Aktuelles Update zur Coronavirus-Epidemie

Prof. Bernd Wolfarth, Mannschaftsarzt des DOSB, gibt hier in regelmäßigen Aktualisierungen eine Einschätzung in Bezug auf die Coronavirus Epidemie. (Stand: 6.3.2020)

Gesundheitsminister Jens Spahn vor einem Informationsplakat beim Treffen der Gesundheitsminister am 4. März 2020. Foto: picture-alliance
Gesundheitsminister Jens Spahn vor einem Informationsplakat beim Treffen der Gesundheitsminister am 4. März 2020. Foto: picture-alliance

Die Ausbreitung der Coronavirusinfektionen hat sich in der Zwischenzeit verändert. Neben China zeigen auch andere Staaten eigenständige Infektionsketten und rücken mehr in den Fokus. In folgenden Ländern gibt es Situationen, in denen die Ausbreitung der Erkrankung nicht sicher unter Kontrolle ist, d.h., es gibt Übertragungen im Land in einem nennenswerten Bereich.

  • Südkorea mit insg. ca. 6.100 Fällen und 35 Verstorbenen,
  • Italien mit insg. ca. 3.100 Fällen und 107 Verstorbenen
  • Iran mit insg. ca. 3.500 Fällen und 107 Verstorbenen

Besonders besorgniserregend ist dabei die Situation in Südkorea, Iran und Italien. Zusätzlich nehmen aber auch die Zahlen der Infektionen in Deutschland schnell zu. Aktuell sind ca. 400 gemeldete Fälle mit Schwerpunkten in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg zu verzeichnen. Damit ist in Deutschland ein Stand erreicht wie vor etwa einer Woche in Italien.  

Diese Situationen können sich insgesamt sehr schnell ändern. Zwischenzeitlich wurden auch in Deutschland zahlreiche Großveranstaltungen (ITB, Hannover Messe etc.) abgesagt bzw. langfristig verschoben. In der Schweiz wurden Sportgroßveranstaltungen vorübergehend ausgesetzt und in anderen Ländern wird das Publikum ausgeschlossen (z.B. Italien, Tschechien), um eine Ausbreitung über größere Zuschauerkollektive zu vermeiden. Erste Absagen von Sportveranstaltungen in Deutschland mit insbesondere höheren Anteilen von ausländischen Athlet*innen gibt es zwischenzeitlich ebenfalls. Wie sich die Vorgaben der Gesundheitsämter zu den Sportveranstaltungen in den kommenden Tagen entwickelt, ist schwer vorherzusagen, unabhängig davon ist den Vorgaben der Gesundheitsbehörden aber uneingeschränkt Folge zu leisten.

Empfehlungen

Wie bereits in den Vorbewertungen dargestellt, raten wir weiterhin von Reisen in alle Regionen, die vom Robert-Koch-Institut (RKI) als Risikogebiet ausgewiesen werden, konsequent ab. Dies gilt wegen der individuellen gesundheitlichen Gefahren und darüber hinaus auch wegen der zu erwartenden unklaren Rückreiseoptionen bzw. Quarantänerisiken.

Hierzu einige Erklärungen:

  • Viele Regierungen, auch aus weniger betroffenen Regionen, haben eingreifende Maßnahmen umgesetzt, die die Reisefreiheit der Bevölkerung (nicht nur der einheimischen) aufhebt. Es können jederzeit weitere Gebiete mit Reiseeinschränkungen hinzukommen. Welche dies sein könnten, ist nicht absehbar. Hinzu kommt, dass zahllose Fluglinien ihre Verbindungen in Risikogebiete eingestellt haben. Es ist durchaus möglich, dass eine Reise in ein Risikogebiet noch organisiert werden könnte, dort aber Quarantäne droht oder die Ausreise blockiert wird, sei es durch Auflagen der Regierungen oder durch das schlichte Fehlen von Flugkapazitäten.
  • Reisende aus Risikogebieten müssen damit rechnen, in den Zielländern in Quarantäne genommen zu werden. Deutschland gilt in der Zwischenzeit auch als ein Risikoland z.B. in Israel, dort erwartet Reisende aus Deutschland eine 14-tägige Quarantäne. Mehrere Länder, darunter auch Deutschland, setzten solche Maßnahmen für Menschen, die aus Risikogebieten zurückkehren, um. Auch dadurch ist mit erheblichen Einschränkungen der persönlichen Freiheit und damit auch der Trainingsmöglichkeiten im Bereich des Sports zu rechnen.

Vermehrt bekommen wir Anfragen, wie mit rückkehrenden Athlet*innen aus Risikogebieten umzugehen ist. Hierzu hat das RKI eine aktuelle Information für die Maßnahmen im Verdachtsfall veröffentlicht, welche wir erneut dieser Infomail anfügen (s. Anlage).

Aktuell sollte prinzipiell nur getestet werden, wenn Kontakt mit nachweislich Erkrankten plus Symptome (allg. Infektzeichen, insbesondere akute respiratorische Symptomatik) gegeben sind. Eine zweite zu berücksichtigende Konstellation sind Rückkehrende aus Risikogebieten, welche Symptome (allg. Infektzeichen, insbesondere akute respiratorische Symptomatik) aufweisen. Welche Regionen unter dem Aspekt betrachtet als Risikogebiet zu zählen sind, kann tagesaktuell  auf der RKI-Homepage nachgelesen werden: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete.html   

  • Für Organisationen, die Wettkämpfe ausrichten und Gäste aus Risikogebieten erwarten, empfehlen wir, frühzeitig (!!) mit dem zuständigen Gesundheitsamt Kontakt aufzunehmen.
    • Diese Kontaktaufnahme sollte im Vorfeld der Anreise der Teilnehmer*innen geschehen. Zuständig ist das Gesundheitsamt des Landkreises, in dem die Veranstaltung stattfindet. Über diesen Link können Sie das zuständige Gesundheitsamt ermitteln. https://tools.rki.de/PLZTool/
    • Gegebenenfalls wird über das Gesundheitsamt eine Quarantänemaßnahme und / oder eine Testung veranlasst. Solchen Vorgaben ist dann verpflichtend Folge zu leisten.
    • Als Grundregel kann gelten, dass Veranstaltungen im lokalen Rahmen eher möglich sind als nationale oder internationale Wettkämpfe.
    • Zudem ist das Zuschaueraufkommen zu berücksichtigen. Mit wenigen Zuschauern ist ein Wettkampf eher möglich als mit vielen Zuschauern, auch hier gilt es, bestmöglich das zuständige Gesundheitsamt zu befragen, um Klärung und Absicherung zu erreichen.
  • Für Organisationen, die ihre eigenen Athlet*innen aus einem der Risikogebiete zurückerwarten, empfehlen wir eine häusliche Quarantäne für 14 Tage. Dies erscheint erforderlich, weil auch noch nicht symptomatische Patienten die Erreger hoch effektiv übertragen können. Die Übertragungsrate bei dieser Erkrankung scheint sehr hoch zu sein. Wenn solche Athlet*innen oder auch Athlet*innen, die aus angrenzenden Regionen kommen, auch nur unspezifisch (leichte Infektzeichen etc.) symptomatisch werden, ist eine umgehende Vorstellung bei einem Arzt mit infektiologischer Erfahrung unter Hinweis auf die Reiseanamnese angezeigt. Dieser kann dann durch gezieltes Nachfragen eine Eingrenzung der Risikokonstellation vornehmen. Eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem Arzt ist immer erforderlich, damit Schutzmaßahmen vor Betreten der Praxis ergriffen werden können.
    • Verschiedene Einrichtungen bieten zwar Tests auf den Erreger an, aber ein negativer Test ist kein Ausschluss einer Infektion. Dies liegt zum einen daran, dass nicht zu jedem Zeitpunkt nach Infektion der Erreger nachweisbar ist und zum anderen, dass Untersuchungsmaterial, welches bei Gesunden abgenommen werden kann (Nasen- / Rachenabstriche), manchmal auch falsch negative Befunde liefert. Zuverlässigere Materialien können aber nur bei symptomatisch Erkrankten gewonnen werden. Daher verkürzt auch ein negativer Test die Quarantänezeit nicht. 

Bis wann sich die Situation ändern wird, ist im Augenblick unklar, auf Deutschland bezogen scheint sich die Situation aktuell eher zu verschärfen, so dass erhöhte Sensibilität geboten ist.

Wir werden weiterhin täglich die Situation analysieren und stehen diesbezüglich auch in engem Kontakt mit dem Robert-Koch-Institut. Für weitere tagesaktuelle Informationen ist die umfängliche Website des RKI empfehlenswert: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html

Sobald absehbar ist, dass bestimmte Gebiete sicher sind, wird dies über die Presse oder auch direkt durch uns kommuniziert. Bis dahin empfehlen wir konsequent, von jeglichen Reisen in Risikogebiete oder über Reiseknotenpunkte in Risikogebieten abzusehen.

(Quelle: DOSB)


  • Gesundheitsminister Jens Spahn vor einem Informationsplakat beim Treffen der Gesundheitsminister am 4. März 2020. Foto: picture-alliance
    Gesundheitsminister Jens Spahn vor einem Informationsplakat beim Treffen der Gesundheitsminister am 4. März 2020. Foto: picture-alliance