Junge Talente entdecken und dem Schulsport neue Impulse geben

Boris Becker war dabei, Heike Henkel, Britta Steffen und die Hockey-Olympiasiegerin von Athen 2004, Natascha Keller, ebenso. Sie alle nahmen am Anfang ihrer Karriere an dem Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ teil.

In dieser Woche, vom 22. bis 26. September, wird das diesjährige Herbstfinale von „Jugend trainiert für Olympia“ wieder in Berlin ausgetragen. Dabei ist es ein ganz besonderes. Der mit jährlich 800.000 Teilnehmern größte Schulsport-Wettbewerb der Welt feiert sein 40-jähriges Jubiläum.

Eher klein und bescheiden ist „Jugend trainiert für Olympia“ damals aus den Startlöchern gekommen. Einen Anlass zur Gründung dieses Nachwuchswettbewerbs bildete auch das nicht gerade berauschende Abschneiden der westdeutschen Olympioniken bei den Olympischen Sommerspielen 1968 von Mexiko City. Am Ende standen für die Bundesrepublik gerade fünf Goldmedaillen in der Statistik, die DDR errang gleich vier mehr. 1972 sollten die Olympischen Spiele in München stattfinden. Da wollte man sich als Heimteam nicht blamieren. Der Herausgeber des Magazins „Stern“, Henri Nannen, erkannte den Bedarf, junge Talente frühzeitig zu finden, zu sichten und zu fördern. Angenehmer Nebeneffekt: Gleichzeitig sollten dem mächtig angestaubten Schulsport neue Impulse gegeben werden. Nannen rief 1969 den ersten bundesweiten Schulsport-Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ ins Leben (und finanzierte ihn mit).

1.600 Schüler nahmen 1969 teil

Zur Erstauflage im Berliner Olympiastadion trafen sich vom 26. bis zum 29. September 1969 rund 1.600 Schüler aus den damals elf Bundesländern in Berlin. Sie traten in zwei Wettbewerben, Schwimmen und Leichtathletik, gegeneinander an. Die jungen Sportler hatten sich aus bundesweit 16.500 Teilnehmern für dieses Finale qualifiziert. Zum Vergleich: Heute nehmen jährlich 800.000 Schülerinnen und Schüler an den bundesweiten Ausscheidungswettbewerben der Schulen teil. Die besten 4.000 Talente reisen schließlich zu den Finals. Beim Herbstfinale 2009 in der Bundeshauptstadt suchen die Schulmannschaften in insgesamt acht Sportarten und in zwei nach Alter getrennten Wettkampfklassen ihren Bundessieger. Es gibt mittlerweile Wettbewerbe in jungen Sportarten wie Beach-Volleyball oder in den Klassikern wie Leichtathletik oder Schwimmen. Zum Herbstfinale in Berlin hat sich ein Frühjahrsfinale hinzugesellt und seit 1976 ein Winterfinale. In nunmehr 16 Sportdisziplinen werden die Finals ausgetragen. Seit 2007 ist auch Golf als jüngste Sportart dabei.

„Auf geht’s zum Finale nach Berlin“ hieß schon damals zur Gründung die Losung. „Die Berlinfahrt war für uns etwas ganz besonderes. Nicht nur, weil wir dafür schulfrei bekamen“, erinnert sich Jörg Mertins. Er war bei der Premiere von „Jugend trainiert von Olympia“ in Berlin dabei. Vieles war für den damals 16 jährigen Schüler aus Rotenburg an der Wimme neu und vor allem aufregend. Zum Finale nach (West-)Berlin wurden die Nachwuchssportler damals aufgrund seiner besonderen geopolitischen Lage ausnahmslos eingeflogen. Für die meisten der Schul-Sportler bedeutete das Bundesfinale die erste Reise mit einem Flugzeug in ihrem Leben.

„Zudem sind wir noch nie auf einer Kunststoffbahn gelaufen und aus einen echten Startblock gestartet“, erinnert sich der 400-Meter-Läufer Mertins. Beides wurde übrigens für die Premiere des Bundesfinals im Berliner Olympiastadion extra angeschafft. Und weil die Reise nach Berlin so eine ganz besondere war, hatte man sich auch richtig schick gemacht. In nagelneuen Trainingsanzügen liefen die Teams damals in das Stadion ein. Henri Nannen und Willi Daume, der damalige Präsident des Deutschen Sportbundes, schüttelten jeden einzelnen Finalisten persönlich die Hand. Heute geht das Finale weniger staatstragend und steif über die Bühne. Und auch nicht mehr zentral im Berliner Olympiastadion. Die sportlichen Kids in ihren „Jugend trainiert für Olympia“ T-Shirts messen nun auf den verschiedensten Sportanlagen Berlins ihre Kräfte.

Große Bedeutung für die Erziehung junger Menschen

In den vierzig Jahren von „Jugend trainiert für Olympia“ hat sich der Wettbewerb immer ein wenig gewandelt, der Zeit angepasst, ohne sich jedoch dem schnelllebigen Zeitgeist in die Arme zu werfen. Der Grundgedanke blieb: „Der Wettbewerb hat auch eine große Bedeutung für die Erziehung junger Menschen. Es werden Teamgeist und Fairness gefördert. Junge Sporttalente erhalten die ihnen gebührende Anerkennung“, erklärt Reinhard Peters, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Schulsportstiftung. Er möchte den Wettbewerb nicht nur auf die Talentförderung reduziert sehen und betont den pädagogischen Gedanken. Dennoch, der Wettbewerb ist nach wie vor „ein fester Bestandteil in der Konzeption der Nachwuchs-Leistungssportentwicklung in Schule und Verein“, erläutert Thomas Poller, Vorsitzender der Kommission „Jugend trainiert für Olympia“. Poller merkt allerdings an, dass die Sichtung der Talente schon auf der Ebene der Regionalausscheidungen von den Verbänden abgeschlossen sein müsste. Wer dann nach Berlin fährt, der sei bereits entdeckt. Es gelte dann, dass Talent weiter zu fördern. „In der schulischen Laufbahn wie auch in der sportlichen Karriere“, so Thomas Poller.

Natürlich kann man auch Olympiasieger werden, ohne an dem Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ teilgenommen zu haben. „Aber, dieses Berlinfinale ist vielleicht das erste wirklich große Sport- und Erfolgserlebnis in der Laufbahn und deshalb so besonders wichtig“, erklärt Natascha Keller, die Hockey-Olympiasiegerin von Athen 2004. „Wenn es dann am Ende die Sieger-urkunden gibt, bist du schon mächtig stolz“, erinnert sich die Berlinerin an ihre Teilnahme an dem Bundesfinale. Mittlerweile ist die Goldmedaillengewinnerin Patin für die Veranstaltung.

Die 2010 erstmals ausgetragenen Olympischen Jugendspiele im kommenden Jahr in Singapur wecken vielleicht so manche Begehrlichkeit. Der Ruf nach einer zentralen, dem Hochleistungs-sport sich verschreibenden „Deutschen Jugend-Spielen“ wird auch in Deutschland lauter. „Doch die Talentsichtung in der Kombination von Schule und Verein hat sich bewährt und ist in ihrer Breite mit rund 20 Millionen Teilnehmern ein wohl einzigartiges Erfolgsmodell“, erklärt Thomas Poller. Und das schon vierzig Jahre lang.