Alt-Bischof Wolfgang Huber wird 80

Alt-Bischof Prof. Dr. Wolfgang Huber vollendet am Freitag, dem 12. August 2022 sein 80. Lebensjahr. Er prägt seit Jahrzehnten die Beziehungen von „Kirche und Sport“.

Der frühere Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Alt-Bischof Wolfgang Huber, feiert am 12. August 2022 seinen 80. Geburtstag. Foto: picture-alliance
Der frühere Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Alt-Bischof Wolfgang Huber, feiert am 12. August 2022 seinen 80. Geburtstag. Foto: picture-alliance

„Sport ist ein starkes Stück Leben. In ihm verdichtet sich Hoffnung und Enttäuschung, Freude und Niedergeschlagenheit, Gemeinsamkeit und Unterscheidungswille“, das ist eines der „starken“ Zitate über die Wirkmächtigkeit und die Strahlkraft des Sports. Das Zitat stammt von Prof. Dr. Wolfgang Huber, dem ehemaligen Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Alt-Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (seit der Fusion 2004 mit der schlesischen Oberlausitz). Der renommierte (und sportliche) Theologe, der wie kein anderer in den letzten rund fünf Jahrzehnten die Beziehungen von „Kirche und Sport“ als gesellschaftliche Akteure gestaltet und geprägt hat, vollendet am Freitag, dem 12. August, in Berlin sein 80. Lebensjahr.

Wolfgang Huber wurde in Straßburg geboren und wuchs in Freiburg auf. Zu seiner eigenen Sportbiografie gehört eine Karriere als jugendlicher Handballspieler (draußen auf dem Großfeld und im Winter in der Halle) beim Freiburger FC (FFC), zumal sich einer seiner Brüder schon der Freiburger Turnerschaft (FT) angeschlossen hatte: „Das war zwar im Handball der bessere Verein, aber wir wollten einvernehmlich nicht im selben Verein spielen“. Auch als Sportzuschauer bzw. Fußballfan ist Wolfgang Huber früh schon als Kind in Erscheinung getreten: Sein erster Besuch (zusammen mit seinem Vater) bei einem Fußballspiel ist dokumentiert für die Begegnung Freiburger SC gegen den Hamburger SV … mit Uwe Seeler!

Wolfgang Huber studierte von 1960 bis 1966 Evangelische Theologie in Heidelberg, Göttingen und Tübingen, wo er 1966 promoviert wurde. Im Jahre 1972 habilitierte er sich in Heidelberg; besonders prägte ihn die Theologe Dietrich Bonhoeffers. Nach einer zweijährigen Tätigkeit als Pfarrer in Württemberg bekleidete er mehre Ämter in verschiedenen kirchlichen Einrichtungen und Forschungsstätten. 1993 wurde er zum Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und 1997 zum Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählt, dessen Vorsitzender er von 2003 bis 2009 war. Von 1998 bis 2001 war Huber Mitglied des Zentralausschusses und des Exekutivausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen; von 1983 bis 1985 war er Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages.

In diesem Zusammenhang sei exemplarisch für Hubers vielschichtiges sportbezogenes Mitwirken bei Kirchentagen der 2. Ökumenische Kirchentag 2010 in München in Erinnerung gerufen, wo er in der Eissporthalle u.a. neben Münchens Alt-Olympia-Bürgermeister Hans-Jochen Vogel (1926-2020) und zusammen mit dem Bielefelder Sportpädagogen Prof. Dr. Dietrich Kurz unter dem Motto „Keine Bildung ohne Bewegung“ ein grundlegendes Statement abgab für mehr „Bildungsgerechtigkeit, um die es derzeit schlecht bestellt ist“ und auf die möglichen Bildungsbeiträge des Sports verwies, der gerade bei jungen Menschen Karrieren von Bewegungsarmut verhindern helfen kann.

Wolfgang Huber hat 1998 u.a. mit den Beiträgen zu den Begriffen „Frieden“ und „Menschenrechte“ beim großen „Lexikon der Ethik im Sport“ mitgewirkt, welches Ommo Grupe (1930-2015) und Dietmar Mieth als Band 99 der Schriftenreihe des Bundesinstituts für Sportwissenschaft herausgegeben hatten. Bis heute in Fachkreisen rezipiert wird auch der von ihm selbst zusammen mit Ommo Grupe im Jahre 2000 herausgegebene Sammelband „Zwischen Kirchturm und Arena. Evangelische Kirche und Sport“ mit insgesamt 24 Beiträgen (u.a. von Helmut Digel, Sylvia Schenk, Klaus Strittmatter und Norbert Wolf). Zwei Beiträge darin hat Wolfgang Huber selbst verfasst:

