Seminar des LSB Rheinland-Pfalz zum Thema Gleichstellung

„Den speziellen Bedürfnissen von Männern und Frauen Rechnung zu tragen“, ist das Ziel des grenzüberschreitenden Seminars „Gender Mainstreaming“ des LSB Rheinland-Pfalz.

Bild 1: Stefan Christmann und Ellen Wessinghage
Bild 1: Stefan Christmann und Ellen Wessinghage

Gleichberechtigung lässt sich nicht immer durch Gleichbehandlung verwirklichen. Entscheidender ist es, die jeweils spezifische Situation von Frauen und Männern angemessen zu berücksichtigen. Was von der Europäischen Union und den Gesetzgebern in Bund und Ländern verlangt wird, sind Anstrengungen auf allen Ebenen, um eine Benachteiligung von Frauen oder Männern aufzuheben oder von vornherein zu vermeiden. Die Umsetzung dieses Prinzips in den Sportorganisationen war das Thema eines grenzübergreifenden Seminars am 20. Oktober in Trier mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Belgien.

Auf Initiative von Ellen Wessinghage, Vizepräsidentin des Landessportbundes Rheinland-Pfalz und Vorsitzende des Arbeitskreises Frauen und Gleichstellung, beschäftigte sich erstmals der Eurosportpool als Gemeinschaft der Sport-organisationen der benachbarten Länder mit diesem Thema, unterstützt vom Bundesministerium des Inneren und für Sport. Stefan Christmann, Vorstands-mitglied des Eurosportpools, begrüßte die Teilnehmenden und lud zum Erfahrungsaustausch ein.

Aus Luxemburg berichtete Marlyse Pauly, die Generalsekretärin des Olympischen Komitees, das seit 1976 auch als Dachverband aller Sportverbände fungiert. Sie selbst sei als Spitzenfunktionärin eine Ausnahme. In den Verbandsvorständen gebe es kaum Frauen, ebenso wenig wie Frauen-beauftragte oder Frauenförderprogramme. Von der geltenden 25 %-Quotenregelung halte sie nichts, da es schwierig sei, überhaupt Frauen für Spitzenämter zu gewinnen. Dagegen seien Frauen in Vereinsvorständen gut vertreten. Bevorzugte Sportarten von Frauen mit einem Anteil an Mitgliedern über 50 Prozent seien Turnen, Volleyball, Reiten, Schwimmen und Eislaufen. Da Frauen häufig eine größere zeitliche Flexibilität benötigten, engagierten sie sich vielfach privat und in kommerziellen Fitness-Studios. Hier könne Gender Mainstreaming ansetzen und seitens der Vereine besser passende Angebote für Frauen schaffen.

Für die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens berichtete der Präsident des Turnerverbandes, Fritz Goenen, über ähnliche Erfahrungen. Je höher die Leitungsebene, um so weniger stellten sich Frauen zur Verfügung oder würden gewählt. Insgesamt sei der Frauensport auch von den Medien und Sponsoren noch zu wenig beachtet. Viele Sportvereine seien in ihrem Angebot immer noch auf männliche Teilnehmer ausgerichtet, indem überwiegend kampfbetonte Sportarten betrieben werden. Sportinteressierte Frauen ließen sich aber vorwiegend über die Themen Gesundheit und Freizeit erreichen. Andererseits schätze Goenen die Chancen für Frauen heute so gut ein wie nie zuvor. Die Frauen im Sport sollten ihre Chancen besser nutzen.

Jessy Courtier, Vertreterin des lothringischen Handballverbandes, stellte ein vorbildliches Projekt für einen flächendeckenden Einsatz von Frauen in Lothringen vor. Als „Botschafterin des Handballs“ wurden Frauen für Vereine gesucht, um mit ihnen die Frauen-Handball-Weltmeisterschaft vom 2.-16. Dezember 2007 in Metz vorzubereiten. Sie koordinieren Aktivitäten und Begleitmaßnahmen wie das Rahmenprogramm, örtliche Turniere, Tage der offenen Tür und etablieren sich so als neue Multiplikatoren für ihren Landes- oder Regionalverband. Nicht zuletzt fördern sie dadurch das Image des Frauen-Handballs. Sie wurden inzwischen zu Ansprechpartnern auch für Ämter, Behörden und Politiker sowie für Sponsoren und Förderer des Handballsports. 60 Prozent der Vereine beteiligen sich an dem erfolgreichen  Projekt. 

Von deutscher Seite berichtete Marianne Weg über „Fünf Schritte zum Gender Mainstreaming im LSB Rheinland-Pfalz“. Sie zeigte die Entwicklung der Initative vom Beginn im Jahr 2001 bis heute auf. Mit einer Verankerung des Gender Mainstreaming in der Satzung im Jahr 2002 stand der LSB an der Spitze der Bewegung. Ein mehrstufiges Gender-Training absolvierten die hauptamtlichen Mitarbeiter des LSB, damit Geschlechtergerechtigkeit im Sport zur Selbst-verständlichkeit wird. Dennoch gebe es keinen Anlass zur Selbstzufriedenheit. Gender sei ein Dauerthema und bis die Geschlechter-differenzierung zum Mainstream wird, bedarf es Motivation, Wis-senskompetenz und Technik.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich bewusst darüber, dass praktische Beispiele und konkrete Anleitungen erforderlich sind, um die Aufmerksamkeit für wirksame Maßnahmen der Geschlechtergerechtigkeit zu erhöhen. Als vorrangig wird die Stärkung und Qualifizierung von Frauen im Ehrenamt gesehen, aber auch die Berücksichtigung mädchen-  und frauenspezifischer Anforderungen im Sportstättenbau.

Mit der Knüpfung eines überregionalen Netzwerkes will sich Ellen Wessinghage mit dem  LSB Rheinland-Pfalz innerhalb des Eurosportpools weiter für eine Verbreitung der Strategie des Gender Mainstreamings einsetzen.   Jan-Hendrik Driessen

 


  • Bild 1: Stefan Christmann und Ellen Wessinghage
    Bild 1: Stefan Christmann und Ellen Wessinghage
  • Bild 2: Nordic-Walking
    Bild 2: Nordic-Walking