Umfrage bei den Sportpolitikern des Bundes zum künftigen DOSB
Nach eine Umfrage der DSB Presse vor der konstituierenden Sitzung des Deutschen Olympischen Sportbundes am 20. Mai in Frankfurt/Main begrüßen die Parlamentarier unisono den Neustart mit verschlankten Strukturen.

17.05.2006

Sportpolitiker aller Fraktionen des Deutschen Bundestages und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hoffen, dass der Dialog zwischen dem organisierten Sport und der Politik weiter verbessert wird. Sie äußern aber auch Wünsche über das zukünftige Aufgabenspektrum.
Die Stimmen im Wortlaut:
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des Innern und Bundestagsabgeordneter der CDU/CSU-Fraktion:
„Am Ende eines intensiven Diskurses steht die geglückte Fusion. Über diesen Schritt des autonomen Sports freue ich mich. Der DSB und das NOK für Deutschland haben mit ihren Entscheidungen den Weg für eine noch leistungsfähigere Dachorganisation frei gemacht. Die Bundesregierung wird fortan einen einheitlichen Ansprechpartner haben, und dies wird die traditionell gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit weiter fördern. Höchst erfreulich ist, dass eine echte strukturelle Veränderung gelungen ist. Ich habe dem deutschen Sport noch vor den Fusionsbeschlüssen eine grundsätzlich konstruktive Unterstützungshaltung des BMI im Rahmen und unter Berücksichtigung der Haushaltslage des Bundes zugesagt. Einzelheiten einer Anschubfinanzierung etwa müssen noch verhandelt werden. Als weitere Unterstützungsmaßnahme habe ich zugesagt, mich in Abstimmung mit dem Parlament für ganz konkrete Verwaltungsvereinfachungen im Förderverfahren, wie die Orientierung am Olympiazyklus, einzusetzen. Die nächsten großen gemeinsamen Aufgaben, wie etwa die Sicherung eines guten Abschneidens der deutschen Mannschaft bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking und der Anti-Doping-Kampf, stehen bevor. Ich persönlich freue mich auf die Zusammenarbeit in den kommenden Jahren.“
Dr. Peter Danckert, Vorsitzender des Sportausschusses des Deutschen Bundestages:
„Der Zusammenschluss der zwei größten Sportverbände Deutschlands, des DSB und des NOK, am 20. Mai ist für mich ein historisches Ereignis für den Sport. Diese Fusion war sinnvoll und notwendig und führt zu der längst überfälligen Konzentration der Kräfte. Wenn zukünftig Sportler im DOSB ihre Interessen gemeinsam artikulieren, führt dies meines Erachtens zu mehr Effizienz - nicht nur, weil Konkurrenzdenken entfällt. Mit modernen Strukturen, das heißt kurzen Entscheidungswegen, klaren Delegationen und dem Wegfallen doppelter Zuständigkeiten können die Aufgaben des Spitzensports wesentlich wirkungsvoller geleistet werden. Ich bin der Auffassung, dass damit auch der Dialog zwischen Sport und Politik verbessert werden kann. Als Parlamentarier des Deutschen Bundestages freut es mich überdies besonders, dass die Gründungsversammlung in der Frankfurter Paulskirche stattfindet: dort, wo 1848 die Delegierten der Frankfurter Nationalversammlung, der ersten frei gewählten Volksvertretung Deutschlands, tagten - an dem Sitz des ersten demokratisch gewählten gesamtdeutschen Parlaments.“
Klaus Riegert, sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
„Der deutsche Sport spricht nun mit einer Stimme - und das kommt der gesellschaftlichen Bedeutung des Sports zugute. Von der Fusion erwarte ich im Innenbereich eine größere Dynamik, eine kreative und effiziente Auslastung der vorhandenen Ressourcen und den Wegfall bisheriger Reibungsverluste. Der neue DOSB findet keine grundsätzlich neuen gesellschaftlichen Aufgabenstellungen vor; er wird sich den Herausforderungen stellen müssen, unsere Vereine für die gesellschaftlichen Veränderungen fit zu machen, noch mehr Menschen für Sport zu begeistern und Sport als die präventive Kraft im Gesundheitsbereich zu positionieren. Er muss die begonnenen Strukturveränderungen im Spitzensport fortsetzen, damit unsere Athleten eine faire Chance bei internationalen Wettkämpfen haben, und er muss die Bekämpfung des Dopings konsequent fortführen, um die ethischen Werte des Sports zu bewahren. Meine Erwartungen an den Sport verbinde ich auch mit Erwartungen an die Politik: die umfassende gesellschaftliche Bedeutung des Sports zu erkennen, die finanzielle Basis zumindest zu erhalten, Bürokratie abzubauen, um den ehrenamtlich tätigen Menschen Freiräume für Kreativität und Innovationen zu öffnen.“
Dagmar Freitag, sportpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion:
