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Integrativ und sportlich sucht ... (2)

Können Initiativen zum Thema Integration durch Sport eine Marketingplattform für Unternehmen sein? Und wenn ja, unter welchen Umständen? Eine Umfrage unter Großkonzernen in zwei Teilen.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

13.02.2013

(2. Teil der Umfrage)

Für manche Träger sozialer Initiativen klingt es nach Glücksformel, für manche Unternehmen nach Verpflichtung: Corporate Social Responsibilty - kurz CSR, deutsch soziale Unternehmensverantwortung – gilt seit einigen Jahren als Marketingtrend. Und auch wenn die Dynamik dieses Trends in wirtschaftlich unsicheren Zeiten wohl nicht stärker wird, können sich ihm große Konzerne kaum verschließen. Die längst selbstverständlichen Nachhaltigkeitsberichte sind nur ein Zeugnis dessen.

Inwieweit aber wird Nachhaltigkeit – in Wort und in Tat - nicht nur ökologisch, sondern auch sozial verstanden? Und inwieweit denken Unternehmen beim Stichwort „gesellschaftliches Engagement“ erstens an den Teilaspekt kulturelle Vielfalt und zweitens an die Förderung durch den Sport? Klar ist, dass Sponsorengelder die Wirkung solcher Integrationsarbeit erheblich vergrößern könnten. Klar ist aber auch, dass Unternehmen andere Prioritäten haben. Das Thema ist aus ihrer Sicht ziemlich speziell, das hat der Berliner Professor und CSR-Experte Sebastian Braun vor anderthalb Jahren verdeutlicht, an dieser Stelle und in ähnlichem Zusammenhang (Opens external link in new windowsiehe Interview) Aber was heißt das genau?

Das Programm „Integration durch Sport“ wollte es wissen und hat einige Unternehmen direkt angesprochen. Fünf von acht, ausnahmslos Big Player haben auf die folgenden Fragen geantwortet. Heute: Deutsche Telekom, Deutsche Post DHL, Allianz-Gruppe.

Frage 1:
Integration ist in vielen Unternehmen ein Thema, speziell im Zuge des CSR-Trends. Inwiefern setzen Sie dieses Thema in Verbindung mit Sport um beziehungsweise inwiefern werden beide Stichwörter schon zusammen „gedacht“?

Frage 2:
Das DOSB-Programm „Integration durch Sport“ fördert seit über 20 Jahren Projekte auf diesem Themenfeld. Es unterstützt meist in lokale Netzwerke eingebundene Sportvereine, um Menschen (auch z. B. speziell Frauen/Mädchen) mit Migrationshintergrund zu erreichen: durch Sportangebote, die teils durch Sprachunterricht, Hausaufgabenhilfe, Unterstützung bei der Praktikumssuche etc. ergänzt werden. Wo sehen Sie Schwächen und Stärken eines solchen Ansatzes, und unter welchen Umständen könnten diese oder ähnliche Initiativen attraktiv für Wirtschaftspartner sein?

Deutsche Telekom: Stephan Althoff, Leiter Kommunikation Deutschland, Konzernsponsoring und Corporate Events


Frage 1: „Denken“ Sie Integration und Sport zusammen?
Unsere jüngste diesbezügliche Maßnahme war im September die Aktion mit der Deutschlandstiftung Integration, deren Partner wir sind, und der Bundesliga-Stiftung. Da haben wir als Hauptsponsor des FC Bayern das Trikot für die Kampagne „Geh Deinen Weg“ zur Verfügung gestellt. Wir haben also die mediale Reichweite eines Bundesliga-Spieltags genutzt, um jungen Menschen mit Migrationshintergrund zu einem Ausbildungsplatz oder einem Stipendium zu verhelfen – das ist das Ziel von „Geh Deinen Weg“. Im regionalen Rahmen unterstützen wir das Programm „Hamburger Weg“, in dem der HSV mit seinen Sponsoren soziale Integration fördert; da besuchen die Bundesligaspieler dann etwa ein Projekt zur Gewaltprävention in einem Problemstadtteil. Hier in Bonn haben wir mal Ähnliches gemacht. Da sind wir mit Profis der Telekom Baskets in Stadtteile mit hoher Gewaltrate gegangen, um Jugendliche zu „Basketball um Mitternacht“ einzuladen und sie auf einem Feld zusammenzubringen, auf dem erst mal alle gleiche Chancen haben.