In seinem Aufsatz „Sport als Kult – Sport als Kultur“ definiert er Sport als zweckfreies Spiel und Teil der menschlichen Muße wie die Musik. Er beschreibt Sport mit einer naturalen, personalen und sozialen Dimension und betrachtet Sport am Ende als eine „gott-offene Humanität“ mit der Möglichkeit des Neuanfangs: „Natürlich meint Neuanfang nicht einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit, nicht alles, was an Begabung, Trainingsfleiß oder Spielverständnis mitgebracht wird, ist einfach – wie auf einer Tabula rasa – ausradiert oder nivelliert. Aber ein Neubeginn ist möglich, in dem weder Leistungen noch Versagen aus der Vergangenheit einengend zu Buche schlagen. In diesem Sinn trägt der Neubeginn im Sport den Charakter einer radikalen Unterbrechung. Rangfolgen aus der Vergangenheit können revidiert werden; die Letzten können die Ersten und die Ersten können die Letzten werden“. Darin spiegelt sich für Huber der Grundsatz von der gleichen Würde aller Menschen wider, die im Sport zusammenfinden.

Im Februar 2020 hat Wolfgang Huber den Festvortrag über die „Goldene Hochzeit – 50 Jahre Studienkurs Kirche und Sport. Ein Beispiel für ‚öffentliche Kirche‘“ in Sils-Maria (Engadin, Schweiz) gehalten und den beiden gesellschaftlichen Playern Kirche und Sport am Ende sechs Perspektiven (bis zur Diamantenen Hochzeit) ins Stammbuch geschrieben. Lassen wir den Jubilar die sechste und sicher nicht die unwichtigste Perspektive an dieser Stelle im O-Ton selbst präsentieren:

„Kirche und Sport sind in unserem Land große und einflussreiche wirtschaftliche Akteure. Man möchte sich wünschen, dass sie beide den eindrucksvollen Satz Jesu beherzigen: „Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.“ Dazu gehört, die Ökonomie als Mittel zum Zweck und nicht als Selbstzweck anzusehen. Bei allen Unterschieden haben Sport und Kirche gemeinsam, dass die wirtschaftliche Macht, über die sie verfügen, ihren ganzen Sinn in dem Beitrag zum Gemeinwohl hat, dem sie dienen – auf unterschiedliche, aber sich sehr wohl ergänzende Weise.“

Mit Wolfgang Huber schließt sich der Kreis der 14 Preisträger der Ludwig-Wolker-Plakette des Deutschen Sportbundes (DSB) bzw. des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) seit 1980: Der auch als (evangelische) Olympiapfarrer bezeichnete Karl Zeitz (1912-1994) war damals der erste Preisträger, der sich in hervorragender Weise für das Ethos und die Menschenwürde im Sport eingesetzt hatte. Wolfgang Huber wurde bei der Mitgliederversammlung des DOSB 2006 in Weimar der letzte Preisträger; fortan vergibt der DOSB den sog. DOSB-Ethikpreis in Kontinuität zur Wolker-Plakette, die benannt ist nach dem römisch-katholischen Priester Ludwig Wolker (1887-1955), einer der damals bedeutenden Repräsentanten der konfessionellen Sportbewegung in der Bundesrepublik, der 1950 auch Gründungsmitglied des DSB war.

Zurück zum Fußball und zu Wolfgang Huber: Der Jubilar ist seit 2007 Ehrenmitglied des Bundesligisten Hertha BSC Berlin. Die Kapelle im Olympiastadion wurde von ihm mit angeregt und mit seiner Predigt (zu Matthäus 16, 26) kurz vor der Weltmeisterschaft 2006 als „Ort der Ruhe“ eingeweiht: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele. Gewiss braucht das Evangelium keine Stadionkapelle. Aber dieses Stadion braucht das Evangelium. Dass das Wort Gottes hier einen Ort hat, ist gut für die Menschen.“

Auch mit 80 Jahren ist Wolfgang Huber ein arbeitsamer und in der Öffentlichkeit viel gefragter Theologe. Erst kürzlich hat er ein Buch mit dem Titel „Menschen, Götter und Maschinen. Eine Ethik der Digitalisierung“ veröffentlicht, in dem er uns auch mahnt, dass uns das Internet nicht in der Weise beherrscht, dass wir unsere Zeitsouveränität verlieren …. Und was die eigene Fitness angeht, bleibt Wolfgang Huber weiterhin mit regelmäßigem Joggen und im Winter mit Skifahren in Bewegung. Ein Festakt der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz anlässlich des 80. Geburtstags von Wolfgang Huber findet am 26. August in Berlin statt.

(Autor: Prof. Dr. Detlef Kuhlmann)


  • Der frühere Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Alt-Bischof Wolfgang Huber, feiert am 12. August 2022 seinen 80. Geburtstag. Foto: picture-alliance
    Der frühere Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Alt-Bischof Wolfgang Huber, feiert am 12. August 2022 seinen 80. Geburtstag. Foto: picture-alliance