„Der 20. Mai 2006 wird als historischer Tag in die Geschichte des deutschen Sports Eingang finden. In Zukunft wird ein Dachverband die Interessen von Freizeit- und Spitzensportlern, von Rand- und Breitensportarten gleichermaßen vertreten. Die Bedeutung von Sport und Bewegung ist in den vergangenen Jahrzehnten immer größer geworden: Sport ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und ein wichtiges kulturelles Instrument in der internationalen Darstellung unseres Landes. Sport und Bewegung leisten einen entscheidenden Beitrag zur Gesunderhaltung der Bevölkerung. Der DOSB wird als größte Interessenvertretung Einfluss nehmen können und müssen auf die vielfältigen Herausforderungen der Zukunft. Dabei wird es um die Modernisierung des Spitzensportsystems und den Erhalt des ehrenamtlich geprägten Breitensports ebenso gehen wie um eine konsequente Anti-Doping-Politik und um das solidarische Miteinander aller Verbände auch in ökonomischen Belangen. Die sozialdemokratische Sportpolitik war den beiden Vorgängerinstitutionen des neuen Dachverbandes ein verlässlicher Partner - sie wird es auch dem Deutschen Olympischen Sportbund sein.“
Detlef Parr, sportpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion:
„Der Sport wird zukünftig mit einer Stimme sprechen und damit seiner gesellschaftlichen Bedeutung entsprechend durchschlagskräftiger auftreten. Die Politik sollte sich nur helfend oder ergänzend in den Sport einmischen. Sie sollte Partner des Sports sein und seine Selbstverwaltungskräfte stützen und stärken. Ich erwarte, dass der DOSB die Förderung des Leistungssports durch eine starke Unterstützung des Breitensports untermauert. Das beginnt beim Schulsport. Es ist wichtig, die präventive Rolle des Sports weiter hervorzuheben, besonders hinsichtlich der sich verändernden Bevölkerungsstruktur. Die Jugendarbeit der Vereine ist für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Der Sport in Schule und Verein kann zu erfolgreicher Integration führen: Laufende Kampagnen belegen die Bedeutung des Sports für Migrantinnen und Migranten; sie müssen fortgeführt werden. Der Kampf gegen Doping muss einer der Mittelpunkte der Arbeit des DOSB sein - unter dem Aspekt ‚so viel Autonomie wie möglich, nur so viel Staat wie nötig’. Bewerbungsmöglichkeiten um sportliche Großereignisse wie Olympische Spiele, Universiaden oder Weltmeisterschaften sollten konsequent verfolgt werden.“
Katrin Kunert, sportpolitische Sprecherin der Linkspartei im Deutschen Bundestag:
„Ganz klar, der Sport hat eine integrierende Komponente für die Gesellschaft. Sport verbindet Menschen aller sozialen Gruppen und Schichten. Sport ist Jugendarbeit und Gesundheitsförderung zugleich. Sport ist Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Auf Grund der ernüchternden Ergebnisse der SPRINT-Studie ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass der Sport eine besondere Beachtung findet, auch und vor allem unter finanziellem Aspekt. Trotz zahlreicher Erfolge bei sportlichen Großveranstaltungen und der Ausrichtung der Fußball-WM darf in Deutschland nicht nur der Spitzensport im Fokus stehen. Jugend- und Breitensport bilden das Fundament für ‚Spitzen-Leistungen’ und tragen entscheidend zu einer gesunden, aktiven und toleranten Gesellschaft bei. Die Bundestagsfraktion DIE LINKE begrüßt die Konzentration von Strukturen an der Spitze des deutschen Sports in Form des DOSB. Es ist für die Politik wichtig, dass es für uns einen Ansprechpartner im Sport gibt. Die Verschmelzung von DSB und NOK ebnet den Weg zu klaren Entscheidungsabläufen und damit zu mehr Effizienz. Mit der Errichtung dieser Strukturen verknüpfen wir die Erwartung, dass sie den originären Aufgaben angepasst werden. Dabei ist für uns besonders der Gleichklang im Sinne einer Symbiose von Breiten- und Hochleistungssport wichtig. Die Gründung des DOSB eröffnet dem Sport neue Chancen. Wir freuen uns auf eine faire und konstruktive Zusammenarbeit.“
Winfried Hermann, sportpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag:
„Die Grünen haben die Fusion von DSB und NOK zu einer gemeinsamen, modernen Sportorganisation von Anfang an positiv begleitet. Eine schlanke und effiziente Organisationsstruktur ist eine wichtige Grundlage für zukünftigen Erfolg. Die Fusion darf aber kein Selbstzweck sein. Denn genauso nötig sind neue Konzepte für die Weiterentwicklung von Breitensport und Gesundheitssport, insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Dringend notwendig ist eine Strategie für die Entwicklung des Spitzensports, der Dopingbekämpfung und der internationalen Dimension des Sports. Inzwischen wurde eine neue Führungsriege von Thomas Bach ausgedealt, aber es bleibt völlig unklar, wofür dieses Personaltableau steht und wer was inhaltlich will.“