Harting schreibt Sportgeschichte: Gold-Hattrick in 343 Tagen

Als erster amtierender Welt- und Europameister im Diskuswurf bestieg Robert Harting am Dienstagabend in London auch den Olymp.

Im fünften Versuch schaffte Harting den goldenen Wurf. Foto: picture-alliance
Im fünften Versuch schaffte Harting den goldenen Wurf. Foto: picture-alliance

Für den 2,01 m langen 130-Kilo-Mann war es nach den Siegen bei der WM 2011 und der EM 2012 der dritte Titel innerhalb von 343 Tagen. Die Siegweite von 68,27 m warf er im fünften Versuch. Martin Wierig (Magdeburg) belegte Rang sechs.

"Jeder erwartet diesen Titel", hatte Harting gesagt. Jeder - das galt auch für ihn, nachdem der in diesem Jahr mit 70,31 und 70,66 m erstmals die frühere Traumgrenze übertroffen hatte. Harting erfüllte alle Hoffnungen und gewann mit seinem 29. Sieg in Serie binnen 730 Tagen als vierter Deutscher olympisches Diskus-Gold. Zuvor war dies Rolf Danneberg 1984 in Los Angeles, Jürgen Schult 1988 in Seoul und Lars Riedel 1996 in Atlanta geglückt.

Beinahe drohte Harting das Gold zu entgleiten. Im ersten Versuch hatte er 67,79 m vorgelegt, dann konterte der iranische WM-Dritte Ehsan Hadadi mit 68,18. Harting baute von Versuch zu Versuch ab - doch er behielt die Nerven und schlug im fünften eindrucksvoll zurück. Hadadi gewann mit Silber die erste olympische Leichtathletik-Medaille für sein Land. Bronze ging an Gerd Kanter (68,03), Olympiasieger von 2008 aus Estland.

Harting, der sich nach dem knapp verpasstem Bronze 2008 in Peking geschworen hatte: "Ich werde nie wieder Vierter", holte in London die dritte Medaille für die deutschen Leichtathleten. Silber hatten zuvor Kugelstoßer David Storl und Siebenkämpferin Lilli Schwarzkopf geholt. Wer auf Harting gewettet hatte, verdiente nicht viel: Die Siegquote des Diskus-Favoriten beim Sportwettenanbieter bwin lag bei 1,55 - wer auf den 100-m-Sieg von Usain Bolt (1,62) gesetzt hatte, kassierte ein bisschen mehr.

"Ich brauche den Olympiasieg, um die negativen Sachen aus meinem Leben zu spülen, um mich selber zu ertragen", hatte Robert Harting in der Phase höchster Anspannung vor Olympia verkündet. Mit anderen krassen Aussagen hatte der Sportsoldat und Kommunikations-Student sein Gefühlsleben nach außen getragen und das Bild eines innerlich zerrissenen Menschen erweckt.

Bei seiner Ankunft in London bekannte der 27-jährige Berliner mit dem kunstvoll rasierten Bart ("Meine Kriegsbemalung") zwar noch: "Die Anspannung ist größer als vor einer WM, weil die Medaille einfach mehr wert ist." Doch ansonsten wirkte er so aufgeräut wie einer, der die Selbstzweifel wieder in die Kiste gepackt hat. Dies demonstrierte der 2,01 m lange 130-Kilo-Mann bereits in der Qualifikation. Schon der erste Wurf von 66,22 m hatte ihn dem Ziel der Träume einen weiteren Schritt näher gebracht.

Harting, ein Bär von einem Mann und ein kluger Kopf zugleich, räumt angesichts seiner oft markigen Sprüche ein, dass er sich gern mal selbst inszeniert. Der gebürtige Spreewälder hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Berliner Universität der Künste studiert, bezeichnet sich als Unternehmer und weiß, wie man "als unterbezahlter Athlet" durch die eine oder andere Schlagzeile an Sponsoren kommen kann. Mit dem Olympiagold hat er das vielleicht nicht mehr nötig.

(Quelle: SID)


  • Im fünften Versuch schaffte Harting den goldenen Wurf. Foto: picture-alliance
    Im fünften Versuch schaffte Harting den goldenen Wurf. Foto: picture-alliance