Interview Steffi Nerius - Sportabzeichen-Tour 2010 in Essen

22.06.2010

Steffi Nerius ist die amtierende Weltmeisterin im Speerwerfen. Die 38-Jährige hat mittlerweile ihre Karriere beendet und arbeitet nun als Trainerin. Sie ist bei ihrem Verein Bayer Leverkusen als Trainerin für Sportler mit Behinderung angestellt. Dass sie trotz der gleichzeitig startenden Deutschen Meisterschaften der Behindertensportler die Zeit fand vorher noch im Stadion „Am Hallo“ vorbeizuschauen, lag sicherlich auch am thematischen Schwerpunkt: Das Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung.
Steffi Nerius wie hat Ihnen denn die Sportabzeichen-Tour in Essen gefallen?
„Das ist eine echt klasse Veranstaltung. Ich bin überrascht, wie viele Menschen hier sind, wie viele Kinder, aber auch Helfer, Kampfrichter und Offizielle. Das hatte ich nicht erwartet. Das Ganze macht einen echt tollen Eindruck auf mich, so etwas kann ich nur unterstützen. Und die Lautstärke im Stadion hat mich auch überrascht.“
Kein Wunder bei rund 2.000 Kindern aus den Schulen in Essen; wie haben Sie denn die Kinder beim Sportabzeichen erlebt?“
„Ich finde es als Trainerin wichtig, dass Kinder über die häufige Bewegung an den Sport herangeführt werden und genau das passiert hier auf der Sportabzeichen-Tour. Bei den Kindern sieht man schon die Unterschiede, ob sie wie viele hier Sport auch im Verein machen, anderen dagegen merke ich an, dass sie außer dem Schulsport keinen Sport machen, beziehungsweise sich nicht so viel bewegen.“
Sie haben ja selbst die Lizenz, um das Sportabzeichen abzunehmen. Auf wie viele Abnahmen im Jahr kommen Sie denn ungefähr?
„Die Lizenz habe ich seit ziemlich genau sechs Jahren. Leider habe ich noch nicht so viele Abzeichen abgenommen, weil ich bis vergangenes Jahr noch unter Profibedingungen selbst Sport getrieben habe. Außerdem ist die Quote derer, die das Sportabzeichen nicht schaffen mit fast 50 Prozent auch nicht zu unterschätzen. Und als Drittes sind die Anforderungen für das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung ungleich höher als für Nichtbehinderte.“
Können Sie das konkretisieren?
„Zum einen gibt es ganz verschiedene Schadensklassen für die alle unterschiedliche Leistungstabellen gelten. Die räumlichen Bedingungen sind ungleich anspruchsvoller, weil zum Beispiel auch Rollstuhlfahrer berücksichtigt werden müssen. Der Leistungskatalog der in Frage kommenden Übungen ist breiter gefächert, es gibt deutlich weniger Prüfer mit der nötigen Zusatzqualifikation. Schließlich ist es so, dass es kaum offene Veranstaltungen wie beim `normalen’ Sportabzeichen gibt. Vielen Behinderten sieht man weder die Art noch den Grad der Behinderung an. Das ist aber eine Voraussetzung für die Einordnung in den richtigen Leistungskatalog.“
Wie treibt Steffi Nerius denn noch Sport?
„Ich spiele zwei Mal in der Woche Fußball und mache darüber hinaus einmal ein spezielles Stabilisationstraining für den Rücken. Der zeigt nach 18 Jahren als Speerwerferin schon einige Verschleißerscheinungen. Für mehr habe ich aber auch keine Zeit. Nach der WM und dem Titel gab es jede Menge Termine für Sponsoren und die Presse und jetzt bin ich hauptamtliche Trainerin.“