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Integrationsarbeit mit Herz und Boxhandschuhen

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

21.12.2010

    Manchmal ist die Integrationsarbeit eines Vereins eng mit dem Engagement Einzelner verknüpft. So wie beim Boxsportverein Ibbenbüren, einem Stützpunktverein von „Integration durch Sport“ in Nordrhein-Westfalen. Wilfried Placke ist schon seit 55 Jahren im Vorstand des Klubs und Ansprechpartner für alle großen und kleinen Nöte der Mitglieder. Sein Engagement gilt vor allem der Jugendarbeit. Das schließt das Training in der Boxhalle ein, aber auch die Hilfe bei der Job- und Wohnungssuche.

    „Ich habe den Verein damals mit nichts übernommen“, berichtet Wilfried Placke. „Die ersten Sportgeräte habe ich alle aus eigener Tasche bezahlt.“ Über die Jahrzehnte war es aber vor allem Zeit, die der heute 71-Jährige investiert hat. Auch jetzt noch ist er jeden Tag mit den Gedanken beim Verein.
     
    Der Boxsportclub Ibbenbüren hat inzwischen rund 100 Mitglieder, von denen etwa die Hälfte einen Migrationshintergrund hat. Zehn verschiedene Nationalitäten haben sich unter dem Vereinsdach zusammengefunden. „Das geht über Türken, Engländer und Russlanddeutsche bis hin zu Vietnamesen“, erzählt Placke. „Da unsere Mitglieder ihre Heimatsprache am Eingang zur Boxhalle abgeben, gibt es aber keine Verständigungsprobleme.“ Die Boxer sind längst nicht alle Jugendliche. Auch viele Erwachsene und Ältere ziehen regelmäßig die Boxhandschuhe an. „Wir haben auch Kinder, deren Eltern in unserem Klub mittrainieren“, so Placke.

    Mädchen und Frauen auf dem Vormarsch

    Besondere Unterstützung finden bei Placke die Frauen und Mädchen im Verein. „Derer haben wir immerhin schon 20 im Verein“, sagt er. „Bei uns hat zum Beispiel die fünfmalige deutsche Meisterin Fener Ay trainiert und auch eine Zeit lang als Trainerin gearbeitet. Bei den Frauen herrscht Zulauf. Dadurch sehen wir uns aber auch vor ganz neue Schwierigkeiten gestellt. Wenn zum Beispiel die kurdischen Mädchen mit den Jungen nur unter Aufsicht trainieren oder sie bei Fahrten nicht mitkommen dürfen.“ Dann sucht Placke den Kontakt zu den Eltern und stößt dabei manchmal an seine Grenzen. „Einige sind sehr distanziert und sprechen kaum deutsch“, berichtet er. „Dann müssen die Töchter übersetzen. So ist es nicht leicht, Lösungen zu finden.“

    Um ein noch besseres Verständnis für andere Kulturen zu entwickeln, hat Wilfried Placke mehrfach an der Fortbildung „Sport interkulturell“ des Programms teilgenommen. „Das war immer sehr interessant und ich hab viel gelernt“, berichtet er. „Einmal wurden wir gleich auf Russisch begrüßt. Ich habe natürlich kein Wort verstanden. Das war, um uns zu demonstrieren, wie es den Migrantinnen und Migranten geht, wenn sie nach Deutschland kommen und unsere Sprache nicht sprechen.“
    Die größte Motivation für den Ehrenamtler ist es, die jungen Vereinsmitglieder zu fördern. „Die Jugendlichen haben alle Potenzial“, sagt er. „Sie brauchen nur eine Perspektive und jemanden, der ihnen den Weg aufzeigt.“ Wer mitzieht, der findet im Boxclub nicht nur eine sportliche Heimat. Die Boxer lernen Kameradschaft kennen und haben mit Wilfried Placke jemanden an ihrer Seite, der nicht nur in sportlichen Belangen hilft. Bei der Job- und Wohnungssuche für seine Schützlinge nutzt er erfolgreich die Kontakte des Vereins.

    Placke will sich eigentlich schon seit drei, vier Jahren zurückziehen. Ohne dass er einen geeigneten Nachfolger gefunden hat, bei dem er die Ibbenbürer Boxer in guten Händen weiß, wird er diesen Schritt nicht wagen. „Es muss jemand sein, der die viele Arbeit, die mit dem Vorsitz verbunden ist, nicht scheut“, sagt er und weiß dabei, dass er wohl noch einige Zeit regelmäßig in die Boxhalle kommen wird.

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