Zum Inhalt springen

Die Finalisten "Stern des Sports" in Gold 2010

Die drei Siegervereine "Stern des Sports" in Gold 2010 Karate-Team Reutlingen, Judo Club Folsterhöhe Alt-Saarbrücken und SV Rot-Weiß Viktoria Mitte werden im Porträt vorgestellt.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

07.02.2011

Karate-Team Reutlingen: Erst Sport, dann Lesen

In Asien ist der Drache ein Glücksbringer und ein Symbol der Stärke. Kinder sind von Drachen und Drachengeschichten fasziniert. Diese beiden Aspekte hat sich das Karate-Team Reutlingen bei seinem Angebot „Drachenstark“ zu Nutze gemacht. Der Verein schafft dabei spielend leicht eine originelle und einzigartige Kombination aus Bewegung und Lesen. Die Landesjury war von diesem Konzept so überzeugt, dass sie es mit dem „Großen Stern des Sports“ in Silber 2010 auszeichnete.

Die ersten Bausteine für sein Modulsystem hat der Verein 2008 entwickelt. Die Idee dazu kam von einer Trainerin des Karate-Teams, die als Sonderpädagogin Deutsch und Sport unterrichtet. Sie erlebte hautnah, dass immer mehr Kinder gerade in diesen beiden Bereichen Defizite zeigten. Bei „Drachenstark“ werden deshalb Motorik, Lesekompetenz, Prävention/Selbstbehauptung und Kreativität gleichermaßen gefördert werden.

Im Modul „Bewegung“ geht es um Körperbeherrschung, Koordination und Gleichgewicht. Nach dem Sport werden dann Vorurteile gegen das Lesen abgebaut. Die Kreativität wird durch das Erfinden eigener Drachengeschichten gefördert. Im Umgang miteinander werden die Kinder dafür sensibilisiert, wie sie Konflikte erkennen und lösen. Geplant ist ein weiterer Baustein zum Thema „Gesunde Ernährung“.

Optisch hat die Maßnahme viel zu bieten: Für jedes Kind gibt es einen eigenen Drachenordner, der die persönliche Entwicklung dokumentiert. Hier sammeln sie die Ergebnisse der Drachenprüfung, eigene Drachengeschichten oder Bilder. Für die Trainer/-innen wird mit den Drachenordnern die Vorbereitung der Stunden leichter.

Dem Zusammenspiel von Bewegung und Intelligenz auf der Spur
Im Zusammenhang mit „Drachenstark“ ist der Verein aus Württemberg dabei, ein regionales und überregionales Netzwerk aufzubauen. Im Mittelpunkt steht das Zusammenspiel von Bewegung und Intelligenz bzw. geistiger Entwicklung. Viele Wissenschaftler und Pädagogen haben schon Interesse an einer Zusammenarbeit signalisiert. Dabei ist das Wichtigste aber nicht die Theorie, sondern die Praxis.

Die Kinder, die schon bei „Drachenstark“ mitmachen, haben deutlich mehr Interesse am Lesen und Lernen entwickelt, außerdem wächst die Eigeninitiative. Der Umgang in der Gruppe wird besser bzw. kommunikativer, Aggressionen nehmen ab. Aber auch der Verein profitiert von „Drachenstark“ – über die Kombination von Lesen und Sport hat er sich eine völlige neue Möglichkeit erschlossen, mehr Mitglieder anzuwerben.

Judo Club Folsterhöhe Alt-Saarbrücken: Kontaktbörse statt Supermarkt


Die Folsterhöhe in Saarbrücken hat nicht den besten Ruf. Über 40 % der Bewohner haben Migrationshintergrund, fast 30 % sind beim Lebensunterhalt auf staatliche Unterstützung angewiesen. Mit seinem Angebot „Treffpunkt statt Brennpunkt“ übernimmt der Judo Club Folsterhöhe hier wichtige gesellschaftliche Aufgaben: Er bietet gerade für Kinder und Jugendliche sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten, die weit über den Sport hinausreichen. Für diese Initiative bekam er von der Landesjury im Saarland den „Großen Stern des Sports“ in Silber 2010.

Den Grundstein für das Angebot legte die Immobiliengruppe Saarbrücken im Jahr 2009. Damals überschrieb sie dem Sportverein das Gebäude eines früheren Supermarkts. Die Mitglieder bauten den früheren Laden in Eigenregie um. Die Ehrenamtlichen haben so über mehrere Wochen eine Sport- und Freizeithalle gebaut, die in der Hochhaussiedlung zur wichtigen Anlaufstelle geworden ist. Sie steht für alle offen, jeden Tag, sogar in den Ferien.
Schon das Sportangebot des Vereins kann sich sehen lassen. Training in Judo, Kickboxen, Muay Thai und Jeet Kune Do hat der Judoclub Folsterhöhe genauso im Programm wie Kinderturnen, Wassergymnastik oder Ball- und Brettspiele. Darüber hinaus bietet der Verein aber auch kostenlose Computerkurse, Hausaufgabenbetreuung und Bewerbungstraining an.

