Athletenkommission nimmt Stellung zur Spitzensportreform

Die DOSB-Athletenkommission nimmt Stellung zur Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Athletenkommisson: Karina Winter (Bogenschießen), Daniel Hermann (Eistanz), Felix Rijhnen (Speedskating & Eisschnelllauf), Manuela Schmermund (Sportschießen), Silke Kassner (Kanu), Christian Schreiber (Rudern), Maximilian Hartung (Fechten) (v.l.); Foto: DOSB/Ronald Bonss
Die Vertreterinnen und Vertreter der Athletenkommisson: Karina Winter (Bogenschießen), Daniel Hermann (Eistanz), Felix Rijhnen (Speedskating & Eisschnelllauf), Manuela Schmermund (Sportschießen), Silke Kassner (Kanu), Christian Schreiber (Rudern), Maximilian Hartung (Fechten) (v.l.); Foto: DOSB/Ronald Bonss

Die Stellungnahme im Wortlaut:

Die Athletenvertreter, Mitglieder der Athletenkommission, waren am Beratungsprozess für eine Neuausrichtung der Leistungssportförderung beteiligt. Stellvertretend für die Athletinnen und Athleten der Spitzenverbände haben sie diese Aufgabe mit besten Wissen und Gewissen und mit den vorhandenen organisatorischen und zeitlichen Ressourcen wahrgenommen. Das Ziel der Reform, die Leistungssportstrukturen zu verbessern halten wir für wichtig und richtig.

Bei dem ehrenamtlich organisierten Open Forum der Athletenvertreter und Athleten 2015 wurde der Grundstein in themenspezifischen Workshops für eine Athletenposition zur Reform gelegt und dem DOSB präsentiert.

Die Ergebnisse der WorkshopsOpens external link in new window zum Herunterladen.

Ausgehend von den Ergebnissen der Vollversammlung 2015 und 2016 hat die Athletenkommission die Forderung der Athletinnen und Athleten an die Leistungssportreform formuliert:

Die Vision:

Der „Beruf des Spitzensportlers“ muss in der Gesellschaft verankert werden. Spitzensportler sind mündige Athleten, die ohne Nachteile fürchten zu müssen, bereit sind, für Deutschland das "Risiko" Spitzensport einzugehen, um sportliche Erfolge zu erzielen.

Die Ziele der Athleten:

  • Wir wollen erfolgreich sein
  • Wir wollen ohne Existenzängste Leistungssport betreiben
  • Wir wollen uns im fairen und sauberen Wettkampf messen
  • Wir wollen unter professionellen Bedingungen trainieren können
  • Wir wollen bei den Entscheidungen, die uns betreffen, mitreden

Für den Athleten muss eine Verbesserung der Rahmenbedingungen unter denen er Leistungssport betreibt erkennbar und spürbar werden.  Dies sichert seine volle Konzentration auf die sportliche Vorbereitung zu gewährleisten. Dafür sind professionelle Verbandsstrukturen und gut organisierte und ausgestattete Stützpunkte notwendig. Hoch qualifizierte Trainer sollten auf Augenhöhe mit den Athleten partnerschaftlich zusammenarbeiten und individuell und flexibel abgestimmtes Training für die Spitzenathleten anbieten können. Wenn das Sportsystem professionalisiert werden soll, braucht es auch professionelle Athleten.

Ein "Leistungssport-Angebot" für den Athleten:

Leistungssport beruht auf intrinsischer Motivation. Deswegen sollte im Umgang mit Athleten Freiwilligkeit und nicht Zwang zur Maxime gemacht werden. Den Athleten muss ein gutes Angebot gemacht werden, auf das sie sich guten Gewissens einlassen können. Das soziale Umfeld und das Wohlbefinden des Athleten sind entscheidend für sportlichen Erfolg. Wenn einzelne Athleten außerhalb des Systems erfolgreich sein können, sollte ihnen diese Freiheit nicht genommen werden. Entscheidend für ein gutes Angebot ist, neben den sportlichen Rahmenbedingungen und der Möglichkeit einer dualen Karriere, das Einkommen.

