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Was steht im Sportentwicklungsbericht 2015/2016? (Teil 5)

Im Sommer ist der sechste Sportentwicklungsbericht erschienen. In einer mehrteiligen Serie werden wichtige Ergebnisse dieser bundesweiten Erhebung vorgestellt.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

13.12.2017

Der nun vorliegende sechste Sportentwicklungsbericht ermöglicht es erstmals in der Geschichte der Sportvereinsbewegung in Deutschland, ihren Wandel über einen Zeitraum von zwölf Jahren (genauer von 2005 bis 2016) zu betrachten. Dazu bemerken die Autorin Svenja Feiler und der Autor Christian Breuer im Kapitel 5 des Sportentwicklungsberichtes eingangs, dass seit knapp 60 Jahren ein Niedergang des Sportvereins hierzulande vorausgesagt wird – allein angesichts einer sich dynamisch und komplex verändernden Vereinsumwelt und wegen des vermeintlichen Nachlassens der Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement in Sportvereinen. Heute können wir jedoch beruhigend feststellen, dass eher das Gegenteil der Fall ist.

Der Sportverein in Deutschland kann zumindest auf eine stabile Mitgliederentwicklung auf einem relativ stabilen hohen Niveau zurückblicken. Es werden systematisch Gemeinwohlbeiträge erbracht; Sportvereine erbringen Leistungen im Bereich u.a. der Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation; sie sind im Offenen Ganztag engagiert und übernehmen wichtige Integrationsfunktionen in der Gesellschaft. Damit leisten sie spezifische Beiträge, die von keiner anderen Non-Profit-Organisation in dieser Weise erbracht werden. Trotzdem oder gerade deswegen unterliegen Sportvereine einem strukturellen Wandel. Dazu bietet der jüngste Sportentwicklungsbericht jetzt längsschnittliche Befunde über die Jahre hinsichtlich (1.) der inhaltlichen Grundaus-richtung der Sportvereine (Stichwort: Gemeinwohlorientierung), (2.) hinsichtlich der aktuellen Probleme, die sich im Untersuchungszeitraum von zwölf Jahren ergeben bzw. verfestigt haben und (3.) hinsichtlich der sich verändernden Vereinsstruktur (z.B. Angebote von Sportarten, Sportanlagenversorgung, Finanzierungssysteme).

An der generellen Gemeinwohlorientierung von Sportvereinen gibt es derzeit jedoch nichts zu rütteln. Sie ist über die Jahre stabil geblieben. Allerdings werden auffällige Veränderungen in Bezug auf fünf Grundausrichtungen spürbar nach den Befragungen von Vereinsverantwortlichen: Die Qualitätsorientierung der Sportangebote hat über die Zeit abgenommen. Dieser Befund ist forschungsmethodisch so zu erklären, dass die Aussage: „Unser Verein achtet besonders auf die Qualität des Sportangebots“ heute nicht mehr die Zustimmung wie früher erhält: Waren es im Jahre 2005 noch 4,21 Punkte (von möglichen 5), so sind es jetzt nur noch 4,01. Rückläufig ist auch die Zustimmung für ein verstärktes Engagement in der Jugendarbeit. Das gleiche gilt für den Gesundheitssport als ein besonderes Angebotssegment in Sportvereinen. Auch die Ausrichtung der Angebote am Leistungssport ist weiter gesunken, in Zahlenwerten von 3,05 (in 2005) auf jetzt 2,69. Das alles führt in der Summe dazu, dass die Sportvereine heute etwas weniger optimistisch in die Zukunft blicken als noch vor zwölf Jahren.

Die Anzahl der Sportvereine, die für sich ein existenzielles Problem markieren, ist von 15,1 Prozent (im Jahr 2005) auf heute 35,6 Prozent gestiegen. Diese Existenzbedrohung – das verwundert wohl kaum – gipfelt in dem Problem der mangelnden Gewinnung und Bindung von ehrenamtlichen Funktionsträgerinnen und -trägern. Damit einher geht das ebenfalls wachsende Problem der unzureichenden Gewinnung und Bindung von Übungsleitern und Trainern. Das gilt auch für Frauen. Wir müssen immer wieder hinnehmen, dass es in einzelnen Sportarten gerade für die Jüngsten sogar einen Aufnahmestopp aus genau diesem Grund gibt. Die Existenzbedrohung von Sportvereinen erhält hier ein geradezu personifiziertes Gewicht! Ähnlich verhält es sich übrigens aus der Sicht der befragten Vereinsverantwortlichen mit der nachlassenden Förderung des Leistungssports als das drittgrößte Problem. Schließlich beklagen Sportvereine zunehmend Probleme aufgrund eines regionalen demografischen Wandels.    

Zum Schluss dieses Kapitels widmen sich Christian Breuer und Svenja Feiler noch den Problem-lagen, die mit der Vereinsstruktur einhergehen. Hier attestieren sie zunächst, dass zentrale Merkmale weitgehend unberührt geblieben sind über die Jahre. Dieser Befund bezieht sich z.B. auf das Verhältnis von Ein- zu Mehrspartenvereinen und die weitgehend gleich bleibende Anzahl der angebotenen Sportarten bzw. Abteilungen eines Vereins. Dies gilt auch für die Finanzierung von Sportvereinen. Auf der anderen Seite legen die Daten nahe, dass immer mehr Sportvereine für die Nutzung von kommunalen Anlagen Geld zahlen müssen. Damit korreliert der Anteil der Sportvereine, die generell bzw. immer häufiger solche kommunalen Sportstätten nutzen.

Literatur und Hinweise zum Sportentwicklungsbericht 2015/2016:

Breuer, C. (Hrsg.): Sportentwicklungsbericht 2015/2016. Band I: Analyse zur Situation der Sportvereine in Deutschland. Hellenthal 2017: Sportverlag Strauß.

Breuer, C. (Hrsg.): Sportentwicklungsbericht 2015/2016. Band II: Weiterführende Strukturanalysen. Hellenthal 2017: Sportverlag Strauß.

Weitere Informationen zum Thema Sportentwicklungsbericht mit Downloadmöglichkeiten sind auf der Homepage des DOSB unter www.dosb.de/seb  abrufbar.

Für weitere Auskünfte steht Christian Siegel (siegel(at)dosb.de) im DOSB zur Verfügung.

(Quelle: DOSB/Prof. Detlef Kuhlmann)

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