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Erfolgsprogramm „Bewegung und Sport in der Brustkrebsnachsorge“

Brustkrebs ist heilbar, wenn er frühzeitig erkannt wird. Bewegung und Sport leisten einen Beitrag zur physischen, psychischen und sozialen Stabilisierung.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

08.02.2006

Derzeit existieren in Deutschland etwa 550 Krebsnachsorge-Sportgruppen. Brustkrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung. Jährlich erkranken rund 46.000 Frauen daran. Täglich sterben 53. Zunehmend sind jüngere Jahrgänge ab 30 bis 35 Jahren darunter.  Zu Beginn der achtziger Jahre wurde  in Nordrhein-Westfalen das Programm „Bewegung, Spiel und Sport in der Brustkrebs-Nachsorge“ entwickelt. Seit 1987 ist das Programm vom Deutschen Sportbund (DSB) zertifiziert.

 

Beeinträchtigung des körperlichen und allgemeinen Wohlbefindens

Obwohl radikale Operationsverfahren weitgehend durch Brust erhaltende Maßnahmen oder Rekonstruktionschirurgie ersetzt wurden, ist festzustellen, dass 70 bis 80 Prozent der Patientinnen noch unter zum Teil erheblichen Bewegungseinschränkungen im Arm- und Schulterbereich leiden. Damit einher geht eine Beeinträchtigung des körperlichen und des allgemeinen Wohlbefindens. Häufig kann die berufliche und häusliche Arbeit nicht oder nur unter großen Mühen bewältigt werden.

 

Allein in NRW 284 Krebsnachsorge-Sportgruppen

Um die erreichten Rehabilitationserfolge zu festigen, sind Krebsnachsorge-Sportgruppen am Wohnort im Lebensalltag verankerte Genesungspfeiler. Sie ersetzen im Einzelfall notwendige Krankengymnastik oder Lymphdrainage nicht. Krebsnachsorge-Sportgruppen verstehen sich nicht als Konkurrenz zu Selbsthilfegruppen. Der Landessportbund Nordrhein-Westfalen hat die Broschüre „Sport in der Krebsnachsorge“ und den gleichnamigen Flyer sowie Informationen zum Aufbau von Krebsnachsorge-Sportgruppen entwickelt. Das Programm begann 1980 mit vier Gruppen. 1992 zählte man 106, 1995 wurde mit 201 die nächste Hürde genommen. Heute gibt es im Mutterland des Programms allein 284 Gruppen. Internet: www.wir-im-sport.de (Landesportbund, Rehabilitation).

 

Vertrauen, Geborgenheit und Einfühlungsvermögen sind gefragt

In Hessen lief das Reha-Angebot vor 20 Jahren 1986 in Marburg an. Initiatorin war Dr. Friederike Damm. Inzwischen wirken 75 Gruppen in der Brustkrebs-Nachsorge in 70 Vereinen. Stand der Statistik des Referats Frauen im Sport in Frankfurt am Main (069/6789448 oder -233) ist Juni 2005. „Einige Gruppen bestehen seit 20 Jahren“, bilanziert Karin Bauer, Referatsleiterin Frauen und Reha-Sport beim LSB  Hessen. Ralf-Rainer Klatt, LSB-Präsidiumsmitglied für Breitensport und Sportentwicklung, weiß aus praktischer Erfahrung als Sportberater in Darmstadt und Vorstandsmitglied beim TuS Griesheim: „Das ist nach wie vor immer noch Tabu-Thema.“ Scham, Verzweiflung, das Gefühl, nach der Brustkrebsoperation verstümmelt oder keine Frau mehr zu sein, treiben viele Betroffene in die innere Emigration. Da sind Vertrauen, Geborgenheit, Überzeugungsarbeit und Einfühlungsvermögen gefragt, vor dem Hintergrund der nicht zu unterschätzenden Veränderung der Lebenssituation, die zugleich neues Körperbewusstsein verlangt. Klatt: „Das Bewegungsangebot in der Rehabilitation zeugt von Qualität. Es unterscheidet sich von zahlreichen Selbsthilfegruppen. Erkrankung und Beschwerden werden in den Vereinsgruppen nicht nur theoretisiert, sondern aktiv bearbeitet.“ Der Erfahrungs-Austausch, die Mischung aus Gesprächen und Bewegung bilden den Schlüssel zum Erfolg. Katalysatoren bilden die Übungsleiterinnen. Klatt: „Alle besitzen die zweite Lizenzstufe im Reha-Sport. Das ist der einzige Bereich, in dem die zweite Stufe in Hessen schon realisiert ist.“

 

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Stete Qualifizierung unbedingt notwendig

Das Beste ist gerade gut genug, um betroffene Frauen aus dem körperlichen und seelischen Tief wieder ins innere Gleichgewicht in den Alltag und die Gemeinschaft zurückzuführen, sowie Lebensfreude zu wecken. Eine der Übungsleiterinnen, Ursula Hennig, betreut seit zehn Jahren die einzige Darmstädter Brustkrebsgruppe bei der TSG 1846. Sie erwarb vor der Gründung eigens die Fachlizenz: „Das liegt mir schon am Herzen, dass man die neuesten Dinge kennen lernt.“ Alle zwei Jahre werden Wissen und Lizenz aufgefrischt. Grundbausteine der Übungsstunde sind bis heute: Gesprächszeit, Aufwärmphase, Spiel oder Tanz, Funktionsgymnastik, Entspannungsphase. Jede Aktive übt nach ihren Möglichkeiten. Ursula Hennig: „Es gibt keinen Leistungszwang, dafür das Angebot, die eigenen Grenzen schrittweise zu erweitern. In der Gemeinschaft gleichbetroffener Frauen werden Erfahrungen mit der Krankheit und dem alltäglichen Umgang mit ihr, sowie körperliche und psychische Probleme ausgetauscht.“ Freud und Leid liegen in der Gruppe nahe beieinander: Manche Frau erkrankte erneut oder verstarb. Diese schmerzlichen Erfahrungen wollen angenommen und verarbeitet werden. Ursula Hennig. „Es gibt einige Frauen, die fühlen sich in der Gruppe wohl, und in einem Verein sind sie gehemmt. Aber es gibt auch Frauen, die sind in anderen Gruppen.“ Betreiben etwa Wassergymnastik, Rückenschule, Reha-Sport.

 

Reha-Sport eine wichtige Aufgabe für Sportvereine

Renate Lewerenz, Mitinitiatorin des Projekts bei der TSG 46 Darmstadt, unterstreicht: „Ich denke, es ist eine wichtige Aufgabe für die Vereine, sich auch um den Reha-Sport zu kümmern. Da haben wir mit Brustkrebs und Herzsport konstante Größen. Brustkrebs-Nachsorge gibt es allerdings noch nicht so lange.“ Karin Bauer vom Landessportbund Hessen weiß: „Die meisten Frauen kommen in der Regel drei Monate nach der Operation in das Sportprogramm.“ 18 Monate wird es von den Krankenkassen finanziert. Karin Bauer: „Nach 18 Monaten bleiben die meisten Frauen im Verein und zahlen die Beiträge selbst.“
 

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