Ekkehard Wienholtz, Präsident des LSV Schleswig-Holstein, im Interview
„Tradition im Sport bedeutet, Bewährtes zu bewahren, dabei aber den Blick für eine moderne Sportentwicklung nicht zu verlieren.“

14.07.2012

Der Jurist und ehemalige Innenminister von Schleswig-Holstein
Dr. Ekkehard Wienholtz ist seit 2001 Präsident des Landessportverbandes Schleswig-Holstein. Im Interview erzählt er, welche Hoffnungen er mit der Reform des Deutschen Sportabzeichens für das Urlaubsland Schleswig-Holstein verbindet.
Herr Dr. Wienholtz, ab 2013 gelten die überarbeiteten Anforderungen des reformierten Deutschen Sportabzeichens. Dem ging ein langer Prozess voraus. Inwieweit waren Sie und der LSV Schleswig-Holstein darin einbezogen?
Das Deutsche Sportabzeichen blickt auf eine lange Tradition zurück. Tradition im Sport bedeutet, Bewährtes zu bewahren, dabei aber den Blick für eine moderne Sportentwicklung nicht zu verlieren. Der DOSB hat sich sehr intensiv über mehrere Jahre mit einer Reformierung der Bedingungen für das Deutsche Sportabzeichen auseinandergesetzt. Diesen Reformprozess hat er gemeinsam mit seinen Landessportbünden und einigen Spitzenverbänden, wie dem Deutschen Leichtathletikverband und dem Deutschen Turnerbund initiiert.
Ich begrüße es, dass wir stets in die Überlegungen zur Neuorientierung des Sportabzeichens einbezogen waren und der Sportabzeichen-Beauftragte unseres Verbandes auf den entsprechenden Sitzungen und Tagungen über die Reformpläne informiert wurde. So wurden die neuen Erkenntnisse und Überlegungen in die Gremien unseres Verbandes zur weiteren Beratung zurückgespiegelt.
Ich weiß sehr wohl, dass viele langjährig erfahrene Prüferinnen und Prüfer und Sportabzeichen-Absolventen meinen, dass ab dem neuen Jahr das Deutsche Sportabzeichen nicht mehr das ist, was es mal war. Gerade diese Kritiker bitte ich aber, diese Neuerungen auch als neue Herausforderung zu sehen. So sind die Voraussetzungen für das Deutsche Sportabzeichen deutlich gestraffter worden. Der Leistungskatalog ist übersichtlicher und besser gegliedert, und ich sehe mehrere Möglichkeiten, zukünftig neue Zielgruppen für das Deutsche Sportabzeichen zu gewinnen.
Was lag Ihnen bei der Reform besonders am Herzen und warum?
Im Rahmen des Prozesses wurde lange über die Disziplin „Schwimmen“ im Rahmen des Deutschen Sportabzeichens diskutiert. Ich begrüße es, dass der Nachweis der Schwimmfertigkeit weiterhin fester Bestandteil des Sportabzeichens bleibt. Gerade in unserem Bundesland zwischen Nord- und Ostsee gibt es alarmierende Zahlen über die zurückgehende Schwimmfertigkeit von Kindern. Gelingt es uns, das Sportabzeichen in den Schulsport zu integrieren, so muss zwangsläufig die Schwimmfertigkeit innerhalb oder außerhalb des Unterrichts erlernt werden.
Des Weiteren halte ich es für außerordentlich wichtig, dass es neben dem reformierten Sportabzeichen auch weiterhin das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderungen gibt. Bei unseren Großveranstaltungen in Büsum und Mölln habe ich gesehen, wie eindrucksvoll die Inklusion von Kindern und Erwachsenen mit geistigen und/oder körperlichen Behinderungen in den Sportabzeichentag gelungen ist. Der Sport, und damit auch das Sportabzeichen, bieten ein ideales Lernfeld für das Akzeptieren, Tolerieren und Motivieren von Sportlerinnen und Sportlern mit und ohne Behinderung.
Schließlich erhoffe ich mir von der Reform, dass es uns zukünftig gelingt, neue Zielgruppen für das Sportabzeichen zu erschließen.
Schleswig-Holstein ist ein Urlaubsland und lädt mit seinen Sandstränden zum Sport im Freien ein. Kommt das Deutsche Sportabzeichen diesen Voraussetzungen entgegen?
Schleswig-Holstein ist immer noch die Hochburg der Segler und die Kieler Woche das größte Segelsportereignis der Welt. Auch die Beach-Volleyballer fühlen sich an unseren Stränden zu Hause und führen jedes Jahr im Sommer ihre Norden-Tour an den schönsten Seebädern an Nord- und Ostsee durch.
Die DOSB-Sportabzeichen-Tour hat gezeigt, dass es durchaus möglich ist, neue Zielgruppen, wie Touristen gezielt anzusprechen. Die Veranstaltungen auf der Nordseeinsel Langeoog und im letzten Jahr bei uns in Büsum haben dies eindrucksvoll bewiesen. Der Strand ist eindeutig ein Standortvorteil für Schleswig-Holstein und diesen sollten wir auch für unseren Sport nutzen.
Im Jubiläumsjahr des Deutschen Sportabzeichens 2013 macht die Sportabzeichen-Tour Station in Travemünde. Worauf freuen Sie sich besonders und welche Hoffnungen verbinden Sie mit diesem Sportevent direkt an der Küste der Ostsee?
Die Sportabzeichen-Tour des DOSB hat in den letzten Jahren häufig Station in Schleswig-Holstein gemacht. In Büsum haben wir erstmals das übliche Sportabzeichenterrain, den Sportplatz und die Laufstrecken, verlassen und sind an den Strand gegangen. Weitsprung im Sand, Sprinten direkt am Nordseesaum und sogar Schwimmen im Meer wurde dadurch möglich gemacht. Mit hervorragender Unterstützung der Vereine vor Ort und des zuständigen Kreissportverbandes haben vormittags über 600 Schülerinnen und Schüler das Sportabzeichen am Nordseestrand abgelegt. Ab Mittag konnten die Veranstalter zahlreiche Touristen, aber auch Sportabzeichengruppen aus den Vereinen bei der Veranstaltung begrüßen.
Im Land zwischen den Meeren liegt es auf der Hand, dass wir die positiven Erfahrungen aus Büsum aufnehmen und weiterentwickeln wollen. Wir freuen uns, dass wir im Jubiläumsjahr 2013 den Zuschlag für das „Strandevent“ in Travemünde bekommen haben. Die Stadt Lübeck und die Verantwortlichen in den Vereinen und Verbänden sind bereits in die Vorbereitungen für diese besondere Veranstaltung am Ostseestrand eingestiegen. Ich hoffe, dass wir neben den Schülern am Vormittag vor allem wieder viele Kurgäste ansprechen werden, die es im Sommer in dem wunderschönen Ostseebad Travemünde genügend gibt. Der Sportstrand ist ideal direkt an der Kurpromenade gelegen. Und beim Sportabzeichen-Tag auch noch einen Blick auf die nach Skandinavien auslaufenden Großfähren zu werfen, ist bestimmt für jeden Teilnehmer ein besonderes Ereignis.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
(Quelle: Wirkhaus)