100 Jahre Frauensport: 1990 bis 2000

Einen Rückblick auf 100 Jahre Frauensport gibt unsere 10-teilige Serie. Im neunten Teil werden die Jahre 1990 bis 2000 zusammengefasst: Weltmeisterinnen, Weltrekorde und Winterspiele.

"Die Frau vor den Männern": Ultra-Triathletin Astrid Benöhr. Foto: picture-alliance
"Die Frau vor den Männern": Ultra-Triathletin Astrid Benöhr. Foto: picture-alliance

Vierfache Europameisterinnen: Fußball-Elf etabliert sich international

Auf heimischem Rasen durften deutsche Kickerinnen seit 1990 professionell in Regionalligen und Bundesliga spielen. Die Spielweise änderte sich in dieser Zeit radikal-athletische, technische und taktische Finessen zeichneten das Frauenspiel zunehmend aus. Seit 1982 gab es eine Nationalmannschaft, international kam der deutsche Frauenfußball in den 90er Jahren richtig ins Rollen. Der EM-Titel von 1989, 1991, 1995 und 1997 ging an die deutschen Spielerinnen, bei der ersten offiziellen Weltmeisterschaft in China reichte es 1991 zu auf Platz 4. Zum ersten Mal dürfen dort in einem FIFA-Wettbewerb Schiedsrichterinnen mitpfeifen. Bei der WM 1995 wurde die deutsche Elf Vize-Weltmeister - das Finale leitete erstmalig eine Schiedsrichterin. Mit dabei in dieser Zeit des Durchstartens: Rekordnationalspielerin Silvia Neid. Der heutigen Bundestrainerin der Nationalmannschaft wurde jüngst eine besondere Ehre teil: Eine Silvia-Neid-Barbiepuppe erblickte anlässlich der Fußball-WM 2011 in Deutschland das Licht der (Spielzeug-) Welt.

Mehr als eine Nasenlänge Vorsprung: Frau vs. Mann

Der Mythos der leistungsstärkeren Männlichkeit konnte in den 90ern getrost ad acta gelegt werden. Dafür brauchte die deutsche Ultra-Triathletin Astrid Benöhr 1997 über die fünffache Triathlon-Distanz nur 74 Stunden. Damit war die Ausnahme-Athletin eindeutig flotter im Ziel als der bisherige männliche Weltrekordhalter - nämlich 2:15 Stunden. 1999 düpierte sie über die zehnfache Distanz (38 km Schwimmen, 1.800 km Radfahren und 422 km Laufen) mit gut 187 Stunden wiederum die männliche Konkurrenz und blieb fünf Stunden unter der bisherigen Männer-Bestmarke. In Ironman-Kreisen hat sie sich inzwischen noch einen weiteren Titel eingeheimst - als "die Frau vor den Männern". Modernes sportwissenschaftliches Know-how bestätigt: Bei extremen Ausdauerleistungen haben Frauen bessere körperliche Voraussetzungen - und somit die Nase auf der Ziellinie vorn.

Trotz gräflicher Vorbildsportlerin: Skispringen wartet auf Olympia-Segen

Pionierin des Damenskisprungs soll eine waschechte Gräfin gewesen sein: 1908 erzielte Paula von Lamberg in Kitzbühel "im langen Rock und tadelloser Haltung" die damals aufsehenerregende Sprungweite von 24 Metern. Die anschließende Diskussion über skispringende Frauen hat bis heute nichts an ihrer Brisanz verloren. Noch in den 90ern wetterten männliche Funktionäre über die Wucht des Aufpralls, der weder die weibliche Wirbelsäule noch die Gebärmutter standhalten könnten. Zwar dürfen die Nachfolgerinnen der Gräfin seit 1998 endlich auch offiziell von der Schanze springen, tragen den FIS Ladies Grand Prix aus und ermittelten 2009 in Liberec erstmalig eine Weltmeisterin. Trotzdem bleibt den Skispringerinnen Olympia bislang verwehrt - das IOC lehnte einen Antrag zur Aufnahme eines Damenwettbewerbes für die Winterspiele 2010 ab, obwohl zehn Skispringerinnen wegen Diskriminierung geklagt hatten. Im Juli 2011 wird das IOC seinen Segen oder Nicht-Segen für die Winterspiele 2014 geben.


  • "Die Frau vor den Männern": Ultra-Triathletin Astrid Benöhr. Foto: picture-alliance
    "Die Frau vor den Männern": Ultra-Triathletin Astrid Benöhr. Foto: picture-alliance