Sport ist die Basis meines Engagement
Dr. Arthur Christiansen, designierter Bürgermeister von Schleswig, ist seit 30 Jahren Sportabzeichen-Prüfer.

16.12.2013

Dr. Arthur Christiansen ist derzeit Bürgermeister der Gemeinde Handewitt, ab Januar wird er kommunales Oberhaupt von Schleswig sein. Der Bürgermeister erklärt im Interview, welche Bedeutung der Sport und das Deutsche Sportabzeichen für ihn und eine Kommune haben, wie Ganztagsschulen und Sportvereine voneinander profitieren können nund warum er sich seit über 30 Jahren für das Deutsche Sportabzeichen einsetzt.
Lieber Herr Dr. Christiansen,
Sie sind seit beinahe 30 Jahren Prüfer für das Deutsche Sportabzeichen. Wie kam es dazu?
Ich bin im Sportverein groß geworden und habe als Kind und Jugendlicher viel Sport getrieben, besonders aber Handball beim TSV Jarplund-Weding e.V. gespielt, dessen Ehrenvorsitzender ich heute bin. Als ich 1983 Jugendwart des Vereins wurde, war es meine Aufgabe, für die Jugendlichen Angebote zu entwickeln. Ein Angebot, das damals in unserem Verein etwas brach lag, war das Deutsche Sportabzeichen. Nur wenige, meist ältere Mitglieder legten es ab. Als ich den Breitensportorden zum Thema der Jugendarbeit machte, merkte ich, wie viele Kinder und Jugendliche Lust zum Sportabzeichen hatten. Sie freuten sich vor allem über die Urkunde und über die gemeinsamen Aktivitäten. Damit wir die Sportabzeichen abnehmen konnten, bin ich 1984 Obmann geworden und habe Jahr für Jahr die Prüfungen abgenommen. Innerhalb unserer Vereinsgruppengröße, also bei den Vereinen unter 1.000 Mitgliedern, hat unser Verein dann auf Kreis- und Landesebene das eine oder andere Mal sogar den ersten Platz belegt.
Heute nehme ich nach wie vor das Sportabzeichen ab, zwar nicht mehr regelmäßig, aber ab und zu werde ich für einzelne Prüfungen eingesetzt. Und wenn es darum geht, Urkunden vorzubereiten, die dann zur Kreisgeschäftsstelle geschickt werden müssen, bin ich ziemlich oft dabei.
Haben Sie eine besondere Geschichte zu erzählen, die mit dem Sportabzeichen zusammenhängt?
Als wir mit der Jugendarbeit anfingen, wollten einige Jugendliche teilweise dreimal im Jahr das Sportabzeichen machen. Und zwar einfach, weil sie möglichst viele Aufnäher auf ihrer Trainingsjacke anbringen wollten. Das modische Bewusstsein war also die Ambition, das Sportabzeichen abzulegen. Aber wir konnten ja nur ein Sportabzeichen pro Jahr vergeben. Immerhin wurde im Laufe von vier, fünf Jugendjahren doch noch eine kleine Kutte aus der benähten Jacke.
Sie sind designierter Bürgermeister von Schleswig und bis zum Amtseintritt im Januar 2014 Bürgermeister von Handewitt. Haben Sie durch den Sport etwas gelernt, das Einfluss auf Ihre Arbeit als Politiker hat?
Ja, ganz sicher. Ich bin ja schon seit Kindestagen an im Sportverein. Ein Sportverein ist eine ganz wichtige Einrichtung der Sozialisation. Der junge Mensch, der im Team aufwächst, der durch Sport seine Motorik, seine Konstitution und körperliche Fitness verbessert, lernt ja auch gleichzeitig, etwas gemeinsam mit anderen zu machen. Über den Sport bin ich ins Ehrenamt gekommen. Über das Ehrenamt lernt man wiederum, auf den unterschiedlichsten Ebenen Verantwortung zu übernehmen. Und so bin ich irgendwann in die Kommunalpolitik gekommen. Insofern ist die Basis meines Engagements, auch des politischen Engagements, der Sport und seine Gemeinschaft.
Ist es nicht schwer, im Amt des Bürgermeisters Zeit für den Sport und das
Deutsche Sportabzeichen zu finden?