Einführung eines Spitzensportgeldes:

Um international konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Athleten in Deutschland ohne Existenzängste trainieren können. Eine bedarfsgerechte, sozial sichere und nachhaltige finanzielle Unterstützung aller Athleten fördert erfolgreiche individuelle Leistung im Spitzensport. Daher fordern die Athleten die Einführung eines Spitzensportgeldes. Von den für den Leistungssport eingesetzten Mitteln sollte auch ein Teil bei den Athleten direkt ankommen, um deren Lebensunterhalt zu sichern. 

Rechts- & Lebensverhältnis der Athleten im Zusammenspiel mit den Verbänden:

Die Sportverbände sind durch das Ein-Verbands-Prinzip Monopolanbieter ihrer Sportarten. Ein Athlet kann nicht den Verband oder den Bundestrainer wechseln, wie ein Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft. Daher müssen die Athleten mehr noch als andere Arbeitnehmer vor willkürlicher Behandlung geschützt werden. Sein Status muss eindeutig im Sportsystem definiert werden. Der Athlet ist neben dem Trainer die personelle Hauptinvestition im Sport & der Leistungserbringer. Das Rechtsverhältnis zwischen Athlet und Verband muss auf einer rechtlich professionellen, kollegialen & freundschaftlichen Basis stehen.

Daher müssen folgende Voraussetzung geschaffen werden:

Eine professionelle Sichtweise auf den Status „Spitzensportler“ – die rechtliche & finanzielle Ausstattung des Sportlers muss dem Lebensstandard in Deutschland entsprechen, zu der gehören:

  • Die Entwicklung und Unterzeichnung eines Athletenvertrages für Perspektiv- & Olympiakader in dem alle Rechte und Pflichten definiert sind
  • Verbindliche Nominierungsgespräche und schriftliche Mitteilung über Nominierung sowie Begründung bei Nicht-Nominierung mit angemessener Vorlaufzeit

Athletenvertretung der Zukunft als Berater auf Augenhöhe im Spitzensport:

Eine professionelle und unabhängige Athletenvertretung soll den Sportlerinnen und Sportlern den Rücken stärken und bei Verhandlungen, in Notlagen und Rechtsfragen beistehen können. Mit professioneller Unterstützung und Vernetzung untereinander können die Athletenvertreter ihre Verbände und die Athletenkommission die für den Leistungssport zuständigen Gremien und Aufgaben in Athletenfragen besser beraten und nachhaltig die Situation der für Deutschland startenden Athleten und damit die Gesamtleistung der Nationalmannschaften optimieren:

  • Ein gewählter Vertreter der Athleten im Präsidium jedes Spitzensportverbandes
  • Einbindung der Athletenvertreter der jeweiligen Sportarten & Disziplinen in die Strukturgespräche sowie in die für sie relevanten Themen im Spitzensport (Qualifikationskriterien, Nominierungsfragen für Kader und Höhepunkte, Duale Karriereentwicklung, Anti-Doping, Recht)
  • Institutionelle Verzahnung der Athletenkommission mit der neuen PotAS-Kommission

Die Athletenkommission wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, damit der angestoßene Reformprozess zu verbesserten Rahmenbedingungen für den Athleten führt.

(Quelle: DOSB Athletenkommission)


  • Die Vertreterinnen und Vertreter der Athletenkommisson: Karina Winter (Bogenschießen), Daniel Hermann (Eistanz), Felix Rijhnen (Speedskating & Eisschnelllauf), Manuela Schmermund (Sportschießen), Silke Kassner (Kanu), Christian Schreiber (Rudern), Maximilian Hartung (Fechten) (v.l.); Foto: DOSB/Ronald Bonss
    Die Vertreterinnen und Vertreter der Athletenkommisson: Karina Winter (Bogenschießen), Daniel Hermann (Eistanz), Felix Rijhnen (Speedskating & Eisschnelllauf), Manuela Schmermund (Sportschießen), Silke Kassner (Kanu), Christian Schreiber (Rudern), Maximilian Hartung (Fechten) (v.l.); Foto: DOSB/Ronald Bonss