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"Der ganze Sport mit einer Stimme" - Kicker Interview mit NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

06.12.2005

Die Zeitschrift Kicker hat am Montag (05.12.2005) ein ausführliches Interview mit NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach veröffentlicht. Das Gespräch wurde von Steffen Haffner, ehemaliger Ressortleiter Sport der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geführt, der seit Beginn des Jahres auch dem Herausgeberkollegium der Zeitschrift Olympisches Feuer angehört.

 

Das Interview im Wortlaut:

 

Kicker: Herr Dr. Steinbach, kommt die Fusion des deutschen Sports am Samstag zustande oder bringt das NOK sie zu Fall?

Dr. Steinbach: Ich erwarte, dass die Fusion zustande kommt. Eine Vielzahl von Verbesserungswünschen ist in die neue Satzung eingeflossen. In der Strukturkommission von DSB und NOK haben wir einen tragfähigen Konsens gefunden. Ich bin zuversichtlich, dass in der Mitgliederversammlung des NOK die notwendige Mehrheit von 75 Prozent erreicht wird.

 

Kicker: Es hält sich das Gerücht, dass fünfzehn persönliche NOK-Mitglieder sowie fünf Wintersportverbände und ein Sommersportverband gegen die Fusion stimmen wollen. Beunruhigt Sie das?

Dr. Steinbach: Das ist genau die Qualität: ein Gerücht. Das ist in nichts begründet. Es gab in Medien schon Namenslisten von Nein-Sagern. Von denen haben sich eine ganze Reihe an uns gewandt und sich von der Veröffentlichung distanziert. Sie wären nicht gegen eine Fusion, sondern würden nur kritisch-konstruktiv für eine Fusion mitarbeiten.

 

Kicker: Gerät im neuen Sportbund nicht der Breitensport unter die Räder?

Dr. Steinbach: Ganz und gar nicht. Das neue Dach des deutschen Sports braucht die Klammer von Breitensport und Spitzensport. Der neue olympische Sportbund wird beide gleich bedeutenden Felder besser als bisher zusammenbinden können. Und es war wichtig, dass sich DSB und NOK in dieser Frage nicht haben auseinander dividieren lassen. Zwei Beine können nur schnell laufen, wenn sie gleich groß und gleich stark sind.

 

Kicker: Wer soll die Vermarktung des neuen Sportbundes übernehmen?

Dr. Steinbach: DSB und NOK sind sich darin einig, dass es eine einheitliche Vermarktung unter einer starken und erfolgreichen Marketing GmbH geben soll. Dazu bietet sich die Deutsche Sport Marketing an. Wir wollen darüber hinaus im Sinne einer herausgehobenen Partnerschaft das Engagement des Hauses Burda beim DSB in die zukünftige Vermarktung integrieren. Gerade in Sachen soziales Engagement hätte das Haus Burda reiche Entfaltungsmöglichkeiten. Wir messen einer solchen Verbindung einen großen Stellenwert bei.

 

Kicker: NOK-Ehrenmitglied Klaus Kotter hat gefragt: Sind die NOK-Mittel die Sterbekasse des DSB? Wie sehen Sie die finanziellen Risiken der Fusion?

Dr. Steinbach: Die NOK-Mittel sind nun wirklich nicht die Sterbekasse des DSB. Die Situation beim DSB sah nach den Finanzberichten 2003 und 2004 wirklich nicht gut aus. Das Konsolidierungsprogramm und höhere Erträge aus der Glücksspirale haben inzwischen dazu beigetragen, dass das erwartete Defizit in diesem Jahr nur noch halb so groß ist. Die Talsohle wird durchschritten. Die Finanzen des DSB sind auf gutem Weg zur Konsolidierung. Und die Schatzmeister von NOK und DSB haben festgestellt, dass die Fusion wirtschaftlich vertretbar ist.

 

Kicker: Was ist, wenn das NOK den „Dopingopfer-Prozeß“ verliert und umfangreiche Entschädigungszahlungen an die Dopingopfer zu leisten hätte?

Dr. Steinbach: Ich gehe nicht davon aus, dass dieser Fall eintritt. Insgesamt ist jeder Fall einzeln zu betrachten. Und wenn ein Prozeß negativ ausgeht, werden wir uns dem stellen.

 

Kicker: Warum soll es nun doch beim Namen Deutscher Olympischer Sport-Bund bleiben und die neue Organisation nicht, wie gerade vom DSB-Hauptausschuss gefordert, Deutscher Sport- und Olympiabund heißen?

Dr. Steinbach: Wir fanden in der Strukturkommission das Kürzel und den Namen eingängiger und insbesondere auch für die Vermarktung geeigneter.

 

Kicker: Das bewerten einige Landessportbünde anders, die darin sowie in der Frage ihres Stimmenanteils die Missachtung eines demokratischen Votums sehen. Scheitert daran die Fusion?