Zeit ist eine Frage der Definition. Für wichtige Dinge wird man immer Zeit haben. Und wenn mich ein Sportverein in Schleswig fragen würde, ob ich eine Aktion in Sachen Deutsches Sportabzeichen unterstütze und mich für einen Tag zur Verfügung stellen möchte, würde ich dafür sicher auch als Bürgermeister von Schleswig Zeit finden.
Es ist ja so: Als Bürgermeister erwarten die Leute meistens eine repräsentative Persönlichkeit, die mit Schlips und Anzug durch die Gegend läuft. Also jemanden, der in den Medien unterwegs ist, nicht aber auf dem Sportplatz und dann schon gar nicht in Sportkleidung. Ich mache das aber, denn ich bin so näher dran an der Bevölkerung. Nicht zuletzt kann ich durch die Vorbildfunktion des Bürgermeisters Menschen dazu animieren, etwas für sich zu tun. Und mein Medium dafür ist das Deutsche Sportabzeichen – ganz einfach, weil es eine gute, bewährte Tradition hat und ein offizielles Ordensabzeichen ist. Gleichzeitig dient es der körperlichen Fitness und kann eigentlich von jedem geschafft werden.
Welche Bedeutung hat Sport für eine Kommune?
So wie ich das am Beispiel meiner eigenen Person genannt habe, hat Sport auch für eine Kommune eine große, eine herausragende Bedeutung. Neben Kirche ist Sportverein die größte Menschenbewegung überhaupt. Sie verbindet Menschen allen Alters, aller Religionen, aller Sprachen und Nationalitäten einfach aufgrund des Wunsches, gemeinschaftlich Sport zu treiben. Insofern ist Sport für jede Kommune eine wichtige Freizeiteinrichtung, aber auch ein wichtiges Instrument für die Sozialisation von Menschen.
Eignet sich das Deutsche Sportabzeichen, um dieser Bedeutung des Sports für eine Kommune gerecht zu werden?
Daran müssten die Organisatoren des Deutschen Sportabzeichens noch ein bisschen arbeiten und sich der DOSB sich noch stärker einsetzen. Die Potentiale, die das Sportabzeichen hat, sind noch lange nicht ausgeschöpft. Die Neuregelungen, die durch die Reform des Deutschen Sportabzeichens eingeführt sind, erlebe ich als eine Verunsicherung vieler Menschen. Da könnte man über Kampagnen der Spitzenverbände bis zu denen der Kreisebene noch eine ganze Menge mehr tun. Zwar gibt es Aktionen wie die Sportabzeichen-Tour. Doch auf der Ebene der Vereine ist die Reform noch nicht angekommen.
Die wichtige Arbeit, die Menschen zu animieren, sich mit Sport zu beschäftigen und dazu in die Schulen und Sportvereine hineinzugehen, ist noch nicht ausreichend in Angriff genommen. Der Ansatz und die Initiative des DOSB sind gut, aber das reicht nicht aus, denn unten kommen die Botschaften nicht an. Ich habe den Eindruck, dass die Bevölkerung in Hinsicht auf die Veränderungen beim Sportabzeichen noch nicht richtig mitgenommen wurde.
Während des Deutschen Städte-und Gemeindetages in Gütersloh waren der Ganztagsschulbetrieb und seine Auswirkungen auf den Sport ein Thema. Bietet der Ganztag eine Chance für das Deutsche Sportabzeichen?
Es wird oft diskutiert, dass der offene Ganztagsschulbetrieb (OGS) und der ehrenamtliche Sportverein nicht miteinander verträglich sind. Dort aber, wo man auf der kommunalen Ebene intelligente Lösungen schafft, z.B. dass man über die OGS und über Sportvereine Kooperationen findet, kann man sehr wohl im Rahmen der OGS-Angebote das Deutsche Sportabzeichen als Instrument einsetzen. Hier bedarf es grundsätzlicher Rahmenbedingungen und der Bereitschaft des Aufeinander-Zugehens von Sportvereinen und Schulen. Beide müssen den Mehrwert der gemeinsamen Sache erkennen.
Eine Idee ist, das Deutsche Sportabzeichen im bewährten Rahmen der Bundesjugendspiele abzunehmen. Das bietet sich an, da nur noch der Schwimmnachweis erforderlich ist, ohne vor Ort schwimmen zu müssen und jetzt alle Übungen auf einer Fläche absolviert werden können.
(Quelle: wirkhaus)