Der frühe Vogel fängt den Wurm
Elisabeth Hartmann aus Algermissen ist immer die Erste, wenn es um das Deutsche Sportabzeichen geht – selbst bei Eis und Schnee

03.08.2012
Aktive gibt es ja viele. Und dass diese auch am Neujahrstag Läufe veranstalten, statt nach dem Feiern auf der so genannten faulen Haut zu liegen, ist inzwischen weit verbreitet. Elisabeth Hartmann allerdings hat oft schon am 3. Januar die ersten Sportabzeichen-Disziplinen abgelegt. Auch in diesem Jahr zog die 72-Jährige kurz nach dem Jahreswechsel im Hallenbad ihre Runden und erfüllte die Norm. Ein paar Tage später saß sie auf dem Rad. „Ich brauche das. Sobald ein Jahr begonnen hat, ist das für mich auch die neue Saison für das Sportabzeichen“, sagt Elisabeth Hartmann. Die Begründung ist genauso sympathisch wie vorausschauend. „Man weiß ja nie, was so passiert, man kann sich ja zum Beispiel ein Bein brechen. Und falls mir so etwas passiert, habe ich zumindest das Sportabzeichen schon“, lacht die Rentnerin. Immer um den 20. Januar herum ist sie fertig mit allen Disziplinen. Und auch die Prüfer wissen inzwischen, dass im Januar Frau Hartmann los legt. „Sie ist immer die Erste, ihre Energie ist unerschöpflich“, sagt der Sportabzeichen-Referent des TV Eintracht Algermissen e.V., Wilfried Moch. Selbst eine Knie-Operation im November 2011 konnte sie nicht bremsen.
Aufwärmen mit Babybauch
55 Mal in Folge hat Elisabeth Hartmann das Sportabzeichen in Gold inzwischen wiederholt. Da sie dreifache Mutter ist, erklärt sich von selbst, dass sie selbst in den Jahren, in denen die Kinder geboren wurden, keine Pause eingelegt hat. Ihre erste Tochter kam im September 1964 zur Welt. „Das war schon ganz schön spät und ich musste mich in den letzten Monaten des Jahres ziemlich beeilen, um das Sportabzeichen noch zu schaffen. Es hat aber geklappt“, erinnert sie sich schmunzelnd. Genauso lief es auch in den Jahren 1968 und 1971 nach der Geburt der weiteren Kinder. Ihr heute 44-jähriger Sohn hat sich vom Ehrgeiz der Mutter auch anstecken lassen und selbst einige Sportabzeichen abgelegt. Die grenzenlose Euphorie, jedes Jahr den Test zu bestehen, hat er aber nicht geerbt. Mehr Erfolg hat Elisabeth Hartmann bei ihren Enkeltöchtern Hannah und Martha, die sich gerne von ihrer Oma unterstützen lassen und auch den einen oder anderen Tipp von ihr annehmen. Dass die Mädchen mit Eifer dabei sind, freut Elisabeth Hartmann aber auch aus einem anderen Grund: „Ich hoffe, dass wir das Familiensportabzeichen bekommen, das fehlt mir nämlich noch in meiner Sammlung“, sagt sie.
Fit wie ein Turnschuh – selbst wenn sie keine hat
Wenn die 72-Jährige aus Algermissen bei Hildesheim heute in ihre Sportschuhe steigt, erinnert sie sich auch oft an andere Zeiten. 1958 zum Beispiel legte sie als 18-Jährige die 2.000 Meter ohne Schuhe zurück. „Damals gab es ja noch keine Sportplätze mit Aschebahn bei uns und Laufschuhe hatte ich auch nicht, also bin ich auf der Landstraße zwischen Algermissen und Bledeln barfuß gelaufen“, erzählt sie. Und das schaffte sie damals in 8:31,80 Minuten. Ihr unermüdlicher Ehrgeiz sprach sich auch über die Grenzen von Algermissen hinaus schnell herum. 2007 wurde Elisabeth Hartmann nach Heidelberg eingeladen und war Gast in der Fernsehsendung „ARD Buffet“, wo sie unter anderen den einst weltbesten 400-Meter-Hürdenläufer Harald Schmid und die Siebenkämpferin Sabine Braun traf. „Das war schon eine besondere Ehre“, freut sie sich noch heute.
2013 feiert das Deutsche Sportabzeichen sein 100-jähriges Bestehen. Dann werden sich auch die Bedingungen ändern. Elisabeth Hartmann sieht das als persönlichen Ansporn. „Ich denke, es wird mit den neuen Normen etwas schwieriger und ich bin gespannt, ob ich diese dann schaffe.“ In ihrem Umfeld zweifelt niemand daran. Aber für den Fall, dass es in ein paar Jahren vielleicht wirklich nicht mehr für sie zu schaffen ist, hat Elisabeth Hartmann auch schon vorgesorgt. Sie ist seit 2010 auch Prüferin und wird so dem Deutschen Sportabzeichen noch lange erhalten bleiben.
Quelle: wirkhaus