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Carolin Schäfer: Im neuen Leben angekommen

Im August 2024 beendete Siebenkämpferin Carolin Schäfer ihre Karriere. Seit Februar diesen Jahres arbeitet sie nun bei der hessischen Polizei.

DOSB Redaktion
Daniel Seehuber

28.04.2025

Bild-Kollage: Carolin Schäfer beim Weitsprung und neben einem Polizeiauto in Uniform
Carolin Schäfer beendete 2024 ihre sportliche Karriere und arbeitet nun bei der hessischen Polizei.

Mehr als ein halbes Jahr ist es her, als Carolin Schäfer ihren letzten Wettkampf bestritt. Bei den Olympischen Spielen in Paris trat die 33-Jährige von der Leichtathletik-Bühne ab, auf der sie als Siebenkämpferin viel erreicht hatte. Die Athletin von Eintracht Frankfurt wurde Vize-Weltmeisterin, nahm dreimal an Olympia teil - und erlebte im August 2024 einen Abschluss, den sie sich nicht schöner hätte ausmalen können. „Das war sehr emotional, sehr bewegend“, erinnert sich die gebürtige Bad Wildungerin, der einst im Sportinternat am Olympiastützpunkt (OSP) Hessen der Sprung vom Nachwuchsleistungs- in den Spitzensport gelang. Danach schlug sie eine duale Karriere ein, wurde in die Polizeisportfördergruppe aufgenommen - und entwickelte sich zur Weltklasseathletin. Im Februar hat Schäfer ihre erste Stelle bei der hessischen Polizei angetreten - in der Verwaltung, im Bereich Aus- und Fortbildung. „Ich wachse Schritt für Schritt in mein neues Leben rein. Die Umstellung ist groß, aber es fühlt sich gut an.“

Schäfers Weg zeigt exemplarisch, wie praxistauglich das hessische Fördersystem ist. Als Mitglied der Polizeisportfördergruppe konnte sie an allen wichtigen Trainingseinheiten, Trainingslagern und Wettkämpfen teilnehmen. Weil das Studium von drei auf viereinhalb Jahre gestreckt wird - und weil die Stundenpläne flexibel gestaltet werden können. Nach ihrem Abschluss war sie freigestellt, konnte sich komplett auf den Sport konzentrieren - die Basis für große Erfolge. Im Mai 2017 erzielte Schäfer 6.836 Punkte - ihre Bestleistung. Drei Monate später gewann sie Silber bei der WM in London, im August 2018 sprang in Berlin EM-Bronze heraus. „Ohne das hessische Fördersystem hätte ich es nicht so weit gebracht“, ist Schäfer dankbar für die jahrelange Begleitung. Besonders geprägt habe sie die Internatszeit in Frankfurt, in das sie als 16-Jährige zog. „Das war für mich eine einmalige Chance. Ich konnte herausfinden, wie gut ich wirklich bin und wie erfolgreich ich werden kann. Außerdem habe ich in dieser Zeit viele Freundschaften geschlossen, die bis heute halten.“

Die vergangenen Monate nutzte Schäfer, um sich zu sortieren. Um abzutrainieren. Und um den Abschied vom Leistungssport zu verarbeiten, der fast 20 Jahre lang ihr Leben bestimmt hatte. „Ich brauchte einen emotionalen Cut und habe den vollen Rückhalt meines Arbeitgebers bekommen“, betont Schäfer. Sie war viel auf Reisen, entdeckte die Natur für sich - und stellte sich grundlegende Fragen. „Ich musste herausfinden, was ich mit meinem restlichen Leben anstellen will und worauf ich neugierig bin.“ Als Leistungssportlerin war Schäfers Blick eingeschränkt. „Mein Alltag war sehr monoton - und mit vielen Fesseln verbunden“, sagt die 33-Jährige. Sie war auf sich und ihren Körper fokussiert, so wirklich abschalten konnte sie nicht. Erst nach dem Karriereende in Paris fiel der Druck ab. „Ich habe nie bereut, diese Entscheidung getroffen zu haben.“ Schäfer genießt es, Zeit mit ihrem Lebensgefährten und zugleich Ex-Trainer zu verbringen - und mit vielen weiteren Menschen, die jahrelang zurückstecken mussten. „Ich kann wieder mehr nach rechts und links schauen.“ Sie freut sich über die freien Wochenenden - und darüber, dass sie ihre Freizeit frei gestalten kann. „Ich gehe gerne auf Konzerte oder Schlittschuhlaufen. Das war früher kaum möglich, weil dabei die Verletzungsgefahr zu groß ist.“

Olympia 2028 auf der Agenda

Welche Rolle wird der Sport in Schäfers neuem Leben einnehmen? Eine Frage, die sie noch nicht beantworten kann. „Ich mache derzeit nur selten Sport, weil ich ihn für mich neu definieren muss.“ Jahrelang war ihr Antrieb, mit jeder Einheit besser zu werden. Zehn Monate im Jahr trainierte sie, um am Tag X im Wettkampf zu performen. „Das hat mir einen Adrenalinkick gegeben, der mir fehlt“, gibt Schäfer zu. Sie brauche derzeit Distanz zum Sport, könne sich aber vorstellen, wieder Teil der Leichtathletik-Szene zu sein. „Olympia 2028 steht auf meiner Agenda - als Zuschauerin.“ Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie besonders das olympische Flair ist. Und kann sich sicher ausmalen, wie schön Olympia auch in der Rolle als Zuschauerin sein kann. Doch im Moment geht Carolin Schäfer in ihrem neuen Leben auf - mit einem ganz normalen Alltag.

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