ARD und ZDF beenden Tour-Berichterstattung, Sat 1 steigt ein

Nach Bekanntgabe einer positiven A-Probe des Radprofis Sinkewitz, bei dem während einer Trainingskontrolle ein erhöhter Testosteronwert festgestellt wurde, teilten ARD und ZDF mit, die Live-Berichterstattung der Tour de France zu beenden.

ARD und ZDF steigen aus der Übertragung der Tour aus -  SAT1 übernimmt.
ARD und ZDF steigen aus der Übertragung der Tour aus - SAT1 übernimmt.

Nur wenige Stunden später erwarb Pro-Sieben-Sat 1 die Rechte und stieg unverzüglich in die Live-Berichterstattung ein. Ein Vorgang, der in Kreisen von Politik, Sport und Medien heftig diskutiert wird, zumal Sat 1 derzeit keine eigene Sportredaktion mehr unterhält.

DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper hält die Entscheidung der beiden Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten aus deren besonderen Sicht heraus für nachvollziehbar, "und zwar deshalb, weil den deutschen TV-Anstalten versprochen worden war, dass saubere Teams an den Start gehen". Dies sei nun widerlegt, weil ein Fahrer eine positive A-Probe aufweist. Es zeige aber auch, dass die vom DOSB geforderten intelligenten Kontrollen funktionieren. Und man müsse – so Vesper weiter - auch sehen, dass T-Mobile in den vergangenen Monaten viel im Kampf gegen Doping getan hat. Vesper deutet aber auch auf die andere Seite der Medaille: "Eine Berichterstattung muss aufklären. Das kann durch einen dunklen Bildschirm nicht erfolgen. Wir gehen davon aus, dass Fernsehübertragungen diesen Aspekten Rechnung tragen."

Jens Voigt, Interessenvertreter der Radprofis, hat den ARD- und ZDF-Rückzug von der Tour de France scharf kritisiert ("Wir Gebührenzahler sind ja schließlich die Arbeitgeber des Fernsehens"). Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) bezeichnete die Entscheidung der Sender als einen schweren Rückschlag. Der Boykott gehe auf das Fehlverhalten eines einzelnen Fahrer zurück und habe mit der Frankreich-Rundfahrt nichts zu tun, sagte BDR-Vizepräsident Harald Pfab. Der Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Dr. Peter Danckert (SPD) findet den Rückzug dagegen richtig und konsequent. Damit werde eine Bewegung in Gang gebracht, die sich auch international auswirken werde, sagte Danckert im Deutschlandfunk.

Harsche Kritik übten die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien an der Entscheidung von Sat 1, in die Live-Berichterstattung der Tour einzusteigen. Lediglich die FDP begrüßte unter bestimmten Bedingungen die Wiederaufnahme der Übertragungen durch einen deutschen Fernsehsender. Klaus Riegert (CDU) bezeichnete den Entschluss von Sat 1 als "unsolidarisch" und sprach die Befürchtung aus, dass ein privater Sender nicht ganz so kritisch über das Doping-Problem berichten werde. Die Entwicklung sei eine Katastrophe und das falsche Signal, sagte die SPD-Sportpolitikerin Dagmar Freitag: "Wenn jetzt ein Sender nahtlos in die Lücke springt, ist das ein Zeichen, dass er Doping toleriert." Für "einen Skandal" hält Winfried Hermann von den Grünen die Entscheidung von Sat und mahnt "ethische Maßstäbe" an, und für die Linksfraktion kommentiert Katrin Kunert den Sat 1-Coup kritisch: "Hier geht es nur ums Geld." Der FDP-Politiker Detlef Paar äußerte sich distanzierter: "Ich halte nichts von einem Totalboykott. Damit schaden wir denjenigen, die für einen Neuanfang stehen."

 


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