Weiterbildung steht hoch im Kurs
Die Direktorin der Führungs-Akademie des DOSB Gabriele Freytag spricht im Interview über den Erfolg der Führungs-Akademie und das aktuelle Seminarprogramm.

18.12.2009
Rechtzeitig zur Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vor zehn Tagen in Düsseldorf hat die in Köln angesiedelte Führungs-Akademie des Dachverbandes ihr Seminarprogramm für das Jahr 2010 veröffentlicht. Das Angebot ist erfolgreich. Die Zahl der Teilnehmer habe sich in den letzten zwei Jahren fast verdoppelt, sagte die Direktorin der Führungs-Akademie, Gabriele Freytag, im Interview mit Hanspeter Detmer.
DOSB PRESSE: Frau Freytag, was bedeutet Führung in der Führungs-Akademie?
GABRIELE FREYTAG: Die Führungs-Akademie des Deutschen Olympischen Sportbundes hat die Aufgabe, Entwicklungen des Sports und Herausforderungen für die Vereine und Verbände frühzeitig zu erfassen, zu analysieren und daraus Unterstützungsleistungen für den organisierten Sport zu liefern. Mit unseren Angeboten an Seminaren, Fortbildungsreihen, Symposien oder der unmittelbaren Beratung von Vereinen und Verbänden reagieren wir auf Entwicklungen unseres sportlichen und gesellschaftlichen Umfelds. Wir versuchen, die den Sport führenden Personen vorzubereiten auf Herausforderungen, die heute schon erkennbar unweigerlich auf sie zukommen werden.
DOSB PRESSE: Können Sie konkrete Beispiele nennen?
FREYTAG: Rund um den Datenschutz und im Bereich des Vereins- und Steuerrechts hat der Gesetzgeber in jüngster Vergangenheit viele auch den Sport erheblich tangierende Gesetzesänderungen vorgenommen. Wir sind dabei, die Verbände und Vereine für diese gesetzlichen Änderungen zu sensibilisieren und ihnen auch konkrete Hilfen anzubieten. Das Thema Datenschutz wird uns mit Sicherheit noch in starkem Maße fordern. Dann weise ich auf die Folgen der Neufassung des NADA-Codes zum 1.1.2009 hin. In Zusammenarbeit mit der Nationalen Anti Doping Agentur und der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit haben wir die Konsequenzen aus den ersten vorliegenden Doping-Fällen diskutiert, um die Verbände letztlich auf einheitliche Standards zu bringen und gegebenenfalls notwendige Verfahren sensibel hinsichtlich der Anforderungen durchzuführen. Ganz wichtig ist die unmittelbare Verbandsberatung, wenn es, um Beispiele zu nennen, um die Folgen der demographischen Entwicklung oder etwa um den Wertewandel in unserer Gesellschaft geht. Welche Rolle spielen diese Aspekte für die Mitgliederentwicklung und welche Möglichkeiten gibt es, darauf zu reagieren?
DOSB PRESSE: Beraten Sie also auch dabei, wie Vereine Mitglieder gewinnen und sie binden können?
FREYTAG: Da fallen mir spontan zwei Spitzensportverbände ein, mit denen wir in engem Kontakt stehen. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung unternimmt im Rahmen eines bundesweiten Projekts zur Mitgliederentwicklung große Anstrengungen, Mädchen, aber vor allem auch Jungen für den Reitsport zu begeistern. Bei Mädchen ist die Begeisterung für das Reiten fast grenzenlos. Aber Reitsport-begeisterte Jungen sind rar. Da der Anteil an Kindern und Jugendlichen bei den Reitern besonders groß ist, wird sich der demographische Wandel hier bemerkbar machen, und der Spitzenverband versucht schon jetzt, die Vereine und Betriebe auf diese Entwicklung vorzubereiten.
DOSB PRESSE: Auf welchen Feldern beraten Sie noch?
FREYTAG: Der Deutsche Schützenbund etwa hat Probleme mit seiner öffentlichen Wahrnehmung. Der Waffenmissbrauch durch Leute, die meist gar nicht in Verbindung zu einer ordentlichen Schützenorganisation stehen, belastet das Image eines traditionsreichen soliden Sportverbands und hier ganz besonders den Bereich der klassischen Schusswaffen. Andererseits erfreuen sich die ebenfalls zum Deutschen Schützenbund gehörenden Bogenschützen eines großen Zulaufs. Wir unterstützen die Verbände dabei, mit solchen Herausforderungen für die Verbandsentwicklung umzugehen.
DOSB PRESSE: Die Führungs-Akademie des DOSB wurde 1980 gegründet. Sie stehen ihr als Direktorin fast genau zwei Jahre vor. Wie kommt man in eine solche Führungsposition?
