Vatikan gründet eigene Sportstiftung
Der Vatikan hat offenbar den Sport als wichtige Größe für seinen dem Erdkreis gleichen Einflussbereich entdeckt, insbesondere um die erzieherischen Werte des Sports an die Jugend in aller Welt zu vermitteln.

11.08.2008

Der Kirchenstaat legt diese Interpretation nahe, indem in Rom unmittelbar vor den Olympischen Sommerspielen in Peking vom 8. bis 24. August erstmals eine eigene Sportstiftung gegründet wurde. Überdies ist mit dem deutschen Sportwissenschaftler Norbert Müller von Papst Benedikt VI. erstmals ein Mann des Sports in den Laienrat des Vatikans berufen worden. Damit gilt der 61-Jährige von der Universität Mainz, der in dem 25-köpfigen Berater-Gremium als bisher erster und einziger Vertreter den Sport verkörpert, bei diesem Thema künftig als wichtigster päpstlicher Ratgeber. „Diese Berufung ist schon eine ganz besondere Ehre und zeigt, dass dem Sport vom Vatikan ganz offensichtlich eine neue Bedeutung beigemessen wird", erklärte Norbert Müller. „Bei dieser Aufgabe wird mir ganz wichtig sein, einen ökumenischen Ansatz einzubringen."
Das erste Zusammentreffen des Laienrates ist für November dieses Jahres terminiert. „Dabei werden Fragen des Sports zwar nicht speziell auf der Tagesordnung stehen, aber einige Anregungen werde ich am Rande bestimmt einbringen können", blickt Müller voraus. Insbesondere schwebt ihm vor, in seinem Fachgebiet den Dialog zwischen den Religionen im Sinne einer „Weltethik des Sports" voranzubringen. Ein weiterer großer Plan besteht darin, künftig mit Hilfe eines speziellen Diploms für sportlich und sozial engagierte Schüler den Sport mit all seinen Werten in die weltweit insgesamt 300.000 katholischen Schulen zu transportieren. Benannt werden soll das Diplom nach Papst Johannes Paul II. Von ihm stammten Müller zufolge die entscheidenden Impulse für die stärkerer Hinwendung der Katholische Kirche zum Sport. Davon zeugen rund 150 Reden, die Johannes Paul II. zu diesem Themenkreis gehalten habe.
Es ist demnach kein Wunder, dass die erste Sportstiftung des Vatikans, die jetzt offiziell vorgestellt wurde, nach dem im Jahr 2005 kurz vor seinem 85. Geburtstag verstorbenen Papst benannt ist. Ziel der neuen Einrichtung ist es, weltweit den pastoralen und erzieherischen Wert des Sports zu verbreiten und zu unterstützen, hieß es bei der Präsentation. Die Stiftung berufe sich auf Johannes Paul II., da er als sportbegeisterter Mensch, der in seiner Jugend als Fußballer, Bergsteiger, Kanute und Skifahrer selbst außerordentlich aktiv gewesen ist und immer wieder die moralischen Werte des Sports betont habe.
Die Initiative werde im Paulus-Jahr mit einem Langstreckenlauf auf den Spuren des Völkerapostels starten, erklärte Edio Costantini, Präsident der neuen Stiftung. Über die Neugründung sollen vor allem Pfarreien dazu angespornt werden, über den Sport Kontakt zu jungen Menschen zu gewinnen und zu halten. „Damit wird die Pfarrei auch wieder zu einem Ort der Erziehung. Sport ist wohl eines der geeignetsten Mittel hierfür. Sport produziert eine eigene Energie und bleibt stets attraktiv. Gleichzeitig bietet er außergewöhnliche Möglichkeiten aus erzieherischem Blickwinkel", erklärte Costantini und schlug damit die direkte Brücke zu Papstberater Norbert Müller und seiner Idee von einem künftigen Sport-Diplom für katholische Schüler. Der Mainzer Sportwissenschaftlicher, der auch Mitglied der Kommission für Kultur und Olympische Erziehung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und Vorsitzender des internationalen Coubertin-Komitees ist und sich während er Olympischen Spiele mit Studenten zu Studien und Befragungen in China aufhält, befasst sich im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit bereits seit geraumer Zeit mit der Aufarbeitung des Verhältnisses zwischen Kirche und Sport. Dem Vatikan war der Experte zunächst eher zufällig durch mehrere Aufsätze im Internet aufgefallen. Anschließen hatten sich erste persönliche Kontakte angebahnt, die nun in der offiziellen Berufung in den Laienrat gipfeln.