Übergabe der Kampagne-Unterschriften an Bundestagsvizepräsidentin Dr. Kastner

Übergabe der Kampagne-Unterschriften an Bundestagsvizepräsidentin Dr. Kastner

Vertreterinnen des Kampagne-Netzwerkes „Abpfiff – Schluss mit Zwangsprostitution“ habenam 17. Januar 2007 der Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner - stellvertretend für das Bundestagspräsidum – insgesamt 180.000 Unterschriften überreicht, die während der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr gesammelt wurden. Die bundesweite Kampagne nutzte das internationale Großereignis, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung zu lenken. Ihre Forderungen an Bundesregierung und Bundesländer wurden von zahlreichen Ein-heimischen und Gästen aus aller Welt unterstützt. Darüber hinaus fand sie international ein breites Echo.

Die Kampagne war vom Deutschen Frauenrat (DF) initiiert und koordiniert worden. Eine Allianz aus 16 katholischen Frauenverbänden unterstützte die wesentlichen politischen Forderungen dieser Kampagne mit 100.000 Unterschriften.

Die Vorsitzende des DF, Brunhilde Raiser, umriss bei der Unterschriftenübergabe noch einmal die gemeinsamen zentralen Forderungen. Besonders wichtig bei der Bekämpfung des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung seien gezielte Wirtschaftshilfen für die Herkunftsländer, um die eigenständige Existenzsicherung von Frauen zu gewährleisten. „Dieses Vergabekriterium muss mit an oberster Stelle stehen, denn wenn Frauen keine reale Chance haben, in ihrem Land den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie angemessen zu sichern, neigen sie natürlich eher dazu, den Versprechungen von Menschenhändlern zu glauben, die ihnen einen lukrativen Job im Hotel oder anderswo in Aussicht stellen, sie aber dann in die Prostitution vermitteln“, sagte die Vorsitzende der Frauenlobby.

Zwar sei während der Fußball-WM kein Anstieg von Zwangsprostitution feststellbar gewesen, „doch darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin Tausende von Frauen auch in Deutschland Opfer von Menschenhandel werden“, sagte Heike Rudat, Vorstandmitglied im Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Der Staat sei verpflichtet, gegen diese gravierende Menschen-rechtsverletzung alle notwendigen Maßnahmen einzuleiten. „Doch immer noch fehlen in vielen Bundesländern bei der Polizei Spezialdienststellen zur Bekämpfung des Menschenhandels. Der BDK fordert die Innenminister der Länder daher auf, diese unverzüglich einzurichten, wenn die oft geäußerte Solidarität zur Fußball-WM 2006 seitens der Politik nicht nur Lippenbekenntnis bleiben soll“, so Rudat.

„Die aufenthaltsrechtliche Situation für die Betroffenen des Menschenhandels haben sich immer noch nicht ausreichend verbessert“, kritisierte Naile Tanis, Geschäftsführerin des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess (KOK). Dabei habe die deutsche Bundesregierung die Verpflichtung, die sogenannte EU-Opferschutz-richtlinie (2004/81) „über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren“ umzusetzen. „Inzwischen ist sogar die Umsetzungsfrist der EU-Richtlinie am 06.08.2006 abgelaufen und noch immer sind wir keinen Schritt weiter“, sagte Tanis. In der Praxis bedeutet dies, dass Betroffene des Menschenhandels keinen sicheren gebundenen und rechtmäßigen Aufenthaltstitel erhalten. Auch dann nicht, wenn sie mit den Strafverfolgungsbehörden kooperieren, d.h. wenn sie sich als ZeugInnen zur Verfügung stellen und damit sich und ihre Angehörigen in eine akute Gefahrensituation bringen. Tanis wiederholte die Forderung nach einem gesicherten Aufenthaltsstatus auch nach Beendigung des Strafverfahrens.

Eine nachhaltige finanzielle Absicherung der Fachberatungsstellen forderte die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Magdalena Bogner. Dies sei „ein wesentlicher Bestandteil der wirksamen Bekämpfung von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung“. Zwar existiere auf Bundesebene ein Kooperationskonzept für die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Fachberatungsstellen. Doch dieses Konzept werde auf Länderebene jeweils unterschiedlich implementiert, entsprechend unterschiedlich falle auch die Finanzierung jener Stellen aus. Bogner sprach sich daher für die Einrichtung von Länderfonds aus, um eine angemessene und einheitliche Finanzierung herzustellen.

Zur aktuellen Forderung nach der Bestrafung von Freiern, die wissentlich die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen, äußerte sich Brunhilde Raiser, Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, skeptisch. „Möglicherweise gibt es hier tatsächlich eine Gesetzeslücke, aber zunächst muss geprüft werden, ob dieses Mittel tatsächlich geeignet ist, den Menschen-handel einzudämmen. Überhaupt kann ein solches Gesetz nur eine Maßnahme in einem breit angelegten Katalog sein“, so Raiser.

Bundestagsvizepräsidentin Dr. Susanne Kastner zeigte großes Engagement für das Thema. Sie regte an, Menschenhandel und Zwangsprostitution im Rahmen der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft Deutschland in einer großen gemeinsamen Veranstaltung von Bundestag und NGO auf die Tagesordnung zu setzen.

 

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