FREYTAG: Bereits seit 1993 gehöre ich der Führungs-Akademie an, damals noch mit Sitz in Berlin. Eine der großen Aufgaben war damals die Beratung von Vereinen und Verbänden der neuen östlichen Bundesländer beim Aufbau demokratischer Vereinsstrukturen. In Bayreuth hatte ich Sportökonomie studiert und mir berufsbegleitend weiteres Know-how mit dem Schwerpunkt Organisationsentwicklung aufgebaut.
DOSB PRESSE: Haben Sie auch die aktive Seite des Sports kennen gelernt?
FREYTAG: Das war kein Problem. Ich habe unter anderem ein paar Jahre Zweite Bundesliga Volleyball gespielt und auch als eine der ersten Trainerinnen eine Männermannschaft auf diesem Niveau trainiert, bis ich dann meinen Schwerpunkt auf Beachvolleyball verlagert habe und es bis zum dritten Platz bei einer deutschen Meisterschaft geschafft habe. Auch jetzt lässt mich die aktive Seite noch nicht los - im Tennis.
DOSB PRESSE: Das Zentrum der deutschen Politik liegt in Berlin. Die Führungs-Akademie des DOSB schloss 2004 ihren Umzug von Berlin nach Köln ab. Gerieten Sie damit nicht ins Abseits?
FREYTAG: Genau das Gegenteil ist der Fall. Da der DOSB sein Zentrum in Frankfurt hat und viele Spitzensportorganisationen im Rhein-Main-Gebiet angesiedelt sind, sind wir sozusagen unseren Kunden näher gekommen. Die Unterbringung der Führungs-Akademie unter infrastrukturellen Aspekten ist für unsere Seminarangebote ideal. Vom Kölner Hauptbahnhof, noch schneller vom ICE-Bahnhof Köln-Deutz kann man uns zu Fuß erreichen. Und zum Nahverkehrstarif ist man vom Kölner Flughafen in 20 Minuten in unseren Seminarräumen nur wenige Meter von der LanxessArena entfernt. Bei unseren Verbandsberatungen richten wir uns darüber hinaus nach unseren Mitgliedsorganisationen und kommen ihnen an ihren Veranstaltungsorten entgegen.
DOSB PRESSE: Wie wirkt sich das in der Nachfrage aus?
FREYTAG: Sehr positiv. Wir haben die Anzahl unserer Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer in den letzten beiden Jahren beinahe verdoppelt. Und auch die Zahl der Verbände, die wir beraten, ist deutlich gestiegen. Rechtzeitig zur DOSB-Mitgliederversammlung in Düsseldorf hatten wir unser Seminarprogramm für 2010 veröffentlicht. Mehr als das, was dort angeboten wird, können wir momentan zusätzlich zu unserer Beratungs- und Forumstätigkeit mit unseren acht festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kaum noch leisten. Als thematisch Roter Faden zieht sich die Bedeutung von Kommunikation in unterschiedlichster Weise und auf den unterschiedlichsten Ebenen durch das Programm. Die Kommunikationsfähigkeit der deutschen Repräsentanten in internationalen Gremien unterstützen wir mit einem Seminar „Englisch-Code“. Dann helfen wir, das Auftreten vor Mikrofon und Kamera zu verbessern. Auch das ist Kommunikation. Wer eine Führungsposition richtig ausfüllen will, der muss heutzutage über kommunikative Fähigkeiten verfügen. Dabei setzen wir auch auf ungewohnte Methoden: So beziehen wir bei dem Seminar „Gruppen leiten – Neue Impulse für die eigene Leitungs-kompetenz“ sogar Pferde mit in die Seminararbeit ein. Da Pferde extrem sensibel auf Körpersprache und Gefühle reagieren, ist es möglich, eine direkte, nonverbale Rückmeldung über eigene emotionale und soziale Handlungsmöglichkeiten zu erhalten. Teile des Seminars finden auf einem Reitplatz statt, auch wenn kein Seminarteilnehmer auf ein Pferd steigen und reiten muss. Insgesamt bin ich überzeugt, dass unser Angebot ausgesprochen attraktiv ist und wir sind gespannt auf die Resonanz.
Zur Person: Gabriele Freytag kennt den Sport von allen Seiten. Neben ihrem Fachwissen in Sportwissenschaften und Betriebswirtschaft ist die diplomierte Sportökonomin Expertin für Organisations-Entwicklung. Darüber hinaus hat sie viele Jahre auf hohem Niveau Beach-Volleyball gespielt. 2000 krönte sie ihre Sportkarriere mit dem dritten Platz bei den deutschen Meisterschaften. Seit zwölf Jahren arbeitet die 38jährige bei der Führungs-Akademie. Seit Januar 2008 ist sie Direktorin.