„Einen großen Verein zu kaufen, das würde mir keinen Spaß machen“
Einen großen Verein zu kaufen und auf der Erfolgswelle zu schwimmen, das würde mir keinen Spaß machen“, sagt Sport-Förderer und Mäzen Dietmar Hopp im Interview in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift „Olympisches Feuer“.

18.10.2008

„Für mich geht es vor allem um Nachhaltigkeit und Bodenständigkeit. Das sind für mich entscheidende Kriterien. Etwas über einen längeren Zeitraum zu entwickeln, etwas zu schaffen und aufzubauen, darin liegt für mich der viel größere Erfolg." Allein mit diesem Statemanet macht der Begründer der Software-Schmiede SAP, Milliardär, Macher beim Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim 1899 und vielfältige Finanzier - nicht nur in Sachen Sport - deutlich, wie grundlegend falsch es ist, einen wie ihn etwa mit einem Milliardär wie Roman Abramowitsch zu vergleichen. Während andere Superreiche sich Superstars, ganze Klubs und Erfolge zusammenkaufen und sich daran erfreuen wie Kinder an schönem Spielzeug, steht der Name Hoffenheim im deutschen Profi-Fußball geradezu für einen Gegenentwurf: Für ein langfristiges, vorbildliches, stimmiges Konzept, dass von den Profis an der Spitze bis hinunter zu den Nachwuchsleistungszentren an das Basis reicht und einem Fernziel: Erstklassiger Profifußball, die Mannschaft mit möglichst vielen einheimischen Spielern und ohne teure auswärtige Stars, mit überschaubarem Etat und überdies mit einem kräftigen Unterbau als immer sprudelndes Talente-Reservoir.
„Das wäre der Idealfall“, betont Hopp und fügt hinzu: „Wir arbeiten in Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg gerade daran, auch Kindergartenkinder für den Sport zu begeistern und unter dem Begriff ‚Heidelberger Ballschule’ einen Sportkindergarten zu etablieren. Wenn eines dieser Kinder in vielleicht 15 Jahren den Durchmarsch in die Erste Bundesliga bei der TSG Hoffenheim schaffen würde, dann wäre das schon etwas ganz Besonderes und Großartiges. Ein solcher Werdegang wäre praktisch das Paradebeispiel dafür, wie erfolgreich und durchgängig dieses Fördersystem funktioniert.“ Natürlich liege die Intention darin, so viele Spieler wie möglich aus dem eigenen eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft zu bringen. „Was das betrifft“, gesteht der Mann, der sich im Profisport als Investor und bei seinen Jugendprojekten als Förderer und Mäzen versteht, „haben wir im Fußball bisher noch nicht besonders viel erreicht.“ Das werde sich hoffentlich bald ändern. Schließlich sei die Hoffenheimer B-Jugend gerade Deutscher Meister geworden. „Ich denke, dass wir innerhalb der nächsten fünf Jahre einige Spieler aus dem Projekt ‚Anpfiff ins Leben’ in der Bundesliga sehen werden.“
Törichte Attacken im Fußballstadion, doppelt daneben
Ausführlich skizziert er im „OF“-Interview sein Gesamtkonzept in allen Facetten, nimmt ausführlich auch zu seinem Engagement im Eishockey, Handball und Golf und zu seinen sozialen Aktivitäten in den Sphären außerhalb des Sports Stellung sowie zu den deutlichen Grenzen seiner Unterstützung. Er führt damit direkt-indirekt die jüngsten Attacken gegen seine Person gründlich ad absurdum. Natürlich hatte es Hopp schon vor Beginn der neuen Saison gewusst: Der Aufsteiger, der nach sieben Spieltagen hinter dem HSV sensationell auf Platz zwei rangiert, würde Anfeindungen ausgesetzt sein. Das prognostizierte der 68-Jährige bereits vor dem Anpfiff. Dass ihm selbst und noch dazu derart übel mitgespielt werden würde wie beispielsweise von so genannten Fans von Borussia Dortmund, Borussia Möchengladbach oder zuletzt von Anhängern der Frankfurter Eintracht, das war selbstverständlich nicht zu erwarten. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sah sich durch die Vorkommnisse bereits genötigt, damit zu drohen, dass das Sportgericht ab sofort mit Platzsperren und Geldstrafen gegen Vereine vorgehen wird, deren Fans Dietmar Hopp verunglimpfen. Nicht einmal der eindringliche Appell von Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel konnte etwas bewirken. „Das ist doch kein Roman Abramowitsch, der nach England geht und sich einen Verein kauft. In Hoffenheim ist alles gewachsen. Was Hopp mit seinem Geld macht, ist vernünftig und in Ordnung“, hatte Funkel vor der - später 1:2 verloren gegangenen - Auswärtspartie bei den Hoffenheimern in Richtung des mitgereisten Frankfurter Anhangs gesagt.
„Ausbildungsphilosophie“ des TSG 1899 Hoffenheim als Masterplan
Der Trainer zielte damit genau auf jenes konzeptionelle Moment, das die tumben, dummen Hasstiraden konsequent ignorieren. Getreu dem niederen Neidkomplex nach dem Motto „Milliardär kauft schnellen Erfolg“ werden Schilder mit der Aufschrift „HOPP - DEUTSCHLAND HASST DICH“ in die Kamera gehalten. Bei allem Verständnis für natürliche Antipathien gegenüber der sportlichen Konkurrenz, wie sie im nicht zuletzt im Internet rege gepflegt werden, sind solcherlei Sprüche töricht und damit doppelt daneben. Ein Masterplan, wie ihn die - leider mit dem Vermerk „intern/vertraulich“ versehene - „Ausbildungsphilosophie“ des TSG 1899 Hoffenheim darstellt, sollte genau genommen zur Pflichtlektüre jedes Fußballfreundes gemacht werden.
Man muss sicher nicht Schulter klopfend alles gut finden, was da steht, angedacht und gemacht wird. Trotzdem eignete sich das Dokument auch für andere Profiklubs als Steilvorlage zur Nachahmung unter Berücksichtigung der eigenen Standortfaktoren und Möglichkeiten. Schließlich werden auch anderswo als in und um Hoffenheim regelmäßig Millionen schwere Summen investiert. Ob jedoch immer und überall ein kluges, tragfähiges Gesamtkonzept dahinter steht? Seines kann Hopp mühelos auffächern. Er kann dabei komplett auf „blauen Dunst“ verzichten, sondern überzeugend auf bereits Gegenwärtiges und Praktisches verweisen. „Nehmen wir den Fußball: Wir haben ein halbes Dutzend Nachwuchs-Leistungszentren beispielsweise in Zuzenhausen, Walldorf, Ludwigshafen. Neckarau und Mannheim aufgebaut und in St. Leon-Rot für den Mädchenfußball. Natürlich geht es hier um die sportliche Entwicklung, doch zugleich legen der Dachverband ‚Anpfiff’ und ich sehr viel Wert auf die schulische und berufliche Ausbildung und die soziale Kompetenz“, berichtet Dietmar Hopp. „Wir legen größten Wert darauf, dass die jungen Fußballer alle einen Beruf lernen. Es hat keinen Wert, dass sie alle mit 16 Jahren davon träumen, Profi zu werden. Wenn auch nur ein Prozent dahin kommen, dann wäre das eine gute Quote.“