Die Preise sind heiß
IdS-Vereine haben zuletzt auffallend viele Auszeichnungen erhalten. Lohn für gute Arbeit – und Anreiz, sich vermehrt an Wettbewerben zu beteiligen. Zumal es dort nicht nur um Geld geht.

10.07.2012

Die mit Stern sind natürlich besonders beliebt, denn sie zählen zu den wertvollsten. Den wertvollsten Preisen nämlich, die interkulturell engagierte Sportvereine in Deutschland gewinnen können. Der Mercedes-Benz-Integrationspreis des Deutschen Fußball-Bundes und die Sterne des Sports, vom DOSB und dem Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken vergeben, bereichern ihre Träger ausnehmend hoch – materiell wie ideell. Wer dort abräumt, landet schon mal in der „FAZ“ oder in den „Heute“-Nachrichten.
So wie die MTG Horst Essen und der VFL Fontana Finthen in diesem Jahr. Im Februar respektive Mai bekamen ihre Vertreter den „Großen Stern des Sports in Gold“ (Essen) beziehungsweise den DFB-Preis überreicht (Finthen). Damit verbunden waren 10.000 Euro im einen Fall, ein Mercedes Vito im anderen und ein warmer Publicity-Regen in beiden.
DFB-Integrationspreis
Seit 2007 schreiben Deutscher Fußball-Bund und Mercedes-Benz einen Integrationspreis aus. Mit Blick auf die Frauen-WM 2011 war er bisher vor allem an Projekte im Mädchenfußball vergeben worden. Dieser Fokus soll laut DFB weiterhin gelten, nun werde „allerdings auch Jugendfußball stark gewichtet“. Grundsätzlich müssen Bewerber unter anderem folgende Kriterien erfüllen:
- Förderung sozialer und interkultureller Kompetenz und von Fairplay
- Maßnahmen zur Gewinnung von Ehrenamtlichen und aktive Einbeziehung der Eltern und Familien besonders verschiedener Herkunft
- Förderung des Kinder- und Jugendfußballs (auch mit Rücksicht auf kulturelle Unterschiede)
- lokale Vernetzung (mit städtischen und sozialen Organisationen, Migrantenselbstorganisationen, Schulen etc.)
Essen wie (Mainz-)Finthen sind Stützpunkte von „Integration durch Sport“ (IdS) - zwei von vielen Programmpartnern, die sich zuletzt erfolgreich um Integrations- und Engagementpreise bewarben. Seit 2010 wurden etwa in Baden-Württemberg fünf, in Bayern sieben, in Berlin acht verschiedene IdS-Akteure ausgezeichnet, das Gros mehr als einmal. In Hessen waren es gar an die 20, denen Lob, Ehre und meistens Geld zuteil wurden: durch Länder, Kommunen, Verbände, Stiftungen, Unternehmen – oder auch Medien: Die „Frankfurter Rundschau“ vergibt seit 1998 den mit 5000 Euro dotierten Schlappekicker-Preis für sozial engagierte Sportvereine oder -gruppen.
Wettbewerb ist in
Die Erfolge in Folge haben mehrere Gründe, voran die Qualität der Integrationsarbeit. Es gibt aber auch einen ganz banalen: die vielen Ausschreibungen. Julia Sandmann, Programmleiterin von IdS Baden-Württemberg, sagt: „Es gibt immer mehr Preise zu Integrationsthemen, aber auch Wettbewerbe mit passender Schnittmenge. Da geht’s dann um Partizipation oder um interkulturelles oder bürgerschaftliches Engagement.“ Für die Vereine bedeutet das ein Mehr an Möglichkeiten, Finanzen und Image aufzubessern.
Selbstredend lebt Integrationsarbeit nicht von Preisgeldern, nicht von Aufmerksamkeit und Anerkennung durch Sieger-Siegel, sondern von der regelmäßigen Förderung durch das Programm. Freilich lebt es sich mit ihnen besser. Im Übrigen hängen Basis und Bonus zusammen: Jede Unterstützung bedeutet einen Gewinn für die gemeinsame Sache, und preiswürdige Arbeit entsteht ja erst durch nachhaltige Förderung. Überdies kommen die meisten Einreichungen von Vereinen mithilfe der jeweiligen Landeskoordination zustande. Sie leiten Ausschreibungen weiter – IdS Baden-Württemberg hat etwa 50 Wettbewerbe auf seiner Liste –, fordern teils noch extra zur Bewerbung auf, überprüfen Anträge oder helfen bei deren Erstellung.
