Dabei nutzten Vertreter der NADA, aus Sport, Wirtschaft und Politik unter den rund 100 Gästen im Gobelinsaal des Alten Rathauses in Bonn die Gelegenheit zu einem Appell an die Bundesländer und die Wirtschaft, ihrer Verantwortung nachzukommen und mehr zur finanziellen Basis der Agentur beizutragen. "Die NADA muss Planungssicherheit haben. Sie hat es verdient, wir tragen eine große Verantwortung für den Sport und für die Jugend, die ihn betreiben will", sagte die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann. "Wir stoppen Doping - stoppen Sie mit!"
Es müsste in Deutschland möglich sein, die Finanzierung sicherzustellen, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende der NADA, Prof. Hans Georg Näder, und forderte die Stakeholder, insbesondere die Bundesländer, auf, ihre Verpflichtung einzuhalten. Denn, so Näder: "Wie sollen wir arbeiten, wenn wir quasi als Gummiboot und mit wenig Luft über die Weltmeere fahren?"
Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Mitglied des NADA-Aufsichtsrates, verteidigte das Modell der Interessengruppe mit den Gründungsmitgliedern aus Politik, Sport und Wirtschaft. Er sei fest überzeugt, dass dieses Stakeholder-Modell nicht gescheitert sei, sondern Bestand haben könne und werde, sagte er. "Jedenfalls dann, wenn alle sich ihrer übernommenen Verantwortung stellen."
Dieses Modell sichere der NADA auch die größtmögliche Unabhängigkeit, betonte Vesper. Zwar meinten manche, sagte er, wirklich unabhängig könne nur der sein, der dem Sport so fern wie möglich stünde. "Das ist ganz offensichtlich Unsinn", so Vesper. "Denn Unabhängigkeit darf nicht gleichgesetzt werden mit Unkenntnis." Nur wer die Sportstrukturen, wer die Mechanismen der Dopingpraktiken kenne, könne sie wirksam bekämpfen. "Ahnungslosigkeit führt zwar zu größtmöglicher Unabhängigkeit, leider aber auch zu geringstmöglicher Effektivtät", sagte er.
Manfred von Richthofen, Ehrenpräsident des DOSB und als damaliger Präsident des Deutschen Sportbundes Mitbegründer der NADA, erinnerte an die Vorgeschichte und Umstände der Gründung der Stiftung. Gemeinsam mit dem damaligen Bundesinnenminister Otto Schily sei man zu der Überzeugung gekommen, dass die Arbeit, bis dahin in Verantwortung der Anti-Doping-Kommission des DSB, künftig unabhängig geleistet werden müsse.
Richthofen nannte die NADA "eine unverzichtbare Einrichtung" und warnte vor der wachsenden Kommerzialisierung als einem der "größten Hemmnisse des Anti-Doping-Kampfes". Richthofen: "Die Gier war und ist größer, als die Angst, erwischt zu werden. Der Fall Armstrong bietet uns eine Chance zur Einsicht."
Entscheidend für die Zukunft der NADA, ergänzte er, "ist und bleibt die Finanzierung auch aus Bundesmitteln. Ohne den Bund gäbe es keine NADA mehr." Aber er appelliere "genau so deutlich auch an den Vorstand und Aufsichtsrat, Gespräche mit der Wirtschaft zu intensivieren". Und für die Zurückhaltung einiger Bundesländer habe er überhaupt kein Verständnis, sagte Richthofen. "Jedes Bundesland muss ein elementares Interesse an der Gesundheit auch seiner Spitzenathleten haben."
Gerhard Böhm, Abteilungsleiter Sport im Bundesinnenministerium, erinnerte an die Bedeutung der Prävention. "Auch hier könnten sich die Länder wesentlich besser engagieren als bisher. Vor allem aber in der Finanzierung", sagte er. Vom gemeinsamen Verständnis der Gründerzeit sei im Laufe der Zeit leider nicht mehr viel übrig geblieben. "Die Länder haben sich weitestgehend zurückgezogen", sagte Böhm. "Für mich ist das wahrlich kein Zeichen für gemeinsames Einstehen für einen sauberen Sport. Ich finde dieses Länderverhalten beschämend."
Die NADA stehe vor großen Herausforderungen, ergänzte Michael Vesper. "Sie muss Schritt halten mit den immer verfeinerten Methoden der Betrüger und braucht dafür jede Unterstützung, gerade auch in der Öffentlichkeit.
So sei etwa das Problem des Datenschutzes zu lösen: Wer die „Whereabouts“ für Spitzensportler in Frage stelle, gefährde damit die Grundlage des Dopingkontrollsystems, "nämlich die Möglichkeit, jederzeit unangekündigt kontrollieren zu können", sagte der DOSB-Generaldirektor. "Das ist konstitutiv für die Arbeit der NADA. Natürlich greift in die Persönlichkeitsrechte der Sportler ein, aber sie sind bereit dazu, um einen fairen, sauberen Wettbewerb zu gewährleisten."
Die verschärfte Anti-Doping-Gesetzgebung von 2007 habe im Sinne des Anti-Doping-Kampfes gewirkt, sagte Vesper. Das beweise der von der Bundesregierung mit Hilfe eines unabhängigen Gutachters erstellte Evaluierungsbericht. "Wo Nachbesserungen erforderlich sind, beispielsweise bei der Optimierung der Zusammenarbeit zwischen den Staatsanwaltschaften und der NADA, müssen sie jetzt in Angriff genommen werden." Aber das System der Arbeitsteilung zwischen Sport und Staat, bei dem der Sport den dopenden Sportler schnell und umfassend durch eine in der Regel zweijährige, künftig möglicherweise vierjährige Sperre bestrafe und der Staat die Hintermänner verfolge, um das Doping-Umfeld auszutrocknen, "hat sich bewährt", so Vesper. "Daran wollen wir – und müssen wir – im Interesse eines effektiven Anti-Doping-Kampfes festhalten."
Quelle: DOSB