„Ehrenamt ist in Probleme geraten“ (Teil2)
Über Sport zu plaudern ist schwierig und leicht zu gleich. Ging es beim DOSB-Wahlhearing am 1. Juli in Berlin doch darum, Sympathien zu wecken und sich im Vorfeld der am 27. September stattfindenden Bundestagswahl als verlässlicher Partner des Sports zu präsentieren.

28.07.2009

Auch „Süßholz raspeln“ will gekonnt sein, da blieben die Protagonisten doch lieber erst einmal beim Thema Staatsziel Sport.
Sportminister Schäuble präsentierte sein Votum gegen die Aufnahme des Sports in die Staatsziele des Grundgesetzes mit sorgenvoller Stirn. „Wir sind keine Anhänger von Staatszielen. Befürworter glauben immer, damit sei ein Problem gelöst, das ist es aber nicht. Meine Sorge ist, mit jedem Schritt, mit dem wir den Sport weiter verrechtlichen, werden wir nicht mehr Freiheit, sonder mehr Fesseln für den Sport haben“, argumentierte Schäuble. FDP-Chef Westerwelle unterstrich die positiven Effekte eines Staatsziels Sport: „Ich sehe dies weniger unter rechtlichen oder verfassungsästhetischen Gesichtspunkten, sondern es ist eine Anerkennung einer herausragenden gesellschaftlichen Bedeutung für Jung und Alt, für Mann und Frau.“ Und mit dem Brustton der Überzeugung kündigte der Liberalen-Chef auch gleich die Lösung an: „Ich kann nicht versprechen, dass bei Schwarz-Gelb es uns bereits in der ersten Verhandlungsnacht gelingen würde, Herrn Schäuble von seiner irrigen Meinung abzubringen. Aber in der zweiten!“
Ein wenig Spaß muss sein, dachte sich auch Linke-Vertreter Gregor Gysi und lüftete bei der Frage nach dem Sinn eines „Sport-Phönix“, der im öffentlich-rechtlichen Auftrag die ganze Bandbreite des Sports abbildet, Geheimnisse aus seinem eigenen Sportlerleben. „Ich kann zum Beispiel überhaupt nicht Billiard spielen, aber ich muss 3-4mal in der Woche im Keller Fahrrad fahren. Dabei schaue ich Billiard, und es fasziniert mich. Desinteresse hat meistens damit zu tun, dass man unwissend ist“, sagte Gysi. Grünen-Frontfrau Roth ging noch darüber hinaus und forderte: „Berichterstattung über den Breitensport, mehr Hintergrundberichte auch über Sportvereine und ihre Leistungen für das soziale Gefüge.“
Alle Beteiligten waren sich in der ungemein positiven Bedeutung des Ehrenamtes für den Sport und damit für die Gesellschaft einig. Doch auch hier übernahm Schäuble die Rolle des Mahners. „Das Ehrenamt ist gut, aber das Ehrenamt ist in Probleme geraten. Die gestiegene Mobilität macht ehrenamtliches Engagement gerade in der aktiven Familien-Lebensphase schwer“, fasste Schäuble eine Erkenntnis des jüngst vorgelegten Sportentwicklungsberichts zusammen.
Schwächen bei den Rahmenbedingungen für den Sport analysierte Brigitte Zypries bei der Frage von Moderator Johannes B. Kerner nach der Notwendigkeit eines Präventionsgesetzes. „Ich hoffe, es gelingt möglichst bald. Wir haben ja schon heute Boni-Systeme bei den Krankenkassen. Wer regelmäßig Sport macht, bekommt Vergünstigungen von seiner Krankenkasse. Vielleicht können wir das in Zukunft mit der Förderung von Sportvereinen verknüpfen“, sagte Zypries. Hier brach dann aber doch der ideologische Graben auf, und Guido Westerwelle identifizierte den zu „großen Staat“. „Bei der Prävention und hier spezifisch beim Sport auf Krankenschein habe ich Zweifel. Nicht zuletzt bei der Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems. Fußball auf Krankenschein wird auch zukünftige Gesundheitspolitik überfordern“, erklärte Westerwelle.
Weniger Staat forderte der FDP-Chef auch im Bereich Sportwetten und Glücksspiel. Seiner Meinung nach war die Beibehaltung des Monopols mittels Staatsvertrag eine Fehlentscheidung. „Fördermittel und Sponsorengelder gehen dem Sport verloren. Meiner Meinung nach sollten private Wettangebote mit einem dementsprechenden Lizenzmodell etwas für die Finanzierung des Sports abführen.“ Auch hier steuerte Schäuble dagegen und spielte mit seinem Status als Senior der Runde: „Ich bin altmodisch genug zu glauben, dass wir mit dem bisherigen Modell gut gefahren sind. Es gibt starken Druck von der EU, von den Wettbewerbshütern. Aber wollen wir dem Sport ermöglichen, sich ein Stück weit selbst zu organisieren, sollten wir Spielräume erhalten“, meinte Schäuble.
In Teil 3 der Serie stellen sich die fünf Politiker der Frage: Was ist uns der Sport wert?