Ärzte und Physiotherapeuten nahmen Turin 2006 ins Visier

Vom 7. bis 9. Oktober fand in Hallbergmoos bei München unter der Leitung von Prof. Dr. Wilfried Kindermann (Saarbrücken) das Vorbereitungsseminar für die Winterspiele in Turin statt. Über 40 Ärzte und Physiotherapeuten nahmen daran teil.

Die Maskottchen der Olympischen Winterspiele in Turin (Foto: LaPresse)
Die Maskottchen der Olympischen Winterspiele in Turin (Foto: LaPresse)

Traditionell werden alle Ärzte und Physiotherapeuten, die für die medizinische Betreuung bei Olympischen Spielen vorgesehen sind, einige Monate vor Beginn der Spiele in einem mehrtägigen Informationsseminar auf ihre kommenden Aufgaben vorbereitet.

 

Das NOK war in Hallbergmoos durch seinen Präsidenten Dr. Klaus Steinbach und seinen Generalsekretär Bernhard Schwank, der Deutsche Sportbund/Bereich Leistungssport (DSB/BL) durch seinen Geschäftsführer Jörg Ziegler vertreten. Eröffnet wurde das Seminar durch Referate des Präsidenten und des Generalsekretärs des NOK, die die olympische Infrastruktur von Turin und Umgebung vorstellten. Es wurde deutlich, dass die drei Olympischen Dörfer und die Entfernungen zwischen den Wettkampfstätten auch besondere logistische Anforderungen an die Medizin stellen werden. Wolfgang Kindinger, Ressortleiter für Wintersport im DSB/BL, referierte über sportfachliche Aspekte und die diesbezügliche Vorbereitung der deutschen Olympiamannschaft.

 

Umfassende medizinische Betreuung

Am zweiten Tag standen organisatorisch-technische Maßnahmen sowie spezielle medizinische und physiotherapeutische Aspekte im Mittelpunkt. Das Vorhalten einer eigenen Olympiaapotheke (verantwortlich Dr. Bernd Wolfarth, München), verschiedener diagnostischer und therapeutischer Geräte (verantwortlich Dr. Georg Huber, Freiburg) und einer physiotherapeutischen Ausstattung (verantwortlich Klaus Eder, Donaustauf) bietet gewähr, die Athletinnen und Athleten umfassend medizinisch zu betreuen. Die notwendige Organisation unter besonderer Berücksichtigung des Kostenfaktors und des Einwerbens von Sponsoren, die Medikamente und Geräte zu günstigen Bedingungen oder gar kostenlos zur Verfügung stellen, erfordert einen hohen ehrenamtlichen Aufwand.

 

WADA-Verbotsliste zwingt zum sorgsamen Umgang mit Medikamenten

Prof. Kindermann verantwortlicher Arzt für die Olympiamannschaft informierte ausführlich über die neue WADA-Verbotsliste, die Grundlage der Dopingkontrollen bei den Olympischen Spielen in Turin sein wird und machte gleichzeitig auf Fallstricke des immer komplizierter werdenden Antidoping-Reglements aufmerksam. Er wies eindringlich darauf hin, dass es fatal wäre, wenn wegen Unkenntnis oder aus Gründen eines sorglosen Umgangs mit den Antidopingbestimmungen ein positiver Dopingbefund resultieren würde. Alle Ärzte und Physiotherapeuten erhalten ein Hinweisblatt zum Umgang mit Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln. Besonders aufwändig, weil bürokratisch, sind die erforderlichen Ausnahmegenehmigungen für jene Athleten, die unter asthmatischen Beschwerden leiden und Asthmasprays benötigen. Dr. Wolfarth hat das recht komplizierte Verfahren ausführlich dargestellt und erläutert. Er wird quasi als Supervisor zur Verfügung stehen und alle Ausnahmegenehmigungen begleiten.

 

Infektvorbereitung, Impfung und Sbstitution

Dr. Ernst Jakob, der Mannschaftsarzt der Skispringer, und Prof. Nieß, (Universität Tübingen), referierten über Infektvorbeugung einschließlich Impfungen und sinnvolle Substitution. Beide Bereiche sind vor den Spielen und während der Olympischen Spiele besonders aktuell. Ein Infekt zur unrechten Zeit kann alles zunichte machen, ein verunreinigtes Nahrungsergänzungsmittel kann den Ruf ruinieren. Was ist sinnvoll, wo beginnt die Mystik? Diese Frage stellt sich immer wieder! Die lebhafte Diskussion zeigte, auf welch dünnem Eis man sich gelegentlich bewegt.

 

Therapiemaßnahmen bei Verletzungen

Dr. Ernst-Otto Münch (zusammen mit Dr. Hubert Hörterer bei den Olympischen Winterspielen medizinischer Ansprechpartner für die Olympischen Dörfer außerhalb von Turin) berichtete über seine orthopädischen Erfahrungen bei bisher sechs Winterspielen. Die dargestellte Verletzungsbilanz im alpinen Skisport war bemerkenswert und führte zu einer nachdenklich machenden Diskussion, insbesondere was die Häufigkeit von Verletzungen des vorderen Kreuzbandes betrifft. Klaus Eder, der verantwortliche physiotherapeutische Koordinator für die Winterspiele, befasste sich ebenfalls mit dem Kniegelenk, insbesondere mit dessen sensomotorischer Funktion. Seine daraus abgeleiteten Therapiemaßnahmen wurden von den anwesenden Physiotherapeuten aufmerksam aufgenommen.

 

Ehrenamtlicher Einsatz

Das Seminar war gewohnt zuverlässig und sehr gut organisiert worden. Prof. Kindermann wiederholte abschließend einen Satz von Dr. Klaus Steinbach: „Olympische Spiele sind etwas Besonderes.“ Er gab diesen Satz den Ärzten und Physiotherapeuten mit auf den Weg. Der zum großen Teil ehrenamtliche medizinische Einsatz ist erheblich, die ideelle Belohnung dafür einmalig.
 


  • Die Maskottchen der Olympischen Winterspiele in Turin (Foto: LaPresse)
    Die Maskottchen der Olympischen Winterspiele in Turin (Foto: LaPresse)