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„Eine eigene klare Position finden“

Der Experte für Rechtsextremismus im Sport Gerd Bücker war zu Gast beim Stopp der Sportabzeichen-Tour in Magdeburg.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

13.07.2012

Gerd Bücker ist Mitarbeiter beim Landespräventionsrat im niedersächsischen Justizministerium und Experte auf dem Gebiet Rechtsextremismus und Vereinssport. Für die Deutsche Sportjugend (dsj) diskutierte er beim Halt der Sportabzeichen-Tour 2012 am 8. Juni in Magdeburg mit über das Thema rechten Gedankenguts in Sportvereinen, gab Tipps zur Prävention und nannte konkrete Ansprechpartner für betroffene Vereine. Im Interview schildert er seine Eindrücke vom Tag des Sportabzeichens ins Sachsen-Anhalt.

Lieber Herr Bücker, wie war die Stimmung in Magdeburg?

Die Atmosphäre in Magdeburg war rundum positiv. Der Tag des Deutschen Sportabzeichens war gut besucht und es herrschte reger Andrang von großen und kleinen Menschen. Die Anlage eignet sich für solche Veranstaltungen sehr gut.

Der Tag stand im Zeichen des Themas „Menschlichkeit und Toleranz im Sport“, um Flagge gegen Rechtsextremismus zu zeigen. Welche Wirkung erhoffen Sie sich davon?

Wir möchten die Menschen im Sport für das Thema Rechtsextremismus im Sport sensibilisieren und sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Thema keineswegs exotisch, sondern akut ist und auf Dauer sehr wichtig bleiben wird. Außerdem möchten wir Projekte zu diesem Thema von Seiten des organisierten Sports vorstellen.

Mit dem Thema Rechtsextremismus befassen sich die dsj und der DOSB seit langem intensiv. Was gab den Ausschlag dazu?

Seit Mitte der 2000er Jahre haben wir unsere Arbeit zum Thema intensiviert und das Leitprojekt „Sport! Jugend! Agiert“ konzipiert. Der DOSB und die dsj setzen sich permanent mit rechtsextremen Erscheinungsformen im Sport auseinander. Wir rücken das Thema in den Fokus des organisierten Sports, schlagen entsprechende Maßnahmen vor, entwickeln Strategien und führen Projekte durch. In Magdeburg haben wir außerdem auch die Kampagne „Sport und Politik verein(t) gegen Rechtsextremismus!“ vorgestellt, das unter anderem von der dsj, dem DOSB und dem Bundesministerium des Inneren getragen wird.

Weshalb sind Sportvereine gefährdet, Spielort extremistischen Gedankenguts zu werden?

Gerade auf dem Land bieten Sportvereine nicht selten die einzigen Freizeitangebote für jüngere Menschen. Der organisierte Sport wird öffentlich wahrgenommen – eben auch von Organisationen oder Personen des rechtsextremen Bereiches, die sich die Beliebtheit des Sports zunutze machen und zu einem Teil ihrer „Bewegung“ umfunktionieren wollen. Dazu nutzen sie verstärkt moderne Medien, führen gezielte Werbekampagnen und versuchen so, mit dem positiven Image des Sports zu agieren.

Was können denn Vereine tun, damit sie nicht unterwandert werden?

Mit der Vokabel Unterwanderung muss man vorsichtig sein. Unterwanderung hieße ja eine gezielte Strategie und Vereinsübernahme durch Rechtsextreme. Mir ist nicht bekannt, dass ein normaler Sportverein komplett von anti-demokratischen Kräften „besetzt“ worden wäre. Es sind immer einzelne Personen, oder drei, vier Menschen, in ganz seltenen Fällen auch Teile einer bestimmten Abteilung, die so denken. In jüngerer Vergangenheit haben Anhänger der rechtsextremen Szene allerdings unter dem Rubrum „nationaler Sportverein“ einige Zusammenschlüsse gebildet, die natürlich nicht Mitglied eines Fachverbandes oder einer Dachorganisation sind.

Die Verbände bzw. Landesorganisationen beraten zu diesem Thema in vielen Teilen des Bundesgebietes bereits auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene. Wir legen den Sportvereinen zunächst nahe, eine eigene klare Position zu finden. Das bedeutet, dass sie sich öffentlich als ein demokratischer Verein präsentieren, der mit fairen Mitteln arbeitet und der besonderen Wert auf ein Miteinander in Vielfalt legt. Wenn es konkrete personenbezogene Probleme gibt, nennen wir Möglichkeiten, wie man diese meist noch sehr jungen Mitglieder(wieder) in den Verein integrieren kann. Sollte es die Schwierigkeiten jedoch mit Führungskadern der rechtsextremen Szene geben, dann unterstützen wir den Verein darin, mit rechtlich einwandfreien Mitteln diese Personen auszuschließen.

Wo bekommen Vereine Hilfe, wenn Extremismus bei Ihnen zum Problem geworden ist?

Unter dem Leitsatz „Vereine und Verbände stark machen“ haben wir für den Umgang mit Rechtsextremismus im und um den Sport Hilfestellungen entwickelt und in einer ausführlichen Handreichung, die kostenlos erhältlich ist, zusammengefasst. In mehreren Bundesländern gibt es ausgebildete Ansprechpartner, die man über die Landessportbünde kontaktieren kann. In allen Bundesländern existieren Landeskoordinierungsstellen in Verbindung mit Bundesprogrammen, die präventiv zum Thema Rechtsextremismus arbeiten. Hier arbeiten u. a. Experten speziell für das Feld Sport und Rechtsextremismus.

Gab es in beim Tour-Stopp in  Magdeburg ein Erlebnis oder eine Begegnung, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ich habe viele nette Gespräche geführt und mich besonders gefreut, Menschen aus Sachsen-Anhalt wiederzutreffen, die ich schon seit der Zeit der Wende kenne. Das war mir eine große Freude.

(Quelle: Wirkhaus)

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