Vielfalt im Sport - gelebte Teilhabe oder Lippenbekenntnis?

„Integration durch Sport“ im Diskurs – wie entwickeln wir uns zeitgemäß weiter? Die Ergebnispräsentation des Innovationspanel gab am 30. Januar 2024 dazu den Diskussionsauftakt.

“Vielfalt im Sport – gelebte Teilhabe oder Lippenbekenntnis?” in der Bayerische Vertretung in Berlin (© DOSB/ Annette Riedl).
“Vielfalt im Sport – gelebte Teilhabe oder Lippenbekenntnis?” in der Bayerische Vertretung in Berlin (© DOSB/ Annette Riedl).

“Vielfalt im Sport – gelebte Teilhabe oder Lippenbekenntnis?” unter diesem Motto lud das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ am 30. Januar 2024 interessierte Menschen aus Politik, Sport, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in die Bayerische Vertretung in Berlin ein, um die Ergebnisse des IdS Innovationspanel zu diskutieren. 

Frau Schöneberg, Leiterin des Referats "Maßnahmen der Integration" im BMI, eröffnete die Abendveranstaltung mit den Worten, dass der “gesellschaftliche Zusammenhalt, wie wir ihn im Sport erleben, das Gemeinwesen und die Demokratie stärkt.”. Genau deshalb ist und bleibt es so wichtig, dass auch Programme wie “Integration durch Sport” mit der Zeit gehen und sich verändern - was mit dem Innovationspanel 2023 bereits getan wurde. 

Das Innovationspanel, bestehend aus zwölf Expert*innen, hatte die Aufgabe, das Bundesprogramm und den verwendeten Integrationsbegriff sowie das Integrationsverständnis auf den Prüfstand zu stellen und Hindernisse für gelebte Teilhabe im Breitensport zu ermitteln – um Handlungsempfehlungen zu formulieren, die sich an das Bundesprogramm, aber auch an den organisierten Sport an sich wenden.  

Das Innovationspanel 2023: Unser gesellschaftliches Integrationsverständnis in der Kritik 

Zu Beginn wurde noch einmal die Ausgangslage dargestellt, die zur Umsetzung des Innovationspanel geführt hat. Darüber hinaus wurde ein kurzer Überblick über die Teilnehmer*innen gegeben und die Arbeitstermine aus dem vergangenen Jahr beleuchtet.  

Im Mittelpunkt stand die Frage „Was ist unser Integrationsverständnis? Von was reden wir und vor allem: von wem?“. Nach dem ersten Termin im Mai, der das gegenwärtige Integrationsverständnis analysiert hat, wurde klar: wir brauchen eine neutrale Alternative für den Begriff „Integration“, der zu stark im gesellschaftspolitischen Diskurs verhaftet ist.  

„Das Bundesprogramm zeigt hier seine Bereitschaft, sich zu exponieren und Einblicke zu geben – sowohl in die positiven Seiten von IdS, als auch Bereiche, in denen man sich Kritik stellen muss.“, sagt Özgür Özvatan, Leiter am BIM der Humboldt-Universität zu Berlin. 

Deshalb wurden drei Schlagworte – Leitbild für Vielfalt, Sprache und Teilhabe – mitgenommen und in einem zweiten Treffen im Juni Ansatzpunkte zu diesen Themenfeldern formuliert. 

Denn „Sprache, Leitbild und Teilhabe – das sind die Schrauben, an denen wir drehen müssen. Mit gemeinschaftlicher Tatkraft müssen wir daran feilen, das Programm weiterzuentwickeln und die Ergebnisse des Innovationspanels ernst nehmen.“, so DOSB-Vorständin für Sportentwicklung Michaela Röhrbein am Abend der Vorstellung. 

Eine Podiumsdiskussion, die zum Nachdenken anregt   

Auf dem Podium nahmen Martin Gerlach (Geschäftsführer der Türkischen Gemeinde Deutschland), Prof. Carmen Borggrefe (Abteilungsleiterin Institut für Sport und Bewegungswissenschaft der Uni Stuttgart), Michaela Röhrbein (Vorständin Sportentwicklung des DOSB), Niklas Grau (Referent beim RF-SISU Norrbotten Schweden) sowie Gerd Thomas (1. Vorsitzender des FC Internationale Berlin) Platz.  

Shelly Kupferberg moderierte die diskussionsfreudige Runde, in deren Mittelpunkt stand, den Integrationsbegriff aus den verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und die Frage zu beantworten, wie Menschen mit Migrationsgeschichte mitgenommen werden und wo die Probleme am dringendsten angegangen werden müssen. 

Besonders hervorgehoben wurde, dass sich alle, auch der DOSB, damit konfrontiert sehen, dass sie selbst nicht divers genug aufgestellt sind: „Wenn wir auf uns und unsere Geschäftsstelle schauen, müssen wir feststellen: Wir repräsentieren nicht die Vielfalt der Gesellschaft. Wir haben uns schon auf den Weg gemacht, aber wir haben auch noch große Hürden zu meistern im DOSB!“, laut Michaela Röhrbein.  

Martin Gerlach von der Türkischen Gemeinde Deutschland setzte dazu, dass „wir in den Dialog gehen, Gremien schaffen müssen, welche die Gesellschaft repräsentieren. Wir können die Zukunft nicht planen, wenn die Gegenwart nicht mit am Tisch sitzt.“ 

Klar wurde in der Gesprächsrunde aber auch, dass es unterschiedliche Anspruchshaltungen geben muss im Hinblick auf die Vereine auf der einen und die Verbände auf der anderen Seite. Vor allem die Verbände sind als zivilgesellschaftliche Organisationen in der Pflicht die Themen Haltung, Sprache und Teilhabe konsequent und nachhaltig zu verankern und umzusetzen und sich auch den schwierigen Fragen, wie z.B. einer Neuverteilung der vorhandenen Ressourcen, zu stellen. 

Und jetzt? Das Bundesprogramm startet in die Zukunft 

Der Abend in Berlin bildet zwar den Abschluss der Innovationspanel Phase, aber war gelichzeitig der Auftakt für einen ganzen Prozess, an dessen Ende eine strategische Neuausrichtung von IdS stehen soll. Um Worten Taten folgen zu lassen, startet ab März 2024 die Dialog-Tour von „Integration durch Sport“! Fünf Stopps in verschiedenen Bundesländern und Vereinen sollen Menschen aus dem Vereins- und Verbandsleben und dem Bundesprogramm die Möglichkeit geben, zu den Ergebnissen in direkten Austausch zu gehen. 

Dabei soll ein für Vereine entwickeltes Vielfalts-Radar als Online Tool vorgestellt und erprobt werden, um Vereinen niedrigschwellig die Möglichkeit zu bieten, ihre Diversität zu testen.  

Es geht weiter – für ein zukunftsgerichtetes Bundesprogramm „Integration durch Sport“  

(Quelle: DOSB)  


  • “Vielfalt im Sport – gelebte Teilhabe oder Lippenbekenntnis?” in der Bayerische Vertretung in Berlin (© DOSB/ Annette Riedl).
    “Vielfalt im Sport – gelebte Teilhabe oder Lippenbekenntnis?” in der Bayerische Vertretung in Berlin (© DOSB/ Annette Riedl).
  • Die Podiumsdiskussion mit Michaela Röhrbein, Niklas Grau, Gerd Thomas, Martin Gerlach und  Prof. Carmen Borggrefe (© DOSB/ Annette Riedl).
    Die Podiumsdiskussion mit Michaela Röhrbein, Niklas Grau, Gerd Thomas, Martin Gerlach und Prof. Carmen Borggrefe (© DOSB/ Annette Riedl).
  • Durch den Abend führte Moderatorin Shelly Kupferberg (rechts) (© DOSB/ Annette Riedl).
    Durch den Abend führte Moderatorin Shelly Kupferberg (rechts) (© DOSB/ Annette Riedl).