Sport legt eigenen Entwurf für Glücksspiel-Staatsvertrag vor

Vesper mahnt rasche Einigung an

Der deutsche Sport hat einen eigenen Vorschlag für einen neuen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen vorgelegt. Der DOSB übersandte den vom Kieler Juristen Martin Nolte erarbeiteten Vertragsentwurf an die Chefs der Staats- und Senatskanzleien der 16 Länder, die in dieser Woche die Beratungen der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz vorbereiten. Der bisher geltende Staatsvertrag läuft zum Ende dieses Jahres aus; der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte das darin enthaltende Monopolmodell im September 2010 als unvereinbar mit EU-Recht eingestuft.

 

Der Vorschlag des Sports ist das Ergebnis eines internen Arbeitskreises, dem Vertreter der Sportfachverbände wie der Landessportbünde angehören. Es wird auch vom Fußball, und zwar sowohl vom DFB als auch von der DFL, und von der Deutschen Sporthilfe in vollem Umfang mitgetragen.

 

Vorgeschlagen wird ein duales Modell: Darin ist einerseits das staatliche Lotteriemonopol mit einer gefahrenadäquaten Neugewichtung seiner Begründung fortgeschrieben; es wird nicht mehr wie bisher schwerpunktmäßig auf die Fiktion einer „Lottosucht“ gestützt, sondern im Wesentlichen mit der Abwehr von Manipulation und Betrug sowie Verbraucherschutz begründet. Diese Fundierung entspricht der Historie des Lottomonopols, die das Bundesverfassungsgericht noch nie beanstandet hat. Andererseits wird der Bereich der Sportwetten für solche Anbieter geöffnet, die im Einzelnen beschriebene Zulassungsvoraussetzungen (Zuverlässigkeit, Liquidität, Sicherheiten etc.) erfüllen und unter strengen Auflagen eine Konzession erhalten. Der Vertragsentwurf ist an den bestehenden Staatsvertrag angelehnt.

 

„Das Modell bietet den Vorteil, dass darin das staatliche Lotteriemonopol mit europa- und verfassungsrechtlich tragender Begründung aufrechterhalten, ja gestärkt wird“, sagt DOSB-Generaldirektor Michael Vesper: „Lotto würde aufgrund der veränderten Akzentuierung der Begründung neue Freiräume erhalten. So könnten die Umsatzeinbußen der letzten Jahre aufgefangen und neue Zuwächse erzielt werden. Außerdem würde das derzeit illegale Angebot privater Sportwettenanbieter, sofern sie die strengen staatlichen Auflagen erfüllen, in die Legalität kanalisiert und so dem staatlichen Ordnungssystem einschließlich einer genau definierten Abgabenpflicht unterworfen werden.“

 

Zudem löse das vom Sport vorgelegte Modell, jedenfalls innerhalb der von den Ländern zu gestaltenden Grenzen, die Kohärenzproblematik, betonte Vesper. Der EuGH hatte ausdrücklich festgestellt, dass unterschiedliche Glücksspielbereiche auch unterschiedlich geregelt werden könnten. Würde sich der Schwerpunkt der Begründung des Lottomonopols nach dem Vorschlag des DOSB ändern, könnte man werben und das Internet so öffnen, wie es beispielsweise auch vom Deutschen Lotto-und Toto-block gewünscht wird. Der derzeitige Begründungsschwerpunkt des Lottomonopols liegt auf der Bekämpfung von Spielsucht und steht diesen Maßnahmen diametral entgegen; selbst der Hinweis auf einen Jackpot wäre nach der EuGH-Rechtsprechung künftig versperrt.

 

Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich bereits einstimmig zur Fortführung des Lotteriemonopols bekannt. Uneinigkeit besteht nach wie vor hinsichtlich der künftigen Behandlung der Sportwetten. Da sich derzeit keine tragende Mehrheit oder gar Einstimmigkeit für den einen oder anderen Weg abzeichnet, schlägt der Sport als möglichen Kompromissweg vor, das duale Modell zunächst probeweise für einen Zeitraum von zwei Jahren einzuführen, um seine Tragfähigkeit zu testen.

 

„Mit der Übersendung unseres Entwurfes an die Länder verbinden wir die Hoffnung einer noch rechtzeitigen Entscheidung der Ministerpräsidenten, damit der neue Staatsvertrag zum 1. Januar 2012 in Kraft treten kann. Eines darf aus unserer Sicht auf keinen Fall passieren, dass nämlich am Jahresende eine Lage eintritt, die völlig unüberschaubar ist und zu einer Verschärfung der rechtlichen und politischen Auseinandersetzungen auf diesem Feld führt, die dann auf dem Rücken des Sports ausgetragen würden“, sagt Michael Vesper. Die künftige Lösung müsse „die europarechtlichen Vorgaben umsetzen, für ein Ende der rechtlichen Auseinandersetzungen sorgen, das Lotteriemonopol zu verbesserten Bedingungen sichern und den Sportwettenmarkt so ordnen, dass er nicht weiterhin fast vollständig am deutschen Ordnungssystem, am Fiskus und am Sport vorbei agiert“.