Als türkische Meisterin Aufstieg ins Profilager: Julia Sahin

Julia Sahin ist amtierende Deutsche Profi-Meisterin im Fliegengewicht. Die in Siegen geborene Tochter türkischer Eltern hat als Amateur-Boxerin schon Erfolge aufzuweisen: Sie wurde vier Mal türkische Meisterin, zwei Mal Europameisterin und einmal Weltmeisterin. Seit sie vor anderthalb Jahren zum bekannten Universum-Boxstall nach Hamburg ins Profilager wechselt, hat sie elf von elf Kämpfen gewonnen, zwei davon durch technisches k. o.

 

Julia Sahin bei einem Box-Kampf (Foto: Boxstall Universum)
Julia Sahin bei einem Box-Kampf (Foto: Boxstall Universum)

Auch wer sich nicht so sehr fürs Boxen interessiert, kennt sie vielleicht aus dem Fernsehen: Letztes Jahr gab sie TV-Moderator Stefan Raab Im Umfeld des Grand Prix „Survival“-Tipps für das Leben in Istanbul. Im Gespräch mit der website „integration durch Sport“ beschreibt sie ihr neues Leben.

 

   Frau Sahin, was ist Ihr nächstes Ziel?

 

Julia Sahin: "Erstmal muss ich sagen, dass für mich ja mit dem Profistatus ein Traum wahr geworden ist. Ich hatte schon fast daran gedacht, meine Boxkarriere ausklingen zu lassen, als das Angebot von Universum kam. Als nächstes will ich wieder Weltmeisterin werden, diesmal bei den Profis. Hoffentlich kriege ich noch dieses Jahr einen WM-Kampf. Das klingt jetzt vielleicht unbescheiden, aber: Ich träume davon, ein Stückchen Boxgeschichte zu schreiben. Wenn man meinen Namen hört, dann soll man sagen „Das war eine Superboxerin“.

 

 

Die Profi-Boxerin Julia Sahin

 

   Sehen Sie sich als Vorbild für andere Mädchen aus türkischen Familien?

 

Julia Sahin:  "Mir ist das eigentlich nie so bewusst gewesen, aber es scheint so zu sein. Neulich hat mich hier in Köln ein kleines Mädchen angesprochen und gesagt´: `Ich kenn Dich aus dem Fernsehen, Du bist doch auch Türkin. Ich bin stolz auf Dich.`Das war wirklich ein schönes Erlebnis."

 

   Gab es denn Widerstände, gegen Ihren Wunsch zu boxen?

 

Julia Sahin: "Meine Mutter war anfangs gar nicht begeistert. Sie hätte es lieber gesehen, wenn ich Sportarten gewählt hätte, die ihrer Ansicht nach besser zu Mädchen passen. Reiten oder Segeln vielleicht. Ich hab stattdessen angefangen mit Handball und Judo, mit 17 kam dann Kickboxen und 1997 bin ich ins Boxerlager gewechselt. Meine Mutter hat ihre anfänglichen Vorbehalte überwunden, ist schon viele Jahre sehr stolz auf mich."

 

   Geboren wurden Sie ja als Hülya, jetzt heißen Sie Julia. Warum?

 

Julia Sahin: "Ich mache es den Leuten leichter damit. Einige haben sich aufgeregt, aber die Namen haben die gleiche Bedeutung, Hülya ist einfach die türkische Form von Julia. Aber irgendwie fällt es vielen Deutschen schwer, sich den Namen zu merken, vor allem auch Schreibweise. Es kam immer wieder vor, dass jemand statt Hülya Julia verstanden hat und mich dann so nannte. Ich hatte damit kein Problem und habe es einfach dabei belassen. Man hat mir schon viele Namen gegeben. Aus meiner Kickbox-Zeit habe ich zum Beispiel noch meinen Spitznamen Sunshine. Ich hätte so ein sonniges Gemüt, würde immer strahlen, fanden manche."

 

   Ihren Amateur-WM-Titel holten Sie für die Türkei. Warum nicht für Deutschland?

 

Julia Sahin: "Wenn es kein deutsches Team gibt, kann ich auch keinen Titel für Deutschland holen. Das mag jetzt paradox klingen, aber in der Türkei ist Frauenboxen schon viel selbstverständlicher als hierzulande. Man ist dort sehr stolz auf die Erfolge der Boxerinnen, unterstützt und fördert sie im gleichen Umfang wie die Männer."

 

   Widmen Sie als Profi jetzt Ihre ganze Zeit dem Sport?

 

Julia Sahin: "Nein, das wäre mir zu unsicher. Ich werde diesen Traum so lange leben, wie es geht, aber ich kann ja nicht ewig boxen. Meinen guten Job bei den Kölner Verkehrsbetrieben will ich nicht aufgeben. Ich arbeite nachts unf trainiere tagsüber."

 

   Braucht man dafür nicht extrem viel Durchhaltevermögen?

 

Julia Sahin: "Hängen lassen kann ich mich nicht gerade, das stimmt. Aber man muss eben wissen, was man will und dieses Ziel dann verfolgen. Das lernt man auch beim Sport – Disziplin, Zielstrebigkeit und Selbstbehauptung. Außerdem gehst Du als Sportler anders durch die Welt. Du kommst rum, wirst offener und lernst, auf die verschiedensten Menschen zuzugehen und offen mit ihnen umzugehen."


  • Julia Sahin bei einem Box-Kampf (Foto: Boxstall Universum)
    Julia Sahin bei einem Box-Kampf (Foto: Boxstall Universum)