Paralympics 2018: Eskau trägt die deutsche Fahne

Die Para Skilangläuferin und Biathletin Andrea Eskau wird bei der Eröffnungsfeier am Freitag die Deutsche Paralympische Mannschaft ins Stadion von Pyeongchang führen.

Andreau Eskau zeigt stolz ihre Akkreditierung als Fahnenträgerin bei den Paralympics in PyeongChang. Foto: picture-alliance
Andreau Eskau zeigt stolz ihre Akkreditierung als Fahnenträgerin bei den Paralympics in PyeongChang. Foto: picture-alliance

Eigentlich macht sie sich ja nicht viel aus Eröffnungsfeiern und konzentriert sich lieber auf ihre Rennen. Doch als Andrea Eskau vom USC Magdeburg gefragt wurde, ob sie am Freitagabend (Ortszeit) an der Spitze der Deutschen Paralympischen Mannschaft die Fahne ihres Landes ins Stadion von PyeongChang tragen möchte, musste sie nicht lange überlegen. „Das ist eine große Ehre für mich und freut mich sehr“, sagt die 46-Jährige, die eine logische Wahl für diese Aufgabe ist.

So sieht es allen voran der deutsche Chef de Mission, Dr. Karl Quade, der Eskau „eine herausragende Persönlichkeit“ nennt. „Andrea versteht es, Exzellentes zu leisten.“ Das gelte für ihren Berufsalltag am Bundesinstitut für Sportwissenschaft, wo sie hohe Verantwortung für die Forschungsförderung von Projekten auch speziell im Behindertensport trage genauso wie für den paralympischen Leistungssport. „Ihre Erfolge seit vielen, vielen Jahren im Sommer wie im Winter sind unglaublich.“

Mit unzähligen Weltmeisterschaftstiteln mit dem Handbike sowie beim Para Skilanglauf und Biathlon und insgesamt sechs paralympischen Gold-Medaillen ist die Elsdorferin eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Behindertensport. „Um so etwas zu leisten, brauchst du einen ungeheuren Trainingseifer und ganz viel Disziplin“, sagt Quade. Und – zuvorderst – einen Anstoß. Für den war 2009 Werner Nauber verantwortlich, damals Bundestrainer der nordischen Para-Athleten – und überzeugter Eskau-Fan.

Einmal den Berg hoch reichte

„Werner hat schon Potenzial in mir gesehen, als noch gar keines war“, erinnert sich die Fahnenträgerin in spe an ihre erste Begegnung mit dem Oberwiesenthaler. Beim ersten Treffen im nicht unbedingt für seinen Wintersport bekannten Bonn schickte er Eskau mit Skirollern einen Berg hoch und konstatierte hinterher: „Das geht.“ Die Novizin hörte auf ihn, „weil‘s ja manchmal schon genügt, wenn ein anderer an dich glaubt“. Und sie wurde nicht enttäuscht. Im Jahr darauf gewann Eskau in Vancouver ihre ersten paralympischen Medaillen bei Winterspielen: Bronze im Biathlon und Silber im Langlauf.

Nauber, obwohl längst nicht mehr Bundestrainer und inzwischen fast achtzig, ist noch immer ein wichtiger Bezugspunkt für Eskau. Einer, der nach wie vor für sie da ist und die Nimmermüde begleitet, wenn sie wieder einmal individuell trainiert, um von Sommer gut auf Winter schalten zu können. „Eine wahnsinnige Hilfe“, sei er, „immer parat“, und ja sowieso grundsympathisch. Weil: „Ein Ossi wie ich.“

Aussagen wie diese sind typisch für die gebürtige Apoldaerin. Andrea Eskau, Spitzname „Tiger“, redet, wie ihr der Mund gewachsen ist, ohne Rücksicht darauf, andere vor den Kopf zu stoßen. Offizielle bekommen das zu spüren, wenn sie das Gefühl hat, dass ihr – oder noch wichtiger: Teamkolleginnen oder Kollegen – Unrecht getan wird. Letztere erleben das aber auch, zum Beispiel, wenn sie schludern oder, wenn ihnen nicht bewusst ist, was für ein Privileg es ist, den Traum Paralympische Spiele leben zu dürfen.

Die Probleme am Schießstand sind vergessen

Professionalität ist für Andrea Eskau ein unbedingtes Gebot. Sie will sich nicht vorwerfen lassen, ein Rennen leichtfertig abgeschenkt zu haben. Wenn etwas nicht bei ihr läuft, arbeitet sie penibel daran, das Problem zu lösen.  Umso verzweifelter war die Paradesportlerin, als es zu Beginn des Winters partout nicht mehr klappen wollte am Schießstand, erst im Training nicht, dann beim Weltcup-Auftakt im kanadischen Canmore nicht. „Ich dachte schon, jetzt lasse ich es sein, weil ich einfach nicht wusste, was ich falsch mache.“

Der kanadische Team-Trainer John Jaques fand in seiner Werkstatt die Lösung – und riet Eskau dringend, ihr an mehreren Stellen defektes Gewehr auszutauschen. Seitdem das geschehen ist, zeigt sich wieder ein besseres Trefferbild und der Tiger gilt aus der achtköpfigen Mannschaft der deutschen Para Skilangläufer und Biathleten als aussichtsreichste Medaillenkandidatin. In beiden Disziplinen könnte es ein packendes Duell mit dem US-amerikanischen Superstar Oksana Masters geben, auch wenn Eskau betont, bitte doch die anderen nicht zu vergessen: die starke Langläuferin Birgit Skarstein aus Norwegen zum Beispiel oder auch die sogenannten Neutralen Paralympischen Athleten aus Russland. Über deren Teilnahme freue sie sich, sagt Eskau – und hat erneut kein Problem damit, gegen den gegenwärtigen Strom zu schwimmen.

Holt sie in PyeongChang trotz der starken Konkurrenz ihr drittes Gold bei Winterspielen? „Es wird extrem schwer“, sagt sie. Aber Andrea Eskau wäre nicht Andrea Eskau, wenn sie nicht alles dafür geben würde, es dennoch wahrzumachen. Die erste Chance hat sie am Samstag, am koreanischen Vormittag nach der Eröffnungsfeier – und ihrem ersten großen Auftritt in PyeongChang.

Hintergründe zu den Sportlerinnen und Sportlern der deutschen Paralympischen Mannschaft gibt es unter www.deutsche-paralympische-mannschaft.de

(Quelle: Deutscher Behindertensportverband)


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