Interview mit Michael Trummer, Chef-Bundestrainer Kanu-Slalom im DKV

Seit Jahresbeginn ist Michael Trummer Chefbundestrainer Kanu-Slalom im Deutschen Kanu-Verband (DKV). Der neue Chefcoach will nach Olympia die Jugend fordern und Nervenstärke testen.

 

Foto: DKV
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Der 40-Jährige aus Zeitz (Sachsen-Anhalt) paddelte selbst als Aktiver bis zum Jahr 1998. Mit Manfred Berro wurde er bei den Olympischen Spielen von Atlanta im Zweier-Canadier Vierter, 1992 in Barcelona hatte das Duo bereits den neunten Platz belegt. Der 1995 in Leipzig diplomierte Trainer arbeitete seit 2001 als Nachwuchsbundestrainer im DKV.

 

 

Ist Ihre Trainermannschaft nunmehr komplett?

Was die Besetzung der hauptamtlichen Trainerstellen betrifft, so wurden in den vergangenen Wochen Gespräche mit möglichen Nachfolgern für die offene Stelle des Nachwuchstrainers geführt. Ich gehe davon aus, dass es hier bald eine Entscheidung geben wird. Danach müssen noch einzelne Trainerpositionen für die Betreuung der Disziplinen in den verschiedenen Nationalmannschaften besetzt werden. Hier verfügen wir aber über eine große Anzahl von Trainern, die ihre Unterstützung fest zugesagt haben. 

Wie bewerten Sie die sportliche Situation der deutschen Slalom-Kanuten im Jahr eins nach Peking?

Wir haben einen sehr großen Nachwuchskader, der darauf brennt, international zum Einsatz zu kommen. Die Jungen wollen den Abstand zur absoluten Spitze verringern. Dies zeigt sich aktuell in den Trainingsergebnissen und bei den Leistungstests unserer Kader. Ich hoffe natürlich auf eine erfolgreiche Umsetzung bei den Wettkämpfen in diesem Jahr. Eine Garantie dafür gibt es aber leider nicht.

Im vergangenen Jahr wurden einige Veränderungen an den Wettkampfregeln im Kanu-Slalom angekündigt. Welche davon werden in dieser Saison wirksam?

Grundsätzlich geht man wieder von der Addition der Läufe weg. Von zwei Qualifikationsläufen wird nur noch der beste in die Wertung gehen. Statt bislang 40 qualifizieren sich ab dieser Saison auch nur noch 20 Boote pro Disziplin für das Halbfinale bei internationalen Wettkämpfen. Für die zehn Finalisten, die nach dem Semifinale übrig bleiben, geht ebenfalls nur noch ein Resultat in die Wertung – das des Finallaufs. So ist es theoretisch möglich, dass ein Sportler, der gerade so als Zehnter mit großem Rückstand auf Platz eins das Finale erreicht, am Ende trotzdem ganz oben steht.

Was erwarten Sie sich von den Änderungen und was muss passieren, damit die erfolgreiche Olympia-Sportart Kanu-Slalom in Deutschland auch in den vier Jahren zwischen den Spielen an öffentlicher Bedeutung gewinnt?

War bisher eher der konstante Wettkampftyp gefragt, so wird durch die neue Regelung die Risikobereitschaft doch erheblich gefördert. Ich denke, dass sich die bislang Besten auch unter diesen Bedingungen durchsetzen werden, aber es kann durchaus auch einmal zu überraschenden Ergebnissen kommen. Für das Publikum wird es so sicher einfacher nachzuvollziehen, wie die Ergebnisse zustande kommen. Ich erwarte dadurch aber nicht unbedingt eine Attraktivitätssteigerung für die Sportart Kanu-Slalom. In dieser Hinsicht ist für unsere Sportart entscheidender, wie und wie oft sie sich in der Öffentlichkeit präsentiert. Dafür ist ein noch stärkeres Bewusstsein und professionelle Arbeit in Außendarstellung und Vermarktung notwendig.

Nach Olympia werden oft auch Karrieren beendet. Müssen Sie nach Peking Abgänge verzeichnen oder starten alle Athleten aus Olympia- und Weltcupmannschaft 2008 auch in die neue Saison?

Es gab keinerlei Abgänge, alle Mitglieder der Nationalmannschaften des vergangenen Jahres nehmen auch die neue Saison in Angriff. Zwar haben einige Sportler im Winter die Schwerpunkte mehr zugunsten der Ausbildung verschoben, aber letztlich sind alle der Einladung zur ersten Leistungsdiagnostik gefolgt und haben sich dort mit ansprechenden Ergebnissen präsentiert. Einzige Ausnahme ist vielleicht die Zweier-Canadier-Besatzung mit Kay und Robby Simon. Kay laboriert nach einem Wintersportunfall noch an den Folgen eines Schlüsselbeinbruchs und wird die EM-Qualifikation voraussichtlich verpassen. Beide erhalten aber ihre Chance, sich noch für die Weltmeisterschaften zu qualifizieren.

Für den diesjährigen Jahreshöhepunkt, die Weltmeisterschaften in Spanien, wird es für die deutschen Athleten erstmals eine zweigeteilte Qualifikation geben. Welchen Hintergrund hat diese Entscheidung?

Wir werden nach den vier Qualifikationsrennen in Augsburg und Markkleeberg Anfang Mai zunächst die Teams für die Europameisterschaften und den Weltcup festlegen. Die ersten Sechs der Frühjahrs-Qualifikation pro Kategorie werden dann am 8. August bei den German Open in Markkleeberg um die WM-Teilnahme kämpfen. Wir wollen mit diesem System die wirklich leistungs- und nervenstärksten Sportler finden, die es schaffen, mit großem Wettkampfdruck umzugehen. Schließlich gibt es bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften auch nur einen einzigen Wettkampf, bei dem es darauf ankommt. Sicherlich ist dieses System trainingsmethodisch nicht ohne Schwierigkeiten, aber gerade in einem nacholympischen Jahr ist es einen Versuch wert.


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