Aufbau von Wissenscommunities im Sport

Die Komplexität der Aufgaben und Strukturen im organisierten Sport nimmt zu und ist im stetigen Wandel.

Netzwerke knüpfen und Communities aufbauen verbessert den Bildungserfolg. Foto: DOSB
Netzwerke knüpfen und Communities aufbauen verbessert den Bildungserfolg. Foto: DOSB

Um den vielschichtigen und komplexen Anforderungen gerecht zu werden, wird Wissen und der Austausch darüber zur zentralen Ressource, ganz unabhängig von der Größe der Organisation.  Das zeigt sich zum einen im großen Verbandskontext, zum anderen aber auch im kleinen (Vereins-) Kontext. Es bedarf eines bewussten und systematischen Umgangs mit der Ressource Wissen sowie eines zielgerichteten Einsatzes von Wissen, also ein Wissensmanagement.  

Einige Organisationen und Sportverbände haben sich bereits auf den Weg gemacht, eine Wissenscommunity für und mit ihren Zielgruppen aufzubauen, in der der Austausch von Wissen und das Von- und Miteinanderlernen im Vordergrund stehen. Damit dies gelingen kann, braucht es eine motivierende Umgebung, die leicht zugänglich ist und einen offenen und zielgerichteten Austausch in verschiedene Richtungen ermöglicht.  

Sehr gute Erfahrungen wurden mit digitalen Austauschplattformen gemacht, die orts- und zeitunabhängigen Austausch ermöglichen. Eine solche Plattform stellt das „DOSB-Wissensnetz“ dar. Das DOSB-Wissensnetz wurde bereits zwischen 2012 und 2015 entwickelt, um den Austausch und Transfer von Wissen unter den Bildungsverantwortlichen der Sportverbände zu ermöglichen. Inzwischen ist daraus eine lernende Wissenscommunity entstanden, in der sich über 2500 Personen in über 180 Gruppen regelmäßig austauschen. Über 20.000 Beiträge und Kommentare wurden im DOSB-Wissensnetz bisher gepostet und über 26 Mio. Seiten aufgerufen.  

Es geht beim Wissensmanagement aber nicht allein um die Erstellung von technischen Plattformen und Portalen, sondern vielmehr um die didaktische Herausforderung, wie Informationen und Wissen geteilt, angeeignet und zu Handlungswissen transformiert werden können. Wissensmanagement ist demnach als Lernprozess zu verstehen, der sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene wirken kann. Hierbei können ähnliche Probleme zusammengeführt, gute Lösungen verbunden oder Interessen an bestimmten Inhalten vernetzt werden. 

Auch im Projekt TrainerInSportdeutschland ist es ein zentrales Ziel, ein Wissensmanagement im Themenfeld Trainer*innen in den Sportorganisationen und auch für Trainer*innen selbst aufzubauen und zu etablieren. Durch Letzteres soll zum einen neues Wissen in die Trainingspraxis überführt und vorhandenes (Erfahrungs-)Wissen erhalten, verfügbar gemacht und weitergegeben werden. Der DOSB unterstützt die Mitgliedsorganisationen dabei, den Austausch und das Wissensmanagement mit ihren Trainer*innen zu verbessern, indem er zum einen hinsichtlich der didaktischen Fragestellungen im Wissensmanagement berät (siehe z.B. Trainer*in-Projekt des Landesschwimmverbandes Niedersachsen) und zum anderen das DOSB-Wissensnetz als Plattform in seiner Basisversion für Pilotverbände als eigenes Verbandswissensnetz zur Verfügung stellt. Dieses Angebot wird aktuell von drei Verbänden (Allgemeiner Deutscher Hochschulsportverband adh, LSB Niedersachsen, Deutsche Reiterliche Vereinigung FN) genutzt und mit unterschiedlichen Zielgruppen erprobt:  

Der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband (adh) möchte mit dem Wissensnetz eine zukunftsweisende und mehrwertstiftende Plattform etablieren, von der aus Impulse zur Weiterentwicklung des Hochschulsports gegeben werden und die eine wesentliche Unterstützung für die adh-Mitgliedshochschulen darstellt. 

„Im Vordergrund des adh-Wissensnetzes steht, Aktivierung und Beteiligung zu ermöglichen. So wollen wir das Wissensnetz als eine zukunftsfähige Kommunikations- und Austauschplattform für den Hochschulsport in Deutschland etablieren.“ Benjamin Schenk, Jugend- und Bildungsreferent beim adh 

Der LSB Niedersachsen baut eine Community für Übungsleiter*innen und Trainer*innen sowie für Vereinsführungskräfte auf, um dort die große Vision der Bildung als „lebenslange Begleitung“ umzusetzen. Dadurch möchte der LSB näher an seine Zielgruppen heranrücken, mit ihnen in den Dialog treten und zum „Peer-Learning“ anregen. Das Wissensnetz des LSB Niedersachsen soll zu einem Ort der organisationsübergreifenden Kollaboration werden, in dem Zusammenarbeit in Arbeits- und Themengruppen stattfindet, um an gemeinsamen Lösungen zu arbeiten. 

