutionieren. Auch sie bieten nach dem Ninja-Prinzip ein Baukasten-System an, mit dem Trainer/innen und Übungsleiter/innen eine „variable, innovative Bewegungslandschaft“ schaffen, die allen Alters- und Trainingsklassen gerecht wird. Die Prallwand wird zur Multifunktionswand und gleichzeitig zur Lagerfläche. Vorher ungenutzter Raum wird bespielbar und kann „optimal genutzt“ werden, beschreibt der Anbieter die Sporthalle der Zukunft.

Auszeichnung "Deutscher Spielraum-Preis"

Zukunftsweisende Spiel- und Bewegungsräume hat die in die FSB integrierte „Stadt und Raum Messe und Medien GmbH“ am letzten Messetag in Köln ausgezeichnet. 75 "Themenspielplätze" hatten sich in diesem Jahr um den „Deutschen Spielraum-Preis“ beworben – eine neue Rekordmarke. Weil die Qualität der Bewerbungen so groß war, hatte die Jury, in der auch der kooperierende DOSB mit Tamara Hernandez von der Deutschen Sportjugend beteiligt war, die Qual der Wahl. Letztlich wurden alle 18 nominierten Spielplätze mindestens mit Belobigungen geehrt. Mit dem  Wettbewerb wurden vorbildliche Spielräume beziehungsweise deren Träger und Planer ausgezeichnet. Diese Spielräume sollen phantasievolles Spiel ermöglichen, fördern und strukturieren; und sie sollen – innovativ und modellhaft – für andere Projekte Anregungen bieten. Ab heute steht der Wettbewerb unter dem Motto „Bewegungsräume“. Dann werden sich sicher auch wieder Sportvereine um den Deutschen Spielraum-Preis 2019 bewerben und kreative Lösungen vorstellen, wie Sport und Spiel im kommunalen Umfeld aussehen kann.   

Deutschlandfunk: Marode Sportstätten, Kreativ gegen den Sanierungsstau

Opens external link in new windowInternationale Vereinigung Sport- und Freizeiteinrichtungen e.V.

(Quelle: DOSB/Markus Böcker)


  • Interaktive Sport- und Spielflächen für den Outdoorbereich, die mit Hilfe des Internets gesteuert werden können, waren einer der Trends auf der FSB 2017. Foto: DOSB
    Interaktive Sport- und Spielflächen für den Outdoorbereich, die mit Hilfe des Internets gesteuert werden können, waren einer der Trends auf der FSB 2017. Foto: DOSB