Mit 90 Jahren das erste Sportabzeichen

31.10.2010

Späte Sportabzeichenpremiere in Rotenburg: Gerda Fiedler hat allen Bedenken getrotzt und eine rekordverdächtige Leistung abgeliefert. Kurz vor ihrem 90. Geburtstag hat die rüstige Seniorin ihr erstes Sportabzeichen abgelegt. Nach dieser Leistung zweifelt in Rotenburg niemand an ihrem nächsten Vorhaben. Jetzt will Gerda Fiedler weitermachen, bis sie das goldene Sportabzeichen in ihren Händen hält.
„Ich war schon immer sehr sportlich“, sagt Gerda Fiedler. „Schon während meiner Schulzeit war ich von den Mädchen in meiner Altersklasse immer die beste, egal ob das beim Laufen, Springen oder Werfen war. Und dass, obwohl ich sehr klein war. Selbst die, die einen Kopf größer waren als ich, kamen beim Laufen nicht mit – so flink war ich.“
Auslöser war ein Zeitungsartikel. So erfuhr Gerda Fiedler, dass der TuS Rotenburg regelmäßige Abnahmen für das Deutsche Sportabzeichen anbietet. „Das will ich auch machen“, stand für sie fest. Als sie ihrer zwei Jahre älteren Schwester Margarete von ihren sportlichen Ambitionen erzählte, schlug diese die Hände über dem Kopf zusammen. „Das schafft keiner in diesem Alter und du auch nicht“, sagte sie. Gerda Fiedler antwortete: „Ich mache das und ich werde das auch schaffen – sogar ganz ohne Training.“
Sie sollte recht behalten. Als sie dann im Sommer auf den Sportplatz des TuS Rotenburg ging, hatte sie die Prüfer gleich auf ihrer Seite. „Die meisten unserer Abnehmer kannten sie, weil sie früher hier eine Gastwirtschaft hatte“, berichtet Jürgen Schulze, Sportabzeichen-Stützpunktleiter der TuS. „Sie ist eine sehr dynamische, fitte alte Dame und wir wussten, dass sie sehr ehrgeizig ist. Von daher haben wir ihr das zugetraut.“
Schrecksekunde auf dem Fahrrad
Die Abnahme lief dann auch wie am Schnürchen. Fast alles klappte im ersten Anlauf. Lediglich beim Werfen brauchte sie drei Versuche. „Ich habe das ja seit mindestens 50 Jahren nicht mehr gemacht“, sagt Gerda Fiedler fast entschuldigend. Beim Radfahren gab es eine kleine Schrecksekunde. Gerda Fiedler rutschte mit ihrem Rad auf einem Ast weg und landete in einem Graben. „Da haben wir uns natürlich große Sorgen gemacht“, sagt Jürgen Schulze. „Ihre einzige Sorge galt jedoch nur dem Zeitverlust, denn sie dadurch erlitten hat. Sie ist aber unter den erforderlichen 85 Minuten geblieben.“
Da die gestaffelten Bedingungen für das Deutsche Sportabzeichen bei den 80-Jährigen enden, musste Gerda Fiedler dieselben Leistungen erbringen wie zehn Jahre jüngere Sportlerinnen. Dass sie das so problemlos geschafft hat, liegt daran, dass sie sehr aktiv ist. „Wenn das Wetter stimmt, bin ich viel mit dem Fahrrad unterwegs“, berichtet sie. „Außerdem habe ich ein Haus mit Garten und mache alles selbst. Ich schneide die Hecke und gerade heute habe ich noch den Rasen gemäht. Ich flicke sogar mein Fahrrad selbst. Es gibt nichts, was ich nicht mache. Außerdem bin ich der Meinung, dass man auch im fortgeschrittenen Alter immer wieder neue Dinge ausprobieren sollte.“
Anlässlich Gerda Fiedlers Geburtstags Anfang Oktober wurde sie mit einer kleinen Verleihungsfeier überrascht. Sogar Vize-Bürgermeister Hartmut Leefers kam, um ihr zur geglückten Sportabzeichen-Premiere zu gratulieren. Wenn es nach Gerda Fiedler geht, soll es aber nicht bei einem Sportabzeichen bleiben. „Ich will das jetzt jedes Jahr machen“, sagt sie. „So lange, bis ich das goldene Sportabzeichen bekomme. Ich denke, dass ich das schaffe. Meine Mutter ist 99 Jahre alt geworden und ich möchte mindestens genauso alt werden.“