DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach beim 2. Olympischen Abend in Paderborn
„Wenn man einmal Olympische Spiele erlebt hat, dann muss man sich einfach engagieren, um den olympischen Gedanken weiter zu tragen“, sagt Dr. Hans-Joachim Klein.

16.03.2007

Der Olympiateilnehmer im Schwimmen 1960 und 1964, mehrfacher Medaillengewinner und heute Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG) war beim 2. Olympischen Abend in Paderborn, der unter dem Motto „Faszination Olympia gestern - heute - morgen“ stand, ebenfalls dem Phänomen Olympia auf der Spur wie der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Fecht-Olympiasieger 1976, Dr. Thomas Bach, für den hinter der Faszination Olympia folgendes steckt: „204 Nationen an einem Platz unter einem Dach zu versammeln, die im friedlichen Wettstreit gegeneinander antreten, über alle Kulturgrenzen und Sprachbarrieren hinweg.“ Der Präsident des deutschen Sportdachverbandes dankte der Deutschen Olympischen Gesellschaft für ihren Beitrag, diese Faszination immer wieder den Menschen näher zu bringen.
Podiumsdiskussion "Vom Schwimmenlernen zum Olympiasieger - Breitensport und Spitzensport"
Besonders aktiv ist auf diesem Gebiet die 110 Mitglieder zählende DOG-Zweigstelle im Hochstift Paderborn unter der Leitung ihrer Vorsitzenden Margit Budde, deren Einladung zum 2. Olympischen Abend in den Spiegelsaal der Residenz Schloss Neuhaus fast 350 Gäste folgten, die vor der Podiumsdiskussion zum Thema „Vom Schwimmenlernen zum Olympiasieger - Breitensport und Spitzensport“ zunächst der sportpolitischen Standortbestimmung des DOSB-Präsidenten Dr. Thomas Bach lauschten. Bach erinnerte an die positiven Resonanzen der Fußball-WM und der Handball-WM in Deutschland und sagte: „Wir sind in Deutschland in einer einzigartigen Situation. Kein Land der Welt veranstaltet so viele internationale Titelkämpfe. Wir haben bei der Fußball-WM und der Handball-WM erlebt, welche Identifikationskraft vom Sport ausgeht, die weit mehr ist als das Schwenken der Deutschland-Fahne.“ Der DOSB-Präsident unterstrich, dass der Sport wie kein anderes Feld geeignet sei, Menschen zusammen zu führen. Die Niederlage im Augenblick sei nicht das Ende aller Dinge. Vielmehr sage ein altes chinesisches Sprichwort „Die Niederlage ist die Mutter aller Siege“.
Sport sei - so Bach weiter - gelebte Integration, denn es gelänge im Sport, soziale Schichten, die isoliert sind, an die Gemeinschaft heranzuführen. Auch deshalb gehöre der Sport ins Grundgesetz, um noch deutlicher zu zeigen, welche gesellschaftliche Kraft in ihm steckt. Bach ging in Paderborn auch auf die aktuelle Doping-Diskussion ein, hob hervor, dass unter der Leitlinie der „Null-Toleranz-Politik“ eine Einigkeit im Sport erzielt werden konnte und begrüßte entsprechende Gesetzesvorbereitungen der Bundesregierung, um künftig die Hintermänner, die die Athleten unverfroren an Grenzwerte herandopen würden, zu entlarven und härter und besser belangen zu können. Bach: „Diesen Sumpf müssen wir austrocknen.“
Mehr Kinder für Sport begeistern
Für die Zukunft nannte Bach in der von dem ZDF-Reporter Wolf-Dieter Poschmann geleiteten Podiumsdiskussion zwei Hauptaufgaben: Es müsse versucht werden, auch bei der durch die demografische Entwicklung verursachten geringeren Zahl an Talenten noch mehr Kinder zum Sport zu bekommen, damit aus einer großen Breite eine Spitze entstehe. Außerdem müssten den Athleten bessere Möglichkeiten geboten werden, Schule und Beruf mit dem Spitzensport zu verbinden. Es gelte, das erfolgreiche System der Eliteschulen auch auf die Hochschulen zu übertragen. Dazu solle mit einer Auszeichnung ein Anreizsystem geschaffen werden. Zudem müsse „noch mehr Unternehmen der Wirtschaft klar gemacht werden, dass Topsportler in den meisten Fällen auch Spitzenkräfte im Beruf sind“. Christian Keller, Welt- und Europameister im Schwimmen, forderte in Paderborn die Gründung einer Stiftung, die sich zur Aufgabe setzt, Sportler nach Beendigung der Karriere zu betreuen.
Aufschwung in den Sommersportarten bis London 2012
Bei der Analyse des Spitzensports freute sich Thomas Bach in Paderborn darüber, dass Deutschlands Sportler im Winter nach wie vor die Nummer eins sind. Allerdings sehe es in den Sommersportarten nicht so gut aus. Nach einer italienischen Studie würde das deutsche Olympiateam für Peking 2008 auf Rang neun eingestuft. Bach: „In 24 Monaten werden wir keine komplette Tendenzumkehr erzwingen können, aber bis London 2012 soll der Aufschwung kommen.“ Von einer Olympiateilnahme 2012 in London träumt der 15 Jahre alte Paderborner Nachwuchsschwimmer Troy Arnicke, fünffacher deutscher Jahrgangsmeister und Mitglied im D/C-Kader des Deutschen Schwimm-Verbandes. Er trainiert derzeit schon 14 Stunden in der Woche, häufig auch schon frühmorgens vor der Schule und hat klare Ziele: „Es ist schön, oben auf dem Treppchen zu stehen. Ich will etwas erreichen, will zeigen, was ich kann und später einmal Vorbild für die Kinder sein.“ Jürgen Fornoff, der Generalsekretär des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), führte die vielschichtige Diskussion aber auch einmal weg vom Spitzensport: „Viele Kinder und Jugendliche müssen in unserem Land erstmals das ‚Nicht-Ertrinken’ lernen. Das Wettkampfschwimmen ist da eine ganz andere Sache.“
Gastgeberin Margit Budde: "Olympia beginnt vor der Haustür"
Die Deutsche Olympische Gesellschaft sieht sich auch im Breitensport gefordert. „Olympia beginnt vor der Haustür“, sagt die Paderborner DOG-Zweigstellen-Vorsitzende Margit Budde und beschreibt ihre Arbeit an der Basis: Seit drei Jahren wird im Paderborner Kindergarten Römerstraße in Zusammenarbeit mit dem Sportamt der Stadt und der Universität ein Modellprojekt für mehr Bewegung im Kindergarten durchgeführt. Patin für dieses Projekt ist die erfolgreiche Leichathletik-Siebenkämpferin Claudia Tonn, Olympiateilnehmerin in Athen 2004, die die Kinder regelmäßig besucht. Margit Budde: „In dieser Einrichtung lernen die Kinder bereits schwimmen. 80 Prozent von ihnen machen das Seepferdchen.“ Lilli Schwarzkopf aus Paderborn, Bronzemedaillengewinnerin im Siebenkampf bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 2006, hat für einen Kindergarten in Bad Driburg-Dringenberg die Patenschaft übernommen. Dieses Modell der Paderborner DOG ist auf die gesamte Republik übertragbar. Denn, wie sagte DOG-Präsident Klein in Paderborn: „Ideale aus dem Sport gilt es auf den Alltag zu übertragen.“ Dort, wo dies noch nicht funktioniert, sollte schleunigst mit der Umsetzung begonnen werden.