Dr. Steinbach: Zunächst eine Klarstellung: Am vorletzten Samstag haben das NOK in einer Arbeitstagung, der DSB in einer Hauptausschuss-Sitzung letzte Anregungen für die Satzung erarbeitet. Die Satzung stellt sicher, ass die Landessportbünde bei Satzungsänderungen und bei Fragen zu den Mitgliederbeiträgen stets mehr als ein Drittel der Stimmen besitzen und nicht von einer Zweidrittel-Mehrheit überstimmt werden können. Und zur Frage des Namens: ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fusion daran scheitert.

 

Kicker: Die 33 olympischen Fachverbände haben vor gut einer Woche eine Professionalisierung im Sinne des Spitzensports gefordert. Wie wird dem Rechnung getragen?

Dr. Steinbach: Ja, Vor allem dadurch, dass die hauptamtlichen Spitzenkräfte der Verbände und der beteiligten Institutionen wie der Sporthilfe in einem Beirat Leistungssportentwicklung den hauptamtlich Verantwortlichen im Direktorium des DOSB zuarbeiten.

 

Kicker: Wo sehen sie die Vorteile einer Fusion?

Dr. Steinbach: Vor allem darin, dass die dann einzige Dachorganisation des deutschen Sports mit einer Stimme spricht. Die Kommunikationswege dürften direkter und damit wesentlich effizienter werden und die Vermarktung ließe sich optimieren. In diesem Punkt sind wir sicher, dass es noch eine ganze Menge Entwicklungspotential gibt, wovon nicht zuletzt der Breitensport profitieren würde.

 

Kicker: Wären Sie bereit, für das Präsidentenamt im neuen Sportbund zu kandidieren?

Dr. Steinbach: Wir haben uns geeinigt, dass wir erst einmal die Entscheidung zur Fusion abwarten. Wir wollen von dieser Linie, erst die Sachfragen und dann die Personalfragen zu klären, nicht abgehen. Wir haben die Diskretion so lange erfolgreich bewahrt, jetzt halten wir die letzten fünf Tage bis zur Fusion auch noch durch.

 

Kicker: Könnten Sie die sehr arbeitsintensive Tätigkeit eines DOSB-Präsidenten mit Ihren beruflichen Belastungen in Ihrer Klinik vereinbaren?

Dr. Steinbach: Auch die Belastung als NOK-Präsident ist groß. Ich habe mich ganz intensiv mit der Olympiabewerbung von Leipzig befasst und habe die Olympischen Spiele von Athen hinter mich gebracht. Zwischendurch haben wir einen Umzug des NOK nach Berlin diskutiert. Und seit gut einem Jahr hält uns das Thema Fusion in Atem. Und gleichzeitig bereite ich eine Fusion meiner Klinik mit unserer Schwester-Klinik vor. Aber es geht mit einem guten Team und intensiver Abstimmung.

 

Kicker: Sie werden in gut zwei Monaten als Chef de Mission die Olympiamannschaft bei den Winterspielen führen. Was erwarten Sie von den deutschen Athleten?

Dr. Steinbach: Unsere Athleten zeigen schon jetzt, wie gut sie in Form sind. In Nagano 1998 war die deutsche Mannschaft die Nummer eins in der Welt, in Salt Lake City 2002 ganz knapp hinter Norwegen die Nummer zwei. Ich erwarte, dass unsere Olympiamannschaft wieder um die Spitze im Wintersport mitkämpft.

 

Kicker: Wie ist Ihr Eindruck von den organisatorischen Vorbereitungen? Kommt es zum Verkehrschaos ?

Dr. Steinbach: Wir wissen seit sieben Jahren, dass die Spiele in den Bergen stattfinden. Die Straßen sind nicht breiter zu machen, die Kurven nicht zu begradigen. Wir haben gemeinsam mit unseren Wintersportverbänden sehr intensiv gearbeitet. Wir haben mehr Raum für unsere Athleten in den Olympischen Dörfern erreicht und zusätzlich Quartiere angemietet oder sogar gekauft, damit unsere Athleten möglichst nah an den Wettkampfstätten sind.

 

Kicker: Herr Dr. Steinbach, Sie sind drei Jahre als NOK-Präsident im Amt. Welche Erfahrungen haben Sie in dieser Zeit gemacht?

Es war eine sehr, sehr spannende Zeit. Der Umfang und die Intensität der Arbeit haben mich überrascht. Ich habe mich daran gewöhnen müssen, dass es leider auch unbegründete, persönlich verletzende Kritik in den Medien gibt. Das tut mir nach wie vor weh. Wobei ich mit sachlicher Kritik durchaus umgehen kann. Unterm Strich ist es eine hochinteressante Lebensschule.

 

Was hat Ihnen über die Tiefs hinweggeholfen und zu dem Schluss gebracht: Es lohnt sich – trotz allem?

Ich genieße die Nähe zum Sport und zu den Athleten. Wenn ich mich daran erinnere, wie unsere Hockey-Damen in Athen Olympiasieger geworden sind. Das war so sensationell und so schön, diese Freude zu erleben.

Interview: STEFFEN HAFFNER

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