Der Judo Club Folsterhöhe ist der einzige Verein, der in der Hochhaussiedlung am Stadtrand von Saarbrücken stadtteilbezogene offene Jugendarbeit in Angriff nimmt. Er bemüht sich um Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit, z.B. indem er die Mitgliedsbeiträge sozial verträglich gestaltet. Mit seinem Engagement will der Sportverein gerade Kindern und Jugendlichen in einem schwierigen Umfeld, den Start in ein besseres Leben ermöglichen. Über den Sport sollen sie im Verein Teamgeist, Toleranz und Verantwortung lernen.
Immer wieder macht der Club durch seine Jugendarbeit positive Schlagzeilen, unter anderem haben vier Jugendliche eine eigene Stadtteilzeitung für die Folsterhöhe auf den Weg gebracht, den „Brennpunkt“. Natürlich werden sie auch darüber berichten, wie der Verein im Bundesfinale der „Sterne des Sports“ in Gold am 07. Februar abschneidet.

SV Rot-Weiß Viktoria Mitte: Sprachentwicklung durch Sport


„Gib mich die Kirsche!“ So hat der ehemalige Borussia Dortmund-Stürmer Lothar Emmerich einst von seinem Mitspieler den Ball gefordert. Was damals funktionierte, würde heute beim SV Rot-Weiß Viktoria Mitte 08 e.V. einen „linguistischen Freistoß“ nach sich ziehen. Denn hier geht der sportliche Erfolg nur über die korrekte Verwendung der deutschen Sprache. Der Verein konnte mit seiner Maßnahme „Sprachentwicklung durch Sport“ überzeugen und bekam von der Berliner Volksbank eG und dem Landessportbund Berlin den „Großen Stern des Sports“ in Silber verliehen.

Als der SV Rot-Weiß Viktoria Mitte 08 die Betreuung einer Arbeitsgemeinschaft „Fußball“ an der Gustav-Folke-Grundschule im Berliner Bezirk Mitte übernommen hatte, ging es zunächst nur darum, das runde Leder so oft wie möglich ins gegnerische Tor zu befördern. Doch bald wurde klar, dass bei den Kindern nicht nur die fußballerischen Fähigkeiten weiterentwickelt werden mussten. Die Kommunikation auf dem Spielfeld war geprägt durch einen rüden Umgangston und sprachliche Defizite. Die Kinder verwendeten einen „Ghettoslang“, wobei ihnen selbst die einfache Verwendung der deutschen Sprache nur mangelhaft gelang.

Hier musste etwas getan werden – ein neues Regelwerk musste her und die Lösung hieß: Sprachfoul! Fortan wurde jeder, der ein Schimpfwort benutzte, nicht in richtigen Sätzen sprach, Wörter „verschluckte“ oder einfach zu faul war, korrekt zu sprechen, zurückgepfiffen. Das Finden der richtigen Worte und des korrekten Satzbaus war anfangs erklärungs- und zeitintensiv. Doch Erfolgserlebnisse stellten sich schnell ein. Auf dem Spielfeld waren mit einem Mal vollständige Sätze wie „Pass auf, dass Du den Pass mit der Innenseite spielst“ zu hören. Und Lehrer und Erzieher berichteten, dass sich die Maßnahme positiv auf den Schulalltag augewirkt habe. Neben dem hohen Lerneffekt kommt der Spaß am Spiel aber nicht zu kurz – wie die große Nachfrage an dem Projekt belegt.

Das Konzept hat sich bewährt. Nun soll das Beispiel Schule machen. Für die Zukunft hat der Verein weitere AGs geplant. Neue Kooperationen mit Grundschulen sind in Planung. Der Verein, der sich selbst als kosmopolitisch und weltoffen bezeichnet, will das Konzept auch in Kitas mit hohem Migrantenanteil umsetzen, in ein wenig abgewandelter Form.

Das Tempo, das der Berliner Verein bei der Ausgestaltung seiner Maßnahme vorlegt ist sinnbildlich für seine Gesamtentwicklung. 2008 gegründet – also gerade einmal vor zwei Jahren - stieg die Mitgliederzahl im selben Jahr auf 180 und wuchs 2009 auf 400 an. Aktuell zählt der Verein 1.100 Mitglieder, bis zum Jahresende sollen es 1.500 sein.

Der SV Rot-Weiß Viktoria Mitte hat seinem Namen alle Ehre gemacht und den „Großen Stern des Sports“ in Silber auf Länderebene gewonnen. Der LSB Berlin und die Berliner Volksbank, die sich zum fünften Mal in Folge an den „Sternen des Sports“ beteiligt, überzeugte die ungewöhnliche Idee und der Ansatz, Sprache als unabdingbares Bindeglied zwischen den Kulturen zu fördern. Mit Spannung kann erwartet werden, wie das neuartige Konzept des Sportvereins auf der Bundesebene des Wettbewerbs bewertet wird. Im Februar 2011 werden in der Berliner DZ-BANK die „Sterne des Sports“ in Gold vergeben und die Berliner sind der erste Verein, der sich für die Abschlussgala qualifiziert hat. 

Imagefilme aller drei Siegervereine finden Sie hier >>>

Title

Title