Frage 2: Können Projekte wie „Integration durch Sport" attraktiv für Wirtschaftspartner sein?
Bei unseren gesellschaftlichen Engagements geht es uns immer auch um Unternehmens- und Produktnähe – für mich eine Voraussetzung für wirklich nachhaltiges Handeln von Unternehmen. Deswegen konzentrieren wir uns auch auf große eigene Initiativen wie „Ich kann was“, die sich an sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 14 Jahren wendet - laut Experten hat man in dem Alter noch gute Chancen, Kinder positiv zu beeinflussen. Die Unternehmens- und Produktnähe ergibt sich daraus, dass wir zum Beispiel vermitteln, wie man das Internet nutzen kann: Nicht nur, um Ballerspiele zu spielen, sondern um seine Bildungschancen zu verbessern, netzwerken im positiven Sinne zu lernen oder Medienkompetenz zu erwerben. Bei „Ich kann was“ nutzen wir auch den Sport. Zu einem der ersten Projekte kam Uli Hoeneß nach Berlin-Moabit, um mit Alex King von den Telekom Baskets und Berliner Sportgrößen eine von uns finanzierte Jugendeinrichtung zu besuchen und mit den Kids Basketball zu spielen – vom Sport geschaffene Idole nötigen Jugendlichen ja oft einen Respekt ab, den sie sonst weniger zeigen. Es muss halt glaubwürdig sein: Wenn wir eine Kita eröffnen und einen x-beliebigen Fußballprofi einladen, ist das was anderes, als wenn Philipp Lahm kommt, der eine Stiftung zu dem Thema unterhält. Um auf Konzepte wie „Integration durch Sport“ zu kommen: Ich kann mir vorstellen, dass es bei solch relativ kleinteiligen, lange gewachsenen Strukturen nicht einfach für Unternehmen ist, eine Produktnähe herzustellen und glaubwürdig zu wirken. Man könnte sicher Reputation gewinnen, aber kaum klassische Marketingziele erreichen.

Deutsche Post DHL: Detlev Steinebach, Marketing Manager Marktkommunikation


Frage 1: „Denken“ Sie Integration und Sport zusammen?

Das Thema Integration beschäftigt uns täglich. Deutsche Post DHL hat rund 470.000 Mitarbeiter in 200 Ländern und Territorien. Die damit verbundene Vielfalt unserer Beschäftigten ist Teil unserer Kultur und Identität als globaler Konzern. Allein in Deutschland arbeiten Menschen aus über 150 Nationen Hand in Hand. Wir fördern eine Kultur des Dialogs und investieren in ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld. Auf dem Feld des Sports regt Deutsche Post DHL diesen Dialog zum Beispiel mit dem Projekt Fan Club Deutsche Post DHL an, bei dem „Postler“ Teams bilden, um an Fußball-, Lauf oder Radsport-Events teilzunehmen, sowohl an konzerninternen wie zum Beispiel an Firmenläufen. In jeder der drei Sportarten bilden wir auch „Nationalmannschaften.“

Frage 2: Können Projekte wie „Integration durch Sport" attraktiv für Wirtschaftspartner sein?
Wie attraktiv so ein Konzept für Unternehmen sein kann, hängt immer vom Konzept im Einzelnen und der Unternehmensstrategie ab. Wir als Deutsche Post DHL verstehen „Integration“ als umfassenden Begriff, der den Aspekt kulturelle Integration automatisch einschließt. Neben dem Fan Club Deutsche Post, der Integration durch Sport in diesem Sinne lebt, haben wir beispielsweise ein Projekt „Camp4us-Sportcamps“, in dem wir die Themen Bildung und Sport kombinieren. An diesen Camp4us-Sportcamps nehmen Mitarbeiterkinder aus ganz Deutschland – mit hohem Anteil aller Nationalitäten – sowie Kinder und Jugendliche aus der Vereinsebene Teil. Auch hier wird vorbildlich und ganz natürlich Integration durch Sport gelebt, sodass zum Beispiel viele interkulturelle Freundschaften entstehen. Außerdem werden den Jugendlichen durch die bildungsorientierte Unterstützung viele positive Dinge für den Berufseinstieg oder auch den Schulalltag mitgegeben. Die Integration reicht also über den Sport hinaus.

Allianz-Gruppe: Christian Deuringer, Markenchef


Frage 1: „Denken“ Sie Integration und Sport zusammen?
Die Allianz ist seit vielen Jahren Partner und Versicherer des Sports. Neben den bekannten Engagements als Partner der Formel 1, des FC Bayern München, der Allianz Arena und St. Andrews Links, der Heimat des Golfsports, steht aus einer CSR-Perspektive sicherlich unsere langjährige Unterstützung der paralympischen Bewegung im Vordergrund. Als Unternehmen mit rund 142.000 Mitarbeitern in aller Welt sind uns darüber hinaus kulturelle Integration und internationaler Austausch sehr wichtig, und auch dieses Thema findet man in den Sponsoring-Aktivitäten wieder. Seit mehreren Jahren tragen wir das „Allianz Junior Football Camp“ in München aus. Hierzu laden wir Teenager aus aller Welt ein, die eine Woche lang mit den Jugendtrainern des FC Bayern München gemeinsam Fußball spielen. Für einige Jugendliche ist es die erste Auslandserfahrung überhaupt.

Frage 2: Können Projekte wie „Integration durch Sport" attraktiv für Wirtschaftspartner sein?
Durch unsere Sport-Sponsorships haben wir gelernt, dass Sport eine internationale Sprache ist. Beim Fussball spielt die Nationalität, Hautfarbe, der religiöse oder kulturelle Hintergrund nur eine untergeordnete Rolle. Alle Programme, die durch Sport Integration fördern wollen, sind toll und können auch für Wirtschaftspartner interessant sein. Natürlich muss aber das Engagement zum jeweiligen Unternehmen passen, zu seinen Produkten und seiner Marketingstrategie.

(Quelle: DOSB, Text: Nicolas Richter)

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