Auf vielen Gebieten die Tür zur Zukunft geöffnet

 

Die Bundeskonferenz Breitensport des Deutschen Sportbundes (DSB), die in Karlsruhe ihre siebente Auflage erlebte, hat sich in wenigen Jahren zu

einem nicht mehr wegzudenkenden Diskussionsforum entwickelt, bei dem Meilensteine für die Sportentwicklung gesetzt werden. DSB-Präsident Manfred von Richthofen sprach in Karlsruhe vor rund 130 Experten aus 16 Landessportbünden, 34 Spitzenverbänden, sieben Verbänden mit besonderer Aufgabenstellung und einem Verband für Wissenschaft und Bildung von "einer Werkstatt des Breitensports, bei der man das Ohr an den Motor des Sports insgesamt legen und erfahren kann, welche Schubkräfte uns in die Zukunft bewegen".

In der Tat wurde bei der zweitägigen Konferenz, die unter dem Thema "Sport und Wirtschaft" stand, auf vielen Gebieten die Tür zur Zukunft weit geöffnet. Namhafte Referenten stellten die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Sport heraus, und mit der Präsentation der neuen Gesellschaftskampagne "Sport tut Deutschland gut" wurde die erfolgreiche Trimm-Ära endgültig ad Acta gelegt und die Kompetenz des Sports als Mittler sozialer Stabilität als eine der wichtigsten Ressourcen für unser Land herausgestellt. Beim diesjährigen DSB-Hauptausschuss am 1. Dezember in Frankfurt am Main soll die neue Gesellschaftskampagne offiziell den DSB-Mitgliedsorganisationen präsentiert werden.

DSB-Präsident Manfred von Richthofen und der für den Breitensport verantwortliche Vizepräsident, Prof. Dr. Peter Kapustin, waren sich in Karlsruhe einig, dass der Sport zwar nicht alle Konflikte dieser Welt lösen kann, dass seine Rolle aber auch keineswegs unterschätzt werden darf. Kapustin erinnerte an die Integrationsarbeit mit Ausländern und Aussiedlern und auch daran, dass der internationale Sport Länder zueinandergeführt habe, deren Menschen sich über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte sprachlos gegenüberstanden.

Der Präsident des Badischen Sportbundes Nord und Vizepräsident des Landessportbundes Baden-Württemberg, Heinz Janalik, stellte dann in seinem Grußwort die Frage: "Wie kann der Breitensport mit der Macht der Wirtschaft umgehen?", und die Antworten der Experten ließen nicht lange auf sich warten. DSB-Präsident Manfred von Richthofen bezeichnete den Breitensport als ein "wirtschaftliches Großgewicht, der unter den zehn größten Wirtschaftsbereichen unseres Landes zu finden ist". Prof. Dr. Bernd Meyer (Universität Osnabrück) sprach von 540.600 beschäftigten Arbeitnehmern in den Sportbranchen, eine Zahl, die mit der der Mitarbeiter im Kreditwesen vergleichbar sei. Meyer bezeichnete den Sport mit einer jährlichen Wirtschaftskraft von 53 Milliarden Mark als eine krisenfeste Branche. Entsprechend selbstbewusst solle er sich auch positionieren.

Prof. Dr. Eike Emrich von der Universität Frankfurt bezog sich auf die Finanz- und Strukturanalyse des Deutschen Sportbundes von 1996 und bezeichnete den Sportverein als eines der letzten Bollwerke gegen die totale Ökonomisierung: "Die Passiven finanzieren die Aktiven, die Er-wachsenen die Jugendlichen und die Breitensportler die Leistungssportler. Das ist ein Umverteilungssystem, das funktioniert, weil jeder die Chance zur Mitbestimmung hat." Emrich hat festgestellt, dass die Vereine mit kleinen Haushalten handeln wie Familien, deren Einnahmen und Ausgaben stetig und damit planbar sind, während sich die Großvereine dienstleistungsorientiert Kundentrends unterwerfen. Emrichs Tipp an die Vereine: "So viel wie möglich mit echter Ehrenamtlichkeit machen, denn da braucht man kein Diplom. Es genügt die Absichtserklärung ‘Ich will etwas machen‘, und jeder ist willkommen."

Überwiegend positiv aufgenommen wurde auch die von Stephan Schröder von der Sport + Markt AG in Köln erläuterte zweite Veltins-Sportstudie, der zu Folge beispielsweise Sportlerinnen und Sportler nach Training und Wettkampf jährlich 13,6 Milliarden Mark in der Gastronomie lassen. In dem von Dr. Gerhard Trosien (Fachhochschule Heidel-berg) geleiteten Arbeitskreis "Der Vereinssportler als Wirtschaftsfaktor" wurde der Wunsch nach einer dritten Veltins-Sportstudie laut, in der auch Fragen zur derzeitigen Beitragsstruktur in den Vereinen und zu Erwartungen der Mitglieder an den Verein gestellt werden sollen.

Großes Interesse fanden in Karlsruhe auch die Vorstellung der Sportpolitischen Konzeption "Familie und Sport" durch das Mitglied des Bundesvorstandes Breitensport, Dr. Gerlinde Radde, sowie die Präsentation des InfoNet Sport/Breitensport durch den Geschäftsführer des Bereiches Breitensport im DSB, Wolfgang Baumann, und den Medienexperten Michael Oberdieck.

Das Fazit des ehrenamtlichen Breitensport-Chefs Prof. Dr. Peter Kapustin: "Um den Veränderungsprozessen künftig erfolgreich begegnen zu können, muss sich der Breitensport auch weiterhin für neue Fragestellungen und Angebote öffnen, ohne dabei aber seine Identität und seinen Zusammenhalt zu verlieren. Deshalb ist für mich die zu sichernde Einheit, auch im Breitensport, dringend notwenig, um Synergien und Einheitlichkeit sicherzustellen. Nur auf der Basis dieser Einheit und der damit einhergehenden Solidarität untereinander sind wir in der Lage, unter wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Aspekten glaubwürdig und überzeugend aufzutreten."