Der Aufwand einer Bewerbung ist ja nicht gering. Ob er sich lohnt, hängt von der Größe des Wettbewerbs und dem Empfänger ab. „Gerade ehrenamtlich geführte Vereine schaffen das manchmal nicht“, sagt Kristjana Krawinkel, IdS-Koordinatorin in Diensten des Hamburger Sportbundes (HSB). Sie empfiehlt in solchen Fällen trotzdem Teilnahmen, speziell an Ausschreibungen mit guten Gewinnchancen. So loben die meisten der sieben Hamburger Bezirke eigene Integrationspreise aus. Julia Sandmann macht bei den Stützpunkten in Baden-Württemberg einen Trend aus, Bewerbungen in Eigeninitiative zu erstellen. „Die Vereine erkennen allmählich, dass, wenn sie gute Arbeit machen, sie durch Wettbewerbe an Drittgelder herankommen können.“
Das Geld fließt zurück
Je mehr Gelder, desto besser. Kristjana Krawinkel nennt etwa die Bewerbung für die Sterne des Sports „ein Muss“. Der 2004 eingeführte Wettbewerb findet erst auf kommunaler (Sterne in Bronze) und Landesebene statt (in Silber), bevor er im Bundesfinale gipfelt. Mit dem Einzugsgebiet steigen die Preissummen und die Chancen umfangreicher Projekte, sei es die Abteilung eines Großvereins wie „United Sports“ bei MTG Horst Essen oder eine kleinere, in Gänze integrativ arbeitende Organisation wie die Taekwondo Sharks. Nicht einmal 100 Mitglieder stark – über die Hälfte mit Migrationshintergrund –, gewannen die Hamburger 2011 den mit 5000 Euro dotierten Großen Stern in Silber und dazu den vom HSB mit 2000 Euro dotierten „Fritz-Bauer-Preis für besonderes ehrenamtliches Engagement“.
Siebentausend Euro sind für die Sharks „eine Riesensache“, sagt Krawinkel. Das ganze Projekt profitiere: Trainerausbildungen wurden bezuschusst, Taekwondo-Anzüge gekauft, gemeinsame Aktivitäten finanziert. Sowieso stärkt so ein Sieg nicht nur den Haushalt. Sondern auch den inneren Zusammenhalt, das Standing bei Verbänden und Ämtern, die Wahrnehmung durch Firmen, nicht zuletzt die Mitgliederwerbung. „Ein Preis für die Jugendarbeit kann Vertrauen schaffen. Zum Beispiel bei Eltern, die überlegen, in welchen Verein sie ihr Kind schicken“, sagt Hamburgs IdS-Koordinatorin.
Sterne des Sports
Die 2004 von DOSB und Volksbanken Raiffeisenbanken gestartete Initiative belohnt das soziale Engagement von Sportvereinen. Auf erster Stufe von den örtlichen Banken ausgeschrieben, sieht sie Auszeichnungen und Geldprämien auf kommunaler, Landes- und Bundesebene vor. „Integration“ ist eins von zehn möglichen Bewerbungsthemen, ebenso wie „Gesundheit“, „Klima- und Umweltschutz“ oder „Vereinsmanagement“. Einreichungen werden bundeseinheitlich mit Punkten und acht Kriterien bewertet. Dazu zählen
- die Dauerhaftigkeit von Maßnahmen und Programmen (je länger, desto besser)
- die lokale Bedeutung: Initiativen sollen sich möglichst konkret an Problemen vor Ort orientieren
- die gesellschaftliche Resonanz, etwa bei politisch Verantwortlichen
- Gewinnen von Teilnehmer(-inne)n: Nimmt die Zielgruppe das Projekt nachweislich an?
Der Wert des Preisgelds variiert mit Größe und Bedarf des Vereins. Unabhängig davon wird es in der Regel in interkulturelle Arbeit investiert. Das ist die Erfahrung von Kristjana Krawinkel und Julia Sandmann, das ist das Prinzip etwa der MTG Horst. Der größte Essener Sportverein kündigte an, die 10.000 für den Großen Stern in Gold in sein Integrationsprogramm zu stecken, so wie zuvor die 6000 Euro für den Stern in Silber.
Die Sterne des Sports erreichten zuletzt etwa 2500 Bewerber. Gigantisch. Beim natürlich selektiveren, weil auf eine Sportart beschränkten DFB-Integrationspreis (siehe Kasten) waren es seit der Erstverleihung im Jahr 2007 zwischen 100 und 200 Anwärter für drei Kategorien (Verein, Schule, freie und kommunale Träger). Die Prämie freilich ist besonders wertvoll. Der Mercedes-Benz Vito, ein Kleinbus, würde etwa 35.000 Euro kosten. Zweiplatzierte bekommen je 10.000, Dritte je 5.000 Euro.
Was jüngst relevant wurde. Fontana Finthen wollte das Auto mit Verweis auf die Unterhaltskosten verkaufen. Natürlich ist es Sinn der Sachspende, dass das Fahrzeug Werbung für den Spender macht. Trotzdem reagierten Verband und Mercedes-Benz cool. „Wir hoffen natürlich immer, dass der Vito bei unseren Preisträgern sinnvoll zum Einsatz kommt und unterstützen die Vereine auch dabei“, sagt Stefanie Schulte, Abteilungsleiterin Integration und Nachhaltigkeit beim DFB; so habe man für die Finanzierung des Unterhalts in der Vergangenheit „immer wieder gute Wege gefunden“. Und auch andernfalls „sind wir mit unseren Preisträgern noch jedes Mal zu einvernehmlichen Lösungen gekommen“. Im Fall Finthen blieb der Verein bei seiner Haltung. Der Bus darf verkauft werden.
(Quelle: DOSB / Nicolas Richter)