Neues Testpool-System soll einen Strategiewechsel im Dopingkampf einleiten

Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) hat im ersten Halbjahr 23 positive Dopingproben feststellen müssen, davon 21 bei Wettkämpfen. Insgesamt wurden 1.620 Trainings- und Wettkampfkontrollen durchgeführt.

Auf einer Pressekonferenz im sächsischen Kurort Kreischa gab das vor fünf Jahren gegründete Dopingkompetenzzentrum bekannt, dass in den ersten sechs Monaten 109mal Athleten bei angeordneten Trainingskontrollen nicht angetroffen wurden: 16 öffentliche Verwarnungen seien ausgesprochen worden, neun Meldefehler hätten die Verbände erkannt, 44mal soll kein Meldeverstoß vorgelegen haben, und 40 Fälle seien noch in Bearbeitung. Auf alle Fälle: Die in Bonn ansässige Stiftung will Ernst mit einem konsequenteren Kontrollkurs machen. „Strategiewechsel“, „intelligenteres Kontrollsystem“ - mit diesen Schlagworten versucht nun die NADA zu punkten. Ab 1. Juli gibt es einen neu aufgestellten so genannten Nationalen Testpool mit etwa 1.900 Spitzenathleten; diese sollen häufiger als bisher unangemeldet getestet werden. Zielkontrollen sind geplant, Tests zum richtigen Zeitpunkt: Der Dopingkontrolleur soll dann an der Haustür des Athleten klingeln, wenn es von der Trainingssystematik her am wahrscheinlichsten ist, dass gedopt werden könnte. Dies soll auch für die Phase nach überstandenen Krankheiten und erst recht zu Beginn des Hauptbelastungstraining gelten. 

Wahrscheinlich sind 10.000 Tests pro Jahr

Der Nationale Testpool soll nach Worten des NADA-Vorstandsvorsitzenden Armin Baumert in drei Kategorien eingeteilt werden. Damit ist beabsichtigt, den rechnerischen Durchschnitt der Kontrollen (bisher beim derzeitigen Finanzvolumen für alle Athleten 0,5 Mal im Jahr) zu steigern: In den „hochgefährdeten Sportarten“ sollen acht Trainingstests pro Jahr einschließlich vier Bluttests durchgeführt werden, bei den „mittelgefährdeten“ Disziplinen vier bis sechs, davon mindestens zwei Bluttests, und bei den „niedriggefährdeten“ Sportarten ein bis zwei Kontrollen. „Das sind Idealzahlen, und das müssen wir zusätzlich schultern“, merkte Baumert an. Details wurden noch nicht bekannt gegeben, auch nicht die zu erwartende Gesamtzahl der Kontrollziffern für die Topkader. 10.000 Tests pro Jahren könnten aber in der Gesamtaddition stehen, hieß es. Hinzu kommen dann noch die Trainingskontrollen für die Mitglieder des Allgemeinen Testpools, also für weitere 7.000 Athleten. Das Kontrollvolumen 2006 umfasste 4.418 Trainingstests. 

Hanns Michael Hölz, Vorsitzender des NADA-Kuratoriums, erklärte, schon sehr schnell solle das Jahresbudget der Agentur auf 3,6 Millionen Euro verdoppelt werden - „mittelfristig und in absehbarer Zeit“ werde ein Etatvolumen von fünf Millionen Euro angestrebt. „Es gibt deutliche Signale aus Politik, Sport und Wirtschaft, dass wir diesen Finanzrahmen erreichen können“, sagte der Manager der Deutschen Bank. Eine vom Vorstand eingesetzte Arbeitsgruppe Finanzen, die schon einmal getagt habe, werde „nachhaltig den business case der NADA stärken“, äußerte Hölz. Die Struktur-AG werde ebenfalls wichtige Stellschrauben anziehen. 

Der seit 1. Juli amtierende neue NADA-Geschäftsführer Dr. Christoph Niessen, ein Sportökonom, der zuletzt als Geschäftsführer des Sportbunds Rheinland im LSB Rheinland-Pfalz tätig war, sagte zu, die bürokratischen Defizite innerhalb der NADA würden recht schnell aufgearbeitet und abgestellt werden. „Die NADA ist auf einem guten Weg“, zeigte er sich optimistisch. „Ich halte es mit der Kölner Kombo ‚Die Höhner’: Wenn nicht jetzt, wann dann!?“  

Vier öffentliche Verwarnungen für Athleten

Die Kommunikationsleiterin Ulrike Spitz erläuterte den Stand der Aufarbeitung von „no shows“ (nicht angetroffen) und „missed tests“ (verpasste Tests) aus dem Jahr 2006, deren Menge durch einen ARD-Fernsehbericht im Januar für erhebliche Turbulenzen gesorgt hatte. Von den 201 „no shows“ seien in 41 Fällen keine Trainingskontrollen mehr vorgenommen worden: Bei fünf Vorgängen habe es von den Spitzenverbänden öffentliche Verwarnungen gegeben, 36mal sei kein Meldeverstoß erkannt worden. Die weiteren 160 Fälle sind nach der Ständigen Konferenz der Spitzenverbände am 1. Juni an die Spitzenverbände zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet worden; noch im dritten Quartal werde es ein Gesamtergebnis der Überprüfungen geben: Vier öffentliche Verwarnungen seien bisher ausgesprochen worden, 44 Verfahren seien noch in Bearbeitung. 

Ulrike Spitz machte deutlich, dass bis Ende Juni 2007 die Vorschrift des NADA-Codes gegolten habe, wonach alle Athleten 72 Stunden von ihrer Meldeadresse fernbleiben durften. Die 24-Stunden-Abmeldefrist für den damaligen Nationalen Testpool habe es nicht gegeben, diese sei möglicherweise falsch kommuniziert worden oder galt allenfalls nach den Vorschriften der Internationalen Spitzenverbände. Auf alle Fälle hätten sich Top-Athleten jetzt bei der NADA zu melden, wenn sie sich länger als 24 Stunden „nicht am gemeldeten Aufenthaltsort“ aufhalten.