1968 und der Sport

50 Jahre 1968 - was hat die Studentenbewegung für den Sport gebracht? Dieser Frage geht Autor Prof. Detlef Kuhlmann nach.

Bob Beamon springt bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko 8,90 Meter weit. Foto: picture-alliance
Bob Beamon springt bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko 8,90 Meter weit. Foto: picture-alliance

1968 ist jetzt 50 Jahre her. Das Jahr 1968 haftet nach wie vor im kollektiven Gedächtnis: Unter Studenten (diese Basisgruppe wurde damals noch nicht gegendert!) herrscht Stimmung zum Aufbruch und zum Aufbegehren, für Rebellion und für Revolution, gegen das Establishment und gegen alles Erstarrte. Das Jahr 1968 steht für Pop und Protest, für Happenings von Hippies. Mit Demos soll mehr Demokratie gewagt werden. Agitationen führen zur Provokation und Emanzipation. Anti war in – sogar beim Teach-in und Sit-in. Abgekürzt wird das Jahr 1968 mit APO, WG, SDS und LSD.

Und was war da mit Sport? Rudi Dutschke hatte ursprünglich mal als Berufswunsch Sportjournalist angegeben. Er ging einen anderen Gang. Halten wir uns erst mal an die sportlichen Fakten: Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-City z.B. springt Dick Fosbury sensationell im Flop 2,24 Meter über die Hochsprunglatte. Bob Beamon landet sensationell bei 8,90 Metern in der Weitsprunggrube. Der 1. FC Nürnberg wird sensationell Deutscher Fußballmeister – und danach nie wieder.

Wer nach Zusammenhängen zwischen 1968 und dem Sport sucht, muss tiefer bohren, kommt mit einer reinen sportlichen (Ergebnis-) Datenbank sicher nicht weiter. Dabei gilt es zudem, erst recht die Jahre danach in den Blick nehmen, um Entwicklungen im Sport aufzuspüren. Für eine solche Suche kann es durchaus hilfreich sein, bei den Universitäten und Hochschulen selbst anzufangen und sie als eine „sportliche Heimat“ einzubeziehen: Wie war das denn mit dem Studi-um des Faches Leibeserziehung, wie es damals noch hieß, bevor in den 1970er Jahren zunehmend Umbenennungen und Gründungen von Instituten für Sportwissenschaft erfolgten?

Der freiwillige Studentensport damals erhielt allein durch die institutionellen Errichtung von Zentren für Hochschulsport Aufwind und Aufmerksamkeit – allen voran z.B. an der Technischen und der Freien Universität in Berlin als Gründungsstandorte mit einem „Sport für alle“ Studierenden und Bediensteten, und zwar bildungsbestrebt als Angebot zur „erweiterten Reproduktion der Arbeitskraft“ gedacht, wie wenig später in eine Präambel des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes (adh) eingepflegt wird.

Helmut Digel, 1968 selbst Student mit den Fächern Sport und Germanistik in Tübingen, erinnert sich in seinem jüngsten Essay-Band („Sport zwischen Faszination und Abscheu“, Schorndorf 2018) an diese („seine 68er“) Zeit und stuft die 68er-Bewegung gar als einen wichtigen Urheber für die Geburt der Sportwissenschaft ein. Ferner nennt er weitere Impulse, die letztlich für die gesellschaftliche Anschlussfähigkeit des Sports gesorgt haben – mehr noch: Willi Daume ist wohl als erster diese neuen „Wege zur Humanisierung des Sports“ gegangen. Insofern ist der 50. Geburtstag von 1968 jetzt ein schöner Anlass, sich auch solcher Wege neu zu vergewissern.

(Autor: Prof. Detlef Kuhlmann)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • Bob Beamon springt bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko 8,90 Meter weit. Foto: picture-alliance
    Beamon Bob Mexiko68 dpa1589