Vom Fitnesstest zum Ironman
Runter von der Couch und ab auf die Laufbahn. Sportlicher Späteinsteiger erlebt den Fitnessorden als Initialzündung.

30.11.2011
Vom nicht bestandenden Fitnesstest bis zum triumphalen Zieleinlauf beim Ironman ist es ein weiter Weg. Der ehemalige Sportmuffel Günter Gies ist ihn gegangen, beziehungsweise gelaufen, gefahren und geschwommen. Sein Werdegang zeigt, wohin es führen kann, wenn man sich dazu entscheidet, Bewegung und Sport zu einem Teil seines Lebens zu machen.
Günter Gies war 43 Jahre alt. Und genauso lange hatte er nach eigenem Bekunden keinen Sport getrieben. Gies war ziemlich unfit, rauchte und hatte für Sport generell nicht viel übrig. Sein einziger Bezugspunkt zum Sport: Als Angestellter in der IT-Abteilung des Bonner Polizeipräsidiums betreute er auch die Internetseite des Polizeisportvereins Bonn. „Ich habe immer Berichte von sportlichen Menschen, die viele Erfolge vorweisen konnten, online gestellt. Von solchen Erfolgen war ich weit entfernt“, sagt Gies heute.
Das ließ ihm keine Ruhe. Dazu kam die Überredungskunst seines Kollegen und Freundes Joachim Sommershof. Der dreifache Weltmeister im Triathlon in seiner Altersklasse schaffte es 2005, Gies davon zu überzeugen, es einmal mit Sport zu versuchen. „Probiere doch mal, das Sportabzeichen zu schaffen“, sagte er zu ihm. Gies versuchte es – und schaffte es nicht.
„Ich konnte wirklich keine 500 Meter am Stück laufen, danach war ich total aus der Puste“, berichtet Günter Gies. „Außerdem hatte ich schon nach kurzen Strecken starke Schmerzen in den Beinen.“ Doch der Ehrgeiz war geweckt. „Ich habe angefangen zu trainieren, in ganz kleinen Schritten. Das hieß: kurze Laufeinheiten mit vielen Pausen. Und siehe da: Nach ein paar Monaten waren die Schmerzen weg.“
Beim nächsten Anlauf im Jahr 2006 klappte es mit dem Deutschen Sportabzeichen. Seitdem hat Gies es in keinem Jahr ausgelassen, die Prüfung abzulegen. Im August 2006 lief er seinen ersten Volkstriathlon. 500 Meter Schwimmen, 20 km Radfahren und fünf Kilometer Laufen machten Lust auf mehr.
Step by Step zum großen Ziel
Gies stellte einen ehrgeizigen Plan auf. Mit 50 Jahren wollte er seinen ersten Ironman bestreiten. Für das große Ziel in 2011 steigerte er von Jahr zu Jahr seine Triathlon-Distanz. Beim Bonn-Triathlon startete er in drei aufeinanderfolgenden Jahren in der Staffel. 2005 als Schwimmer über 3,8 Kilometer, 2006 als Radfahrer über 60 km und 2007 als Läufer über die 15-km-Strecke.
Steil hinauf mit dem Rad ging es 2008 beim Alpe d'Huez-Triathlon. Dort bewältigte er den durch die Tour de France weltbekannten Anstieg. Nach seinem ersten Marathon in Rotterdam und dem ersten Halbtriathlon in Antwerpen 2009 nahm er im Jahr darauf an der Langdistanz-Weltmeisterschaft in Immenstadt teil. 2011 war es schließlich soweit. In Zürich ging er beim Ironman an den Start. 12:45 Stunden, in denen er sicher das eine oder andere Mal an seine ersten wenig erfolgreichen Ausdauersportversuche gedacht haben wird. „Unglaublich“ lautete sein Fazit nach dem Zieleinlauf: „Die Gefühle kann man kaum beschreiben ... Und dann, etwas später, denkt man auch nochmal über die Länge des Wettkampfs nach. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen. Und dann lächelt man in sich hinein und ist verdammt stolz auf sich selbst.“
Ungeachtet seiner Erfolge im Triathlon ist er dem Deutschen Sportabzeichen treu geblieben. „Das ist zu so einer Art Glücksbringer geworden“, sagt Günter Gies. Inzwischen ist er sogar Sportabzeichenprüfer beim Stadtsportbund Bonn und nimmt den Kollegen bei der Polizei das Sportabzeichen ab. „Ich betreue jetzt beim PSV Bonn die Späteinsteiger“, so Gies. „Leute, die ein ähnliches Profil haben wie ich damals. So kann ich etwas von dem zurückgeben, was der Sport mir gegeben hat.“
Seine Lebensqualität hat sich verbessert, seitdem er Sport treibt, findet er. “Ich fühle mich besser, ich bin fit. Es heißt ja ‚man wird nicht jünger‘, aber davon merke ich nicht viel. Es geht mir einfach gut und das führe ich auch auf den Sport zurück.“
(Quelle: wirkhaus)