Wenn Sport zu einem Lebensinhalt wird
Wolfgang Hahne aus Travemünde hat 60 Mal das Sportabzeichen erfolgreich wiederholt – und ist damit Rekordhalter in und um Lübeck.

11.12.2012

Mit Wolfgang Hahne über sein sportliches Leben zu plaudern, war gar nicht so einfach. Oder besser gesagt, das Gespräch zu planen. Zum einen ist der 78-Jährige nahezu jeden Tag mit dem Fahrrad unterwegs und deshalb schwer zu erreichen. Zum anderen warnte uns seine Frau im Vorfeld: „Mein Mann redet nicht so gerne. Und schon gar nicht über sich selbst, er steht nicht so gerne im Mittelpunkt.“ Nun gut. Dass die Nordlichter nicht immer die Gesprächigsten sind, ist ja bekannt. Aber auch wir waren überrascht, wie viel jemand, der eigentlich nichts sagen will, dann doch erzählt. Und der wunderbar trockene Humor des sympathischen Hanseaten macht seine Geschichte zu einer ganz besonderen.
Der Fels in der Travemünder Brandung
Schon als Kind entdeckte Wolfgang Hahne seine Leidenschaft für den Sport, mit zwölf Jahren wurde er Mitglied im Turn-und Sportverein Travemünde. Er turnte bis zum Ende seiner Schulzeit. Doch dann wurde es ziemlich einsam für den jungen Mann. „1950, als wir mit der Schule fertig waren, gingen die meisten meiner Turn-Kollegen weg aus Travemünde, weil es hier keine Arbeit gab. Ich selbst hatte eine Maler-Lehrstelle und wollte nicht weg. Da ich aber schließlich nicht alleine turnen konnte, wechselte ich damals in die Leichtathletik-Abteilung“, erzählt er uns.
Wolfgang Hahne entdeckte, dass ihm Kurzstreckenlauf, Kugelstoßen und Weitsprung gut lagen. Zu dieser Zeit hatte er bereits mehrfach das Jugendsportabzeichen abgelegt und machte dann einfach jedes Jahr weiter. „Ich hatte immer viel Spaß beim Sport, und das Sportabzeichen war schon immer für mich ein Ziel, das ich erreichen wollte“, erzählt er. „Das ist noch heute so. Wenn ich ein Ziel vor Augen habe, ist das Ansporn für mich.“ Dass Wolfgang Hahne diese Worte genau so meint, wie er sie sagt, beweist er auch gleich: Noch heute und trotz eines Hüftleidens, das ihm das Gehen oft schwer macht, steigt er zwei Mal in der Woche aufs Rad und fährt 20 Kilometer. Weil er die Bewegung braucht. Und weil 20 Kilometer ein klares Ziel sind.
Amors Pfeil traf ihn beim Turnen
Auch wenn Wolfgang Hahne innerhalb seines Vereins zu den Leichtathleten wechselte, dem Turnen blieb er weiterhin treu. Und so sollte dieser Sport 1957 auch sein Leben verändern. Bei einem Turnwettkampf in Travemünde lernte er seine Ehefrau Brigitte kennen, die als Zuschauerin in der Halle war. Es begann mit ein paar schüchternen Blicken, es folgte ein Kinobesuch und schließlich 1966 die Hochzeit. Brigitte Hahne erinnert sich heute gerne zurück. „Er sah damals so schmuck und gut gebaut in seinem Turneranzug aus. Alle Mädchen fanden ihn toll und wollten mit ihm ausgehen, aber er hatte offenbar nur Augen für mich“, schmunzelt sie. Das hat sich bis heute nicht geändert, obwohl die Sportbesessenheit ihres Mannes Brigitte Hahne nicht immer gefallen hat.
„Er war immer für den Sport unterwegs, und wir waren mehr als 20 Jahre lang jeden Winter zum Skifahren, weil er das mochte“, erzählt sie. Die junge Frau, selbst eher interessiert an Geschichte und Kunst, wusste sich aber zu helfen. „Ich überzeugte meinen Mann davon, dass er als Sportler unbedingt das Stadion im antiken Olympia in Griechenland sehen muss. Ich war viel mehr an den Ausgrabungen und historischen Bauten interessiert – aber es hat funktioniert. Seither hat das Ehepaar die halbe Welt bereist: Indien, Thailand, Südafrika, Ägypten und Israel gehörten zu ihren Zielen. Allerdings waren sie immer nur so lange weg, dass für Wolfgang Hahne in den Sommermonaten genug Zeit zum Training für das Sportabzeichen blieb.
Ich habe noch Ziele
60 Sportabzeichen-Wiederholungen in Folge. Eine Zahl, auf die Wolfgang Hahne auf seine charmant-zurückhaltende Art stolz ist. „Das Sportabzeichen gehört einfach für mich dazu. Und es ist besonders im höheren Alter eine schöne Bestätigung, wenn man noch alles schafft“, sagt er. Gerne würde sich der 78-Jährige auch 2013, im 100. Jahr des Deutschen Sportabzeichens den Anforderungen stellen. Letztlich werden dabei wohl sein Arzt und sein Gesundheitszustand das letzte Wort haben. Aber dafür hat Wolfgang Hahne den Willen: „Wenn es mir gut geht, werde ich es auf jeden Fall versuchen.“
(Quelle: wirkhaus)