„Das Wissensnetz des LSB Niedersachsen gibt uns die Möglichkeit, einen zentralen Anlaufpunkt für alle Trainer*innen und Übungsleiter*innen zu bieten, von dem aus sie ihren Lernprozess organisieren können." Marco Lutz, Abteilungsleitung Bildung beim LSB Niedersachsen 

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) ist Pilotpartner im Projekt TrainerInSportdeutschland. Sie verfolgt mit dem FN-Ausbildernetz das Ziel, den Austausch mit ihren Trainer*innen und Ausbilder*innen zu intensivieren und das Netzwerken unter den Trainer*innen sowie zwischen den Trainer*innen und den Landesfachverbänden zu stärken. Übergeordnet zahlt die FN dadurch auch auf die Qualitätssicherung bzw. -steigerung der Trainer*innen-Tätigkeit ein, da sie mit dem Ausbildernetz eine weitere Möglichkeit zum lebenslangen Lernen geschaffen hat. Das FN-Ausbildernetz hat Modellcharakter und erprobt, ob und wie das Wissensnetz für den Austausch und das Wissensmanagement unter Trainer*innen genutzt werden kann. Alle Verbände, die sich zukünftig ebenfalls auf diesen Weg machen wollen, können von den hier gemachten Erfahrungen profitieren. 

„Das FN-Ausbildernetz ist eine tolle Möglichkeit für Trainer, Ausbilder und Berufsreiter, sich exklusiv fachlich auszutauschen, sich untereinander zu coachen und Feedback von Kollegen zur Ausbildung einzuholen.“ Eva Lempa-Röller, Ausbildungsreferentin bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) 

Alle drei Verbände nutzen dabei die unterschiedlichen Funktionen des Wissensnetzes und erproben aktuell, welche didaktischen Rahmenbedingungen und technische Werkzeuge es braucht, um den Wissenstransfer in alle Richtungen zu ermöglichen. Von Vorteil ist dabei die schnelle und einfache Kommunikation über das Wissensnetz. Jede*r Nutzer*in hat dort die Möglichkeit, eigene Beiträge zu schreiben oder die Beiträge anderer zu lesen und zu kommentieren. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, sich in (geschlossenen) Gruppen zielgruppen- und themenspezifisch auszutauschen. Wenn beispielsweise eine Trainerin eine konkrete Fragestellung aus ihrer Trainingspraxis hat, kann sie diese dort direkt platzieren und die „Schwarmintelligenz“ der anderen Trainer*innen nutzen. Oder aktuell in Zeiten des Restarts in den Vereinssport können dort gute Praxisbeispiele, wie der Wiedereinstieg gelingen kann, für alle sichtbar gemacht werden. Das Wissensnetz fördert und fordert somit nicht nur den Austausch und die Vernetzung unter den Mitgliedern der Community, sondern trägt auch dazu bei, Wissens-Silos aufzubrechen und Effizienzpotenziale für alle zu heben, denn nur so können Innovationen und Entwicklungen (verbandsübergreifend) intensiviert werden. Dies ist zunächst im Rahmen der eigenen Community möglich. Langfristig ist es aber auch geplant, die verschiedenen Wissensnetze über Schnittstellen mit dem DOSB-Wissensnetz und auch untereinander zu verbinden und so das Netzwerk und die Kollaboration zwischen den Verbänden noch weiter zu entwickeln.  

Zudem können durch die gemeinsame Nutzung des Wissensnetzes weitere Synergie-Effekte entstehen. Da das Wissensnetz auf einer Open-Source-Basis entwickelt wurde, können technische Weiterentwicklungen gemeinsam im Sinne einer Entwicklungsgemeinschaft angegangen werden und Ressourcen und Kräfte gebündelt werden. 

Fazit/Abschluss: Von der Wissensplattform- zur Wissens-Community 

Hinter dem Wissensnetz verbirgt sich mehr als eine rein technische Plattform. Es schafft Rahmenbedingungen für einen kontinuierlichen Austausch und Wissenstransfer und bietet die Möglichkeit, Menschen zusammenzubringen und Gemeinschaften aufzubauen. Gemeinschaften, in denen eine offene Kommunikation herrscht, sich alle trauen, ihre Fragen zu stellen und Erfahrungen zu teilen. Eine solch funktionierende Community ist die Basis für ein gelingendes Wissensmanagement. Und das wiederum kann maßgeblich dazu beitragen, die komplexen Zukunftsanforderungen gemeinsam zu meistern. Denn Wissens- und Community-Management sind Themen, die die Zukunftsfähigkeit des organisierten Sports beeinflussen und die Rollen in den Sportorganisationen nachhaltig verändern werden.  

Verweise:  

https://www.adh.de/fileadmin/user_upload/adh.de/pdf/medien/Magazin/magazin3-2020-web.pdf  

https://www.pferd-aktuell.de/news/aktuelle-meldungen/ausbildung-und-wissenschaft/ausbildernetz-bietet-interaktiven-austausch-fuer-trainer  

(Quelle: DOSB /  Wiebke Fabinski / Eva Zehnder)


  • Netzwerke knüpfen und Communities aufbauen verbessert den Bildungserfolg. Foto: DOSB
    Netzwerke knüpfen und Communities aufbauen verbessert den Bildungserfolg. Foto: DOSB