Rückblick auf ein sporterfülltes Leben
Wolfgang Zikownia aus dem Schaumburger Land ließ sich Zeit und feierte seine größten Erfolge als Rentner.

02.03.2012

Sieben Bezirks- und zehn Kreisrekorde, Deutscher Meister im Diskuswerfen sowie zwei Silbermedaillen bei Deutschen Meisterschaften im Kugelstoßen und Hammerwerfen. All diese Titel hat Wolfgang Zikownia in den letzten zwölf Jahren geholt. Noch verblüffender wird diese Bilanz allerdings mit dem Wissen, dass Wolfgang Zikownia 90 Jahre alt ist. „Wenn es in den ersten 50 Jahren nicht zum Erfolg gereicht hat, muss man es eben in den zweiten 50 Jahren versuchen“, schmunzelt der Senior und erinnert sich, wie alles anfing.
Eine verschollene Urkunde und ein 10-Kilometer-Lauf vor dem Frühstück
Wolfgang Zikownia wurde 1921 in Berlin geboren. Seit seinem achten Lebensjahr war der aufgeweckte Junge in Sportvereinen aktiv. Schnell entdeckte er seine Leidenschaft für die Leichtathletik, besonders die Wurfdisziplinen lagen ihm. In seiner Zeit beim damaligen Postsportverein Berlin legte er 1938 sein erstes Jugendsportabzeichen ab. Ohne zu ahnen, dass diese Urkunde wohl der Grundstein für eine lange „Sportabzeichen- Karriere“ wird. Ein Jahr später, mit Beginn des Zweiten Weltkrieges, verließ Wolfgang Zikownia Berlin. „Leider sind in dieser Zeit die Urkunden für das Sportabzeichen verloren gegangen, die haben wir nie erhalten“, erzählt er.
In seiner Zeit als Nachrichtensoldat verschlug es ihn unter anderem nach Frankreich, Polen, Litauen, Estland, Lappland und Finnland. Besonders sein Aufenthalt in Kolberg an der Ostsee ist Wolfgang Zikownia in Erinnerung geblieben. „Damals gab es als Disziplin für das Sportabzeichen noch den 10.000-Meter-Lauf. Und ich weiß noch, dass der Start dafür morgens um 6 Uhr an der Hauptwache war. Eine dreiviertel Stunde später war ich fertig und habe dann meinen Dienst angetreten. Man kann also sagen, wir sind mal eben 10.000 Meter als Frühsport gelaufen“, lacht der 90-Jährige.
Eine neue Heimat und ein „wilder Haufen“ Sportler
Nach Kriegsende kam Wolfgang Zikownia in das Schaumburger Land. „Das war eher Zufall“, erinnert er sich. „Mir wurde in Rodenberg eine Wohnung zugewiesen und ich habe eine Stelle beim Telegrafenbauamt Bielefeld angenommen. Da überlegt man nicht lange, auch wenn die Heimat Berlin weit weg war“, erzählt Wolfgang Zikownia. Dort begegnete er auch Lieschen, die im selben Haus wohnte und die er zwei Jahre später heiratete. Das Ehepaar bekam zwei Kinder. Mit den Jahren kamen fünf Enkel und zwei Urenkel dazu.
Sportlich fand Wolfgang Zikownia eine neue Heimat in der SG Rodenberg. „Zuerst habe ich alles probiert, ich habe Handball und Tischtennis gespielt und geturnt. 1953 gründete ich dann die Leichtathletik-Abteilung.“ Als leitender Trainer machte Wolfgang Zikownia innerhalb kurzer Zeit aus einem „losen Haufen“ talentierter Sportler ein schlagkräftiges Team. 1957 erwarb er auch erstmalig die Lizenz zum Sportabzeichen-Prüfer. Fast 56 Jahre war er als Sportabzeichen-Abnehmer tätig. Mehr als 3.000 Einzelsportabzeichen und rund 200 Familiensportabzeichen konnte er in dieser Zeit verleihen. Selbst abgelegt hat der gebürtige Berliner die Disziplinen für den deutschen Fitness-Orden insgesamt 50 Mal, zuletzt 2003. „Das Sportabzeichen war für mich immer selbstverständlich“, sagt Wolfgang Zikownia. „Einmal bin ich am 29. Dezember bei minus vier Grad 20 Kilometer Rad gefahren, um einen Freund zu unterstützen. Und das, obwohl ich meine Norm schon erfüllt hatte“, erinnert sich der Rentner.
Mit über 70 noch eine neue Sportart
Zum Hammerwerfen kam Wolfgang Zikownia mit 74 Jahren. 2001 bei der Deutschen Meisterschaft holte er in dieser Disziplin und im Kugelstoßen den zweiten Platz in seiner Altersklasse. Sein größter Erfolg war aber im selben Jahr der Gewinn des Deutschen Meistertitels im Diskuswerfen der Senioren. Nach einer Achillessehnen-Verletzung musste Wolfgang Zikownia seine sportliche Laufbahn beenden.
Einige Tage nach diesem Gespräch ist Wolfgang Zikownia im Alter von 90 Jahren verstorben. Bis zu seinem Tod hatte er an einer ganz besonderen Chronik gearbeitet: Das Deutsche Sportabzeichen in Rodenberg vom Jahr 1913 bis heute. Im nächsten Jahr, zum 100-jährigen Jubiläum des Sportabzeichens, sollte sie fertig sein. Auch wenn Wolfgang Zikownia das Werk nicht selbst beenden kann, hat er doch mit seinem außerordentlichen Engagement einen großen Anteil zum Inhalt der Chronik beigetragen.
(Quelle: wirkhaus)