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„Bei positiv getesteten Athleten muss die Zuständigkeit bei Sportgerichtsbarkeit bleiben“

Dr. Andreas Eichler, kommissarischer Generaldirektor des DOSB, äußert sich im folgenden Statement zu einem Beitrag von Rechtsanwalt Markus Hauptmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 8. August 2006.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

08.08.2006

Statement

In meiner Funktion als Generalsekretär des DSB habe ich die Einrichtung und Arbeitsweise der Rechtskommission des Sports gegen Doping unter Leitung von Herrn Hauptmann begleitet. Seine persönlichen Äußerungen in der FAZ vom 8. August 2006 geben nicht in vollem Umfang die Konsequenzen wieder, die das DSB-Präsidium am 21. Oktober 2005 gezogen hat und die das neue DOSB-Präsidium aus guten Gründen übernommen und durch zusätzliche Maßnahmen weiterentwickelt hat.

 

Wir wollen von einer eindimensionalen Betrachtung im Anti-Doping-Kampf wegkommen. Selbstverständlich ist der Sportler, wenn er sich dopt oder dopen lässt, Teil des kriminellen Systems, eines Systems, das gewerbemäßig organisiert und vernetzt ist, wie wir an den letzten spektakulären Fällen wieder haben feststellen können.

 

Es geht aber um die Frage: Konzentrieren sich jetzt - auch unter politischer Profilierung – alle Bemühungen auf die Schaffung eines Straftatbestandes „Betrug“ für Sportler im Rahmen des StGB oder leiten wir Aktivitäten ein, die der Kompliziertheit der Thematik entsprechen und an dessen Ende ein komplexes Handlungspaket steht, an dem alle mitwirken: der autonome Sport, die Vollzugsbehörden, der Gesetzgeber. Sport und Staat sind gefragt.

 

Eine juristische Bewertung dazu hat in der Rechtskommission des Sports gegen Doping stattgefunden. Dort ist klar gesagt worden, dass die Möglichkeit einer Behandlung als Betrugskriminalität nicht gegeben ist, wohl aber die Besitzstrafbarkeit, und zwar nach schwedischer Regelung in Form einer Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelgesetz. Wenn es gelingen sollte, das Gefährdungspotenzial anaboler Steroide gleich zusetzen mit dem der dort genannten Drogen, könnte eine konsequente Strafverfolgung für Sportler eingerichtet werden, die diese Mittel besitzen. Bei positiv getesteten Athleten muss allerdings die Zuständigkeit bei der Sportsgerichtsbarkeit bleiben.

 

Deshalb hat die Kommission diesen Vorschlag entwickelt und die Präsidien von DSB und DOSB sind ihm gefolgt.

 

Das für eine solche Regelung erforderlich erachtete medizinische Gutachten sollte schnellstens in Auftrag gegeben werden, damit eine gesetzliche Machbarkeit geprüft werden kann. Gesetzliche Änderungen, die der juristischen Praxis nicht standhalten, sind im Kampf gegen Doping kontraproduktiv.

 

Im Übrigen enthält der Forderungskatalog des DSB, übernommen vom DOSB, insgesamt 12 unterschiedliche Maßnahmen, z.T. als Veränderungen des materiellen Rechts, als verfahrensrechtliche Vorschläge und als Veränderungen untergesetzlicher Normen. Dieses Paket hat sich offensichtlich auch der Sportausschuss des Deutschen Bundestages unter Leitung von Herrn Dr. Peter Danckert weitgehend zu Eigen gemacht, denn dort liegt ein entsprechender Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen vor, der sich ausdrücklich auf den Abschlußbericht der Kommission bezieht.

 

Fazit: Das Feld der Anti-Doping-Aktivitäten ist durch Vollzugs- und Regelungsdefizite gekennzeichnet. Es erfordert auch gesetzliche Maßnahmen, ist aber nur im Gesamtzusammenhang zu diskutieren und sollte frei von spezifischen Interessenlagen in Gemeinsamkeit von Sport und Staat bearbeitet werden. Die Perversion des Leistungsgedanken ist schließlich ebenfalls ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.

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