5 Fragen an Prof. Dr. Dr. Patricia Wiater 

Anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte am 10. Dezember 2023 haben wir einzelnen Mitgliedern des DOSB-Menschenrechtsbeirates fünf Fragen zum Thema “Sport und Menschenrechte” gestellt.  

Prof. Dr. Dr. Patricia Wiater, Mitglied im DOSB-Menschenrechtsbeirat. Foto: Privat
Prof. Dr. Dr. Patricia Wiater, Mitglied im DOSB-Menschenrechtsbeirat. Foto: Privat

Teil 3 mit Prof. Dr. Dr. Patricia Wiater von der FAU Erlangen-Nürnberg, die als Expertin für “Sport und Menschenrechte” die Anspruchsgruppe Wissenschaft im Beirat vertritt.  

 

Beim Thema Sport und Menschenrechte denke ich zuerst an… 

… viele spannende Fragen, die noch offenstehen: Wie wird künftig mit der Meinungsfreiheit von Sportler*innen während des Wettkampfs im Spannungsfeld zum Neutralitätsgebot des Sports umgegangen? Wie steht es um die Religionsfreiheit, wenn es um das Tragen religiöser Symbole während des Wettkampfs geht?  Wie kommen internationale Sportakteure – FIFA oder auch IOC – ihrer nachsorgenden menschenrechtlichen Verantwortung im Anschluss an Sportgroßveranstaltungen nach, etwa, wenn es um die Entschädigung von arbeitsmigrationsbedingten Menschenrechtsverletzungen geht? In welchen Staaten ist es trotz des Anspruchs des Sports, Brücken zu bauen, aufgrund einer desaströsen Menschenrechtslage unmöglich, Sportgroßveranstaltungen abzuhalten, wenn das Menschenrechtsbekenntnis des Sports nicht zum Lippenbekenntnis verkümmern soll? Die Liste könnte noch um viele wichtige Punkte ergänzt werden.  

Ich bin Mitglied im DOSB-Menschenrechtsbeirat, weil… 

… mich aus einer wissenschaftlichen Perspektive interessiert, wie der Sport – weitgehend freiwillig – die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte als normativen Maßstab akzeptiert und Schritt für Schritt umsetzt – und weil ich davon überzeugt bin, dass in den Sportvereinen und -verbänden praktisch wichtige Menschenrechtsarbeit geleistet werden kann (zum Beispiel, was das Thema Diskriminierung und Ausgrenzung angeht). 

Mit dem Thema Sport und Menschenrechte habe ich mich zum ersten Mal intensiver auseinandergesetzt… 

… als ich mich in einem wissenschaftlichen Beitrag zum sog. Stadionverbots-Beschluss, den das Bundesverfassungsgericht im April 2018 erließ, mit der Grundrechtsbindung von Sportakteuren, speziell dem DFB als „Fußballstaat“, auseinandergesetzt habe.  

Wissenschaftliche Beratung beim Thema Sport und Menschenrechte ist unerlässlich, weil… 

… gerade die Tatsache, dass einige menschenrechtlich motivierten Maßnahmen freiwillig passieren (und sich z.T. einer gerichtlichen Kontrolle entziehen), nicht dazu führen sollte, dass „die Menschenrechte“ als inhaltlich beliebig verstanden werden.  

Aus wissenschaftlicher Sicht gilt es diese Besonderheiten des Sports in der Auseinandersetzung mit Menschenrechten zu beachten: 

Das Autonomieverständnis des Sports ist eine wichtige Determinante. Sie muss sich mit zunehmenden Menschenrechtsbekenntnissen jedoch in eine menschenrechtlich aufgeklärte Autonomie umwandeln. Nur wenn Sportakteure (Verbände bei der Regelsetzung, Schiedsgerichte bei der Entscheidungsfindung) allgemein anerkannte menschenrechtliche Maßstäbe anlegen, kann der Sport – gegenüber dem Staat – diese Autonomie auch in menschenrechtlich brisanten Fragen aufrechterhalten. Nur dann kann die Kernverantwortung des Staates für den Schutz der Menschenrechte als subsidiärer Schutz zurücktreten. 

 

Hintergrund: Der DOSB-Menschenrechtsbeirat wurde gemäß § 23 der DOSB-Satzung berufen und auf der 19. DOSB-Mitgliederversammlung am 3. Dezember 2022 in Baden-Baden vorgestellt. Der Beirat, um dessen Geschäftsführer Dr. Joachim Rücker, unterstützt den DOSB bei der Wahrnehmung seiner menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und steht unter anderem bei der Anwendung und Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte beratend zur Seite. Die Beiratsmitglieder zeichnen sich durch eine hohe Fachexpertise im Themenfeld “Sport und Menschenrechte” aus und vertreten unter anderem folgende im Themenfeld relevante Anspruchsgruppen: Athlet*innen, DOSB-Mitgliedsorganisationen, Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft. 

(Quelle: DOSB) 


  • Prof. Dr. Dr. Patricia Wiater, Mitglied im DOSB-Menschenrechtsbeirat. Foto: Privat
    Prof. Dr. Dr. Patricia Wiater, Mitglied im DOSB-Menschenrechtsbeirat. Foto: Privat