Allianz für Sachsens Flüsse

Im Jahr 1998 schlossen sich zahlreiche sächsische Verbände und Initiativen zu einer "Allianz für Sachsens Flüsse" zusammen.

Allianz für Sachsens Flüsse macht auf Missstände aufmerksam. Foto: DKV
Allianz für Sachsens Flüsse macht auf Missstände aufmerksam. Foto: DKV

Sie forderten die Staatsregierung auf, die teils verheerende Situation an sächsischen Fließgewässern, hervorgerufen durch Kleinwasserkraftanlagen, entscheidend zu verändern und rechtswidrige Zustände zu beseitigen. Mehr als zehn Jahre später sind sie gezwungen, sich erneut mit einer kritischen Einschätzung der Situation und klaren Forderungen an den sächsischen Ministerpräsidenten zu wenden.

Trotz zahlreicher Bekenntnisse von Parteien und Behörden zu einem besseren Fließgewässerschutz, trotz einer "Handlungsempfehlung", einer Gesetzesneuregelung zu sogenannten Altrechten und trotz des Sächsischen Umsetzungsgesetzes zur EU-Wasserrahmenrichtlinie sind die Zustände an den sächsischen Fließgewässern immer noch unakzeptabel.

Das heißt, die zerstörerischen Eingriffe in die Ökosysteme, in unsere Flüsse, sind immens, ohne dass mit dieser Art der Energiegewinnung der Co2-Austoß wirksam reduziert werden könnte. Etwa 300 Kleinwasserkraftanlagen gab es Ende der 1990er Jahre in Sachsen, jetzt sind es zirka 550, und genauso wie vor mehr als zehn Jahren wird an zahlreichen dieser Anlagen dem Fluss fast das gesamte Wasser entzogen und zur Wasserkraftanlage geleitet. Von einem Großteil der Betreiber werden also noch nicht einmal die ökologisch völlig ungenügenden behördlichen Mindestwasserfestlegungen eingehalten. Und viele dieser Anlagen befinden sich in Natura-2000-Gebieten!

Dabei müssen die Verbände auch noch große Anstrengungen unternehmen, um an Informationen über solche Zustände zu gelangen. Sie wurden früher von den Regierungspräsidien umfassend über Planungen und Planungsverfahren informiert. Seit im Zuge der Verwaltungsreform die Zuständigkeit für die Genehmigung von Anlagen auf die Landratsämter übergegangen ist, erhalten sie Auskünfte nur auf (teilweise) mehrfache Anfragen. So liegen allein dem LRA Erzgebirgskreis zurzeit zehn Anträge auf Wiederinbetriebnahme von Kleinwasserkraftanlagen vor.

Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass die Anpassung des Sächsischen Wassergesetzes an das Bundesrecht nicht genutzt werden soll, um die Normen des Wasserhaushaltsgesetzes zu übernehmen und damit wichtige Voraussetzungen zur Umsetzung des Sächsischen Programms zur Verbesserung der Durchgängigkeit der Fließgewässer und damit auch zur Erreichung der Entwicklungsziele in Natura-2000-Gebieten zu schaffen. Ebenso muss endlich die Europäische Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werden, die darauf abzielt, einen guten Zustand der Gewässer zu erreichen. Als ein völlig falsches Signal wird von den Verbänden die 2008 im Auftrag der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erbrachte Studie der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien (VEE) Sachsen bewertet. Diese konstatiert ein noch nutzbares Potenzial von 288 zusätzlichen Wehren in Sachsen und bedauert, dass sich "nur" für 200 Standorte auch Investoren interessieren.

Trotz geringer klimatischer, aber großer ökologisch negativer Auswirkungen muss also mit der Beantragung und Genehmigung zahlreicher weiterer Anlagen gerechnet werden. Und das würde bedeuten, dass die Durchgängigkeit unserer Flüsse nicht verbessert, sondern verschlechtert wird, Vorgaben der EU missachtet werden und die Entwicklungsziele für Natura-2000-Gebiete in immer weitere Ferne rücken. Einer solchen Entwicklung muss nach Meinung der Verbände die Landesregierung unbedingt begegnen anstatt sie - während der Naturschutz kaputtgespart wird - mit Millionen Euro aus Steuergeldern zu unterstützen.

Die Forderungen der Verbände im Einzelnen:

  1. Keine weitere Reaktivierung ohne wasserrechtliche Planfeststellung und keine Neubauten von Kleinwasserkraftanlagen!
  2. Konsequente Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Oberstes Ziel ist die Erhaltung oder Wiederherstellung eines naturnahen Zustands unserer Flüsse!
  3. Anlagen ohne gültiges Wasserrecht sind zu beseitigen! Verstöße gegen das Umwelt- und Wasserrecht sowie gegen die erteilten Auflagen sind zu verfolgen und zu ahnden.
  4. Keine Förderprogramme zur Wasserkraftnutzung und besonders zur Reaktivierung von alten Wasserrechten, da der Beitrag zur Energiegewinnung bedeutungslos, der Eingriff im Ökosystem aber i.d.R. erheblich ist.
  5. Durchgängigkeit der sächsischen Fließgewässer für das Kanuwandern unter ökologischen Gesichtspunkten!
  6. Bei bestehenden Anlagen ist zu gewährleisten:
  • Festlegung und Einhaltung einer Mindestwassermenge, die ökologischen Erfordernissen entspricht und damit die natürlichen Abflussverhältnisse insbesondere in der niederschlagsarmen Zeit in der Ausleitungsstrecke gewährleistet;
  • Nachrüstung richtig dimensionierter und nachweisbar funktionstüchtiger Fischauf- und -abstiegsanlagen;
  • Kontinuierlicher manipulationssicherer Nachweis der Einhaltung der durch die Staumarken gekennzeichneten Mindestwasserhöhe;
  • Stilllegung der Anlagen in Zeiten der Aalabwanderung;
  • Konsequente Unterbindung von Schwallbetrieb und Betriebsgraben- und Wehrteichspülungen;
  • Stillsetzung bei Starkfrost (Vereisung der Fischtreppen, Durchfrieren der Ausleitungsstrecke);
  • Beschilderungspflicht (Betreiber, Wasserbehörde, Mindestwasserabfluss, Genehmigung);
  • Festsetzen und Umsetzen konkreter Strafmaße bei Zuwiderhandlungen, die im Wiederholungsfall die Aufhebung des Wasserrechts zur Folge haben.

Die Unterzeichner des Schreibens:

Landesjagdverband Sachsen e. V.
Landesverein Sächsischer Heimatschutz e. V.
NABU Landesverband Sachsen e. V.
Sächsischer Kanu-Verband e. V.
Grüne Liga Sachsen e. V.
Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Landesverband Sachsen e. V.
Landesverband Sächsischer Angler e. V.
Sächsischer Landesfischereiverband e. V.


  • Allianz für Sachsens Flüsse macht auf Missstände aufmerksam. Foto: DKV
    Allianz für Sachsens Flüsse macht auf Missstände aufmerksam. Foto: DKV