Vernetzung mit Migrantenorganisationen – ein Orientierungsworkshop des Programms „Integration durch Sport“

21.12.2010

Migrantenorganisationen können einen wertvollen Beitrag zur Integration leisten. Sie verfügen häufig über Kompetenzen, die Integrationsprozesse in Gang bringen oder fördern können. Die Landeskoordinatoren/innen des Programms „Integration durch Sport“ trafen sich im November in Duisburg zu einem Orientierungsworkshop, um über dieses Potenzial zu diskutieren. Dabei tauschten sie Erfahrungen aus und entwickelten Konzepte für die zukünftige Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen.
Am Vorabend des Tagungsworkshops erhielten die Teilnehmer/-innen mit einem Besuch von Deutschlands größter Moschee einen lebendigen Einstieg in die Thematik. Leyla Özmal, die Integrationsbeauftragte der Stadt Duisburg, berichtete über die noch junge Geschichte der DITIB-Merkez-Moschee. In Duisburg-Marxloh hatte ein reger Austausch zwischen Muslimen und nichtmuslimischen Anwohnern dafür gesorgt, dass es beim Bau der Moschee zu keinen nennenswerten Protesten kam.
Nachbarn, Kirchen und gesellschaftliche Gruppen wurden in die Planung einbezogen – herausgekommen ist ein Gebäude mit großen Fenstern, die Transparenz signalisieren. Im Innern: unter anderem eine Begegnungsstätte der Religionen. Hier werden in niedrigeschwelligen Angeboten Hemmschwellen abgebaut. Und wenn beim gemeinsamen Kaffeekranz christliche Frauen die Kopftücher ihrer muslimischen Gesprächspartnerinnen anprobieren, ist viel erreicht. Vielfältige Maßnahmen haben hier zur Vertrauensbildung beigetragen und schließlich dazu geführt, dass das geflügelte Wort vom „Wunder von Duisburg-Marxloh“ die Runde machte.
So eingestimmt, begannen die Teilnehmer/innen den Orientierungsworkshop am folgenden Tag. Nach einem Grußwort von Hans-Peter Schmitz, dem Integrationsbeauftragten des Landessportbundes und der Sportjugend Nordrhein-Westfalen, referierte zunächst Rolf Erdmeier, Regionalkoordinator beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, über die Organisationsstrukturen und die vorhandenen Zugänge zu Migrantenorganisationen.
Potenziale und Grenzen
Integration kann nur gemeinsam mit Migrant/innen gelingen, machte Erdmeier deutlich und wies auf die Potenziale der Migrantenorganisationen hin. Diese würden die Bedarfe organisierter und nicht organisierter Zuwanderer kennen. Sie seien häufig Anlaufstelle für Ratsuchende und stellten eine Informations- und Kommunikationsplattform für Menschen gleicher Herkunft dar.
Er zeigte auch die Grenzen von Migrantenorganisationen auf, die es bei einer Vernetzung zu erkennen gilt. So gebe es unter anderem kaum hauptamtliche Strukturen und nur eine begrenzte finanzielle Ausstattung. Die große Chance, die sich bei der Vernetzung mit Migrantenorganisationen seiner Meinung nach biete, sei der effektive Zugang zu ethnischen Communities.
Tina Nobis, Diplom-Soziologin von der Abteilung Sportsoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, sprach über den Bereich „Migrantenorganisationen und Sport“ und ging grundlegenden Fragen nach wie „Wie viele Migranten(sport)vereine gibt es eigentlich“ und „Wie unterschiedlich sind sie in den einzelnen Bundesländern vertreten“? Unter der Überschrift „Migrantenorganisationen: Sackgassen der Integration oder Integrationsschleusen?“ erläuterte sie den aktuellen Diskussionstand, der ihren Ausführungen zufolge weniger von empirischen Befunden als von Thesen und Annahmen geprägt ist.
Durch diesen Überblick zum Forschungs- und Erkenntnisstand hatten die Teilnehmer/innen die nötigen Eckdaten für folgende Diskussionen. In moderierten Kleingruppen-Workshops sprachen sie über die Perspektiven einer verstärkten Vernetzung mit Migrantenorganisationen. Die Landeskoordinatoren/innen waren weitestgehend einer Meinung, dass über die Zusammenarbeit mit einer Migrantenorganisation situativ entschieden werden solle. Nichtsdestoweniger formulierten sie das Ziel, mehr Migrantensportvereine in die Förderung von „Integration durch Sport“ aufzunehmen.
Außerdem wurde im Rahmen des Workshops der Wunsch geäußert, bei einer weiteren Veranstaltung auch Vertreter/innen von Migrantenorganisationen, zum Beispiel einer Moschee, einzuladen, um nicht nur über, sondern auch mit Migranten/innen zu reden. Eine Fortsetzung, die es mit Sicherheit geben wird, darüber waren sich die Teilnehmer/innen des